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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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Bewegungen, die eher der Erschöpfung geschuldet schienen als Erfahrung.
    „Jede Maschine kann zwei Paar Strümpfe in neun Minuten produzieren“, schrie Charingford. „Und die Männer müssen nur die fertigen Stücke von den Maschenhaken am Ende abnehmen und den Zylinder zurücksetzen, der die Form des Strumpfes vorgibt. Sehen Sie sich die Leute an. Sie müssen nicht einmal Entscheidungen bei ihrer täglichen Arbeit treffen. Wie können wir ihnen vertrauen, über die Zukunft unseres Landes zu entscheiden? Zu begreifen, wie die Wirtschaft funktioniert?“
    Robert legte den Kopf schief, lauschte dem Lärm der Maschinen. „Sie singen“, stellte er fest. „Was singen sie?“
    Mr. Charingford hielt inne, legte sich eine Hand ans Ohr und lauschte ebenfalls. „Sie freuen sich, bei der Arbeit zu sein, Euer Gnaden. Sie singen einen Lobpreis – Ehre sei Gott.“
    Robert war ein Mann, der von oben in eine Fabrikhalle blickte. Er musste nur zuschauen, während die Arbeiter unten wendeten, wickelten und schnitten.
    Du kannst dich glücklich schätzen , hörte er Minnie im Geiste sagen, dass du furchtlos an die Zukunft denken kannst. Er glaubte nicht, dass er sich vorstellen konnte, was es hieß, dort unten zu stehen und in diesem unerbittlichen Krach Tag für Tag zu schuften. Aber er wusste, es war nicht so einfach wie Dankbarkeit und Loblieder.
    In der kurzen Zeit seiner Ehe war er nie weiter von Minnie entfernt gewesen, als er es jetzt war. Er hatte sie angelogen, und morgen würde er sein Versprechen brechen und sie verletzen. Und dennoch konnte er ihre Stimme genau jetzt über den Lärm der Maschinen hinweg hören.
    „Ich will nicht so tun, als könnte ich verstehen, was es heißt, Arbeiter zu sein, Mr. Charingford, aber ich bin Fabrikbesitzer. Ich habe einige Industriebetriebe von meinem Großvater geerbt, und wenn ich mir Ihre Fabrik ansehe, kann ich keine Männer sehen, die mit Freude bei der Arbeit sind.“
    Eine Frau unten blickte zu ihnen hoch, während er das sagte. In ihren Augen stand kein Hass, keine Verachtung. Nur eine gewisse Weichheit lag um ihre Augen, ein stilles Sehnen.
    Vielleicht war sie einmal eine vornehme junge Dame gewesen, die nicht hatte heiraten können. Vielleicht hatte sie keine andere Wahl gehabt, als Arbeit anzunehmen, bis ihr Haar vor ihrer Zeit ergraute und ihre Haut zu Leder gegerbt wurde. Dennoch schaute sie hoch. Wie bei allen anderen bewegten sich ihre Lippen im Gesang.
    „Und?“, fragte Mr. Charingford. „Was sehen Sie stattdessen?“
    „Ich sehe Minnie.“ Seine Stimme stockte. „Ich sehe, was aus ihr in vielleicht zehn Jahren geworden wäre, wenn die Gesundheit ihrer Tanten nachgelassen hätte.“
    Mr. Charingford atmete zischend ein.
    „Ich sehe Ihre Tochter, falls der Markt für Strumpfwaren einbricht.“
    „Nicht Lydia“, sagte Charingford erschreckt. „Sicher nicht …“ Aber er sprach nicht weiter.
    „Ich sehe, was mein Bruder vielleicht geworden wäre, wenn nicht ein anderer Mann die Verantwortung übernommen hätte, ihn aufzuziehen. Ich sehe die Köchin aus meiner Kinderzeit, wenn ich ihr keine Pension für ihren Lebensabend ausgesetzt hätte. Der einzige Mensch, den ich mir nicht dort unten vorstellen kann, bin ich selbst.“ Er fuhr mit den Händen über das Geländer des Metallganges. „Ich bin nie dort gewesen, und werde nie dort sein. Das Einzige, was ich jetzt verstehe, ist, dass ich nicht verstehen kann, was es heißt, in einer Fabrik zu stehen und hochzuschauen und dabei zu singen.“
    Mr. Charingford legte den Kopf schräg und sah ihn an, hörte ihm jetzt endlich zu.
    „Ich habe eine Menge Fehler. Ich stürze mich auf etwas, wenn ich besser vorsichtig vorgehen sollte. Ich rede, wenn ich zuhören sollte. Aber wenn ich sie singen höre, höre ich nicht nur eine Hymne. Sie singen zu Gott, weil sie auf Erden niemanden gefunden haben, der sie anhört.“
    Charingford sprach vorsichtig. „Stevens sagt, wenn wir sie einmal anhören, stacheln wir die Arbeiter nur zu noch mehr Unvernunft an.“
    „Haben Sie bislang feststellen können, dass Stevens vernünftiger wird, je mehr Sie seinen Forderungen nachgeben?“
    Charingford schaute weg.
    „Wie viel hat er von Ihnen verlangt, Charingford? Sie sind Friedensrichter. Hat er Ihnen gesagt, er werde Ihnen nicht helfen, wenn Sie nicht tun, was er verlangt? Hat er Geld verlangt? Oder hat er einfach verlangt, dass Sie ihm die Hand Ihrer schönen Tochter als Belohnung für seine Mühen anbieten?“
    Charingfords

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