Der Herzog und seine geliebte Feindin
und deutete auf ihre Begleiterin. „Ich glaube nur nicht, dass es gehen wird, das ist alles, was ich sage.“
Ihre Begleiterin war Miss Pursling. Sie wirkte wie die personifizierte Nüchternheit, ihr honigbraunes Haar war streng aufgesteckt, und nur ein paar Löckchen im Nacken war gestattet worden, sich der strengen Ordnung ihrer Frisur zu widersetzen.
Die beiden Frauen waren ganz aufeinander konzentriert.
„Mrs. Finney“, sagte Miss Pursling gerade. „Ich habe mit jedem Apotheker und Chemiker der Stadt gesprochen. Sie sind meine letzte Hoffnung.“
Mrs. Finney wickelte sich aus ihrem Schal. „Aber die Genossenschaft verkauft Lebensmittel. Nichts von dem anderen Kram.“
„Aber in der Werbung …“
„Miss Pursling, ich mag Sie sehr gerne, aber wie soll ich das hier dem Vorstand vorschlagen?“
Miss Pursling blickte nach unten. „Sie haben keine Ahnung, wie sehr die anderen im Verein mich schelten werden, wenn ich unverrichteter Dinge wieder zurückkehre.“ Sie spielte kleinlaut wirklich überzeugend, mit gesenktem Kopf und vor sich verschränkten Händen. „Bitte.“
„Nun gut.“ Miss Finney legte ihren Schal auf den Tisch an der Tür. „Vielleicht, denke ich. Ich könnte etwas sagen.“
„Danke“, antwortete Miss Pursling. „Vielen Dank.“
Das war der Augenblick, in dem ihr Ehemann sich einschaltete. „Mrs. Finney“, rief er. „Wir haben einen Gast. Du wirst nie glauben, was er sagt.“
Die beiden Frauen wandten sich zu Mr. Finney um. Miss Purslings Blick fiel auf Robert. Ihre Augen wurden groß, und sie machte einen Schritt zurück.
„Er ist ein Gentleman aus London“, erklärte Mr. Finney. „Mr. Blaisdell, meine Ehefrau. Und Miss Pursling. Er ist Anwalt, glaube ich.“
Miss Pursling zuckte mit keiner Wimper. „Ein Anwalt“, wiederholte sie. „Wie seltsam, Mr. Blaisdell.“
„Nur ein Mittelsmann“, entgegnete Robert.
„Mr. Blaisdell hier sagt, dass es eine Stiftung gibt, die Pensionen für Leute vergibt, die sich für Gewerkschaften einsetzen und deswegen in Not geraten sind.“ Mr. Finney lachte.
Mrs. Finney runzelte die Stirn. „Und was wollen sie dann mit uns?“ Sie schaute sich um. „Wir sind nur zu zweit in diesem großen Zimmer, und wir haben dreimal die Woche Fleisch auf dem Tisch. Uns geht es nicht schlecht.“
Robert blinzelte, als er das hörte, und sah sich um, versuchte seine Umgebung mit ihren Augen zu sehen. Nicht schlecht?
„Sie haben mir eine Pension angeboten!“ Finney lachte. „Mir! Und dabei war der einzige Dienst, den ich Graydon Boots geleistet habe, dass alle die Arbeit niedergelegt haben, nachdem Jimmy am Gift gestorben ist.“
Robert blickte zur Seite. Eine der ersten kostensenkenden Maßnahmen des Aufsehers hatte darin bestanden, die ursprüngliche Stiefelwichse durch eine Mischung zu ersetzen, die billiger war – aber wesentlich gefährlicher für diejenigen, die täglich ihre Hände hineinsteckten. Geld konnte das nicht wiedergutmachen, aber er musste es wenigstens versuchen.
„Ja“, sagte Robert. „Und ich habe bereits erklärt, dass es nicht für Ihre Arbeit bei Graydon Boots ist, sondern für die Erfahrungen aus Ihrem Einsatz für eine Gewerkschaft.“
Finney schüttelte einfach nur traurig den Kopf. „Sie sind ein junger Spund. Sie verstehen das nicht. Ich habe meine Lektion gelernt, in Zukunft bei meinen Leisten zu bleiben. Keine Arbeitsniederlegungen mehr. Mit so etwas will ich nie wieder etwas zu tun haben. Besonders jetzt nicht. Ich habe gehört, der Duke of Clermont ist in der Stadt.“
„Das stimmt“, warf Miss Pursling ein.
Finney spuckte auf den Boden. „Es hat alles angefangen, als er die Fabrik übernommen hat.“ Seine mit Altersflecken übersäten Hände zitterten. „Mehr Stunden Arbeit für weniger Lohn. Dann kamen die Streikbrecher, die Verurteilungen. Er ist ein Biest, kein Mensch, und ich werde niemals …“
„Nathan Finney“, unterbrach ihn seine Frau, „das sind gefährliche Reden. Du bist mir einmal schon genommen worden. Hast du nicht gelernt zu denken, bevor du sprichst?“
„Nein, nein“, sagte Robert. „Meinetwegen müssen Sie Ihre Zunge nicht hüten. Ich bin ganz Ihrer Meinung.“
Miss Pursling machte zwei Schritte ins Zimmer. „Ach wirklich, Sir?“
Sie glaubte offensichtlich, er sei aus einer Laune heraus hier.
Er drehte sich zu ihr um. „Ich habe in den Akten nachgesehen, was Clermont getan hat“, erklärte er ihr leise. „Ist es so falsch, zu versuchen, es wieder in Ordnung
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