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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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ihre Geistesgegenwart und ihre Unerschrockenheit – das alles gefiel ihm sehr. Eines Nachts wachte er aus einem Traum auf, in dem sie wunderbar schamlos gewesen war.
    Aber nächtliche Phantasien wurden selten Wirklichkeit. Er bezweifelte, dass sie ihm irgendwelche Lust bereiten würde. In Wahrheit vermutete er viel eher, dass ihm ein Sperrfeuer aus dem Repertoire von Amateurdetektiven drohte. Schlechte Verkleidungen, ungeschickte Fragen, Versuche, seine Sachen zu durchsuchen in der Hoffnung, belastende Beweise zu finden … Miss Pursling gehörte zweifellos zu der Sorte heißblütiger junger Damen, die sich mit Hingabe an die Aufdeckung machen würden …
    Daher überraschte es ihn nicht wirklich, sie beim Dinner zu sehen. Sie hatte sich bereits gesetzt, als er eintraf, aber es würde gewiss nicht lange dauern, bis sie ihn ansprach. Er beobachtete sie aus dem Augenwinkel, bevor sie am Tisch Platz nahmen, rechnete damit, dass sie seine Unterhaltung belauschte.
    Doch sie beachtete ihn nicht weiter.
    Sie beachtete ihn sogar so wenig, dass er sich dabei ertappte, wie er sich ihr, ehe sie zum Essen in den Speisesalon gerufen wurden, unauffällig näherte, um zu hören, worüber sie mit drei anderen jungen Damen sprach. Er war sich sicher, dass sie über ihn redete.
    Das war jedoch nicht der Fall.
    Sie sprach aber eigentlich gar nicht. Und wenn doch, dann so leise, dass er sich anstrengen musste, ihre Worte zu verstehen.
    Er erinnerte sich an den sinnlichen Klang ihrer Stimme, ein kämpferisches Funkeln in ihrem Blick, das ihre Züge belebt hatte und sie hatte hübsch aussehen lassen. Jetzt jedoch war nichts davon zu sehen.
    Sie trug ein hochgeschlossenes Kleid aus steifem braunem Stoff, dessen einziger Schmuck eine militärisch anmutende Litze an den Ärmelmanschetten und dem Ausschnitt war. Ihre Brille musste sie irgendwo in der schlichten Tasche versteckt haben, die an ihrem Handgelenk hing. Sie hielt Abstand zu ihm, und sie sagte nichts Geistreiches. Sie sagte eigentlich kaum etwas.
    Er hätte sie Oliver fast als klugen Kopf beschrieben. Als sie zum Essen Platz nahmen, setzte sie sich auf den Stuhl neben seinem Bruder. Sie verwickelte Oliver in keine Unterhaltung. Sie blickte noch nicht einmal von ihrem Teller auf, höchstens nur ab und zu auf den mit Wasser verdünnten Wein in ihrem Glas. Einmal machte sie eine gemurmelte Bemerkung zu Oliver – aber da er ihr daraufhin den Salzstreuer reichte, vermutete Robert, dass es etwas völlig Unverfängliches war.
    Diese Frau hatte gedroht zu beweisen, dass er verantwortlich für die Flugblätter war? Unvorstellbar.
    Oliver stellte ihr im Verlauf der Mahlzeit ein paar Fragen. Als Antwort murmelte sie etwas Unverständliches in Richtung ihres Tellers. Nach und nach stellte sein Bruder alle Versuche, eine Unterhaltung zu beginnen, ein.
    Alle Spuren der Frau, die er neulich gesehen hatte, waren verschwunden, an ihrer Stelle war ein Schatten zurückgeblieben, zwar mit perfektem Betragen, aber ohne irgendetwas zu sagen. Sie hatte recht. Alle würden sich wirklich wundern, weshalb er das tat, wenn er mit ihr flirten würde. Er würde nicht einmal wissen, wie er das bewerkstelligen sollte. Man konnte schließlich nicht mit einem Steinklumpen flirten.
    Nachdem die Herren wieder zu den Damen stießen, tat er seine Pflicht – blieb bei allen Anwesenden stehen und wechselte ein paar Worte mit ihnen, erfuhr ihre Namen und erkundigte sich nach ihrem Befinden. Er hätte das ohnehin getan – was nützte es schon, Herzog zu sein, wenn man die eigene Stellung nicht nutzte, andere zum Lächeln zu bringen – aber dieses Mal hatte er einen zusätzlichen Anreiz dafür. Er schlenderte durch den Salon, bewegte sich unausweichlich auf sie zu. Sie saß auf einem Stuhl an der Wand, schaute den anderen Gästen zu. Falls sie irgendwen länger ansah, so konnte er das nicht erkennen.
    „Miss Pursling. Wie schön, Sie wiederzusehen.“
    Sie blickte hoch, aber nicht zu ihm. Stattdessen sah sie über seine Schulter. „Euer Gnaden“, sagte sie. Ihre Stimme war leise, aber so, wie er sich erinnerte, tief, leicht heiser und samtig. Wenigstens das hatte er sich nicht eingebildet.
    „Darf ich mich einen Moment zu Ihnen setzen?“
    Sie schaute ihn immer noch nicht an. Sie blickte auf den Teppich zu ihren Füßen und deutete dann mit einem Zucken ihrer Hand auf den Stuhl neben sich. Robert ließ sich darauf nieder und wartete, dass sie etwas sagte.
    Nachdem eine ganze Minute schweigend verstrichen war,

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