Der Herzog und seine geliebte Feindin
Mann vorne gerade Sebastians Geschichte durch.
„… Nach einem ausgezeichneten Start in Cambridge“, sagte der Herr, „machte sich Mr. Sebastian Malheur einen Namen, indem er …“
Ausgezeichneter Start? Ha. Er hatte nur mit Müh und Not den ersten Teil seiner Tripos-Prüfungen bestanden. Er hatte immer knapp davor gestanden, der Schule verwiesen zu werden, hatte einen Streich nach dem anderen ersonnen. Niemand war mehr von Sebastians plötzlichem Erfolg überrascht worden als die alten Männer, die ihm früher seine Prüfungen abgenommen hatten.
In mancher Hinsicht war Sebastians anschließender Erfolg – sowohl dessen Wesen als auch dessen Art und Weise – sein größter Streich. Und das wusste er. Er trat selbstsicher und mit einem Grinsen an das Rednerpult.
„Danke, danke Ihnen allen“, sagte er, „für Ihr sehr freundliches Willkommen.“ Das Zucken um seinen Mund war das Einzige, was verriet, er hatte zur Kenntnis genommen, dass die Hälfte der Anwesenden hier gekommen war, um ihn zu beschimpfen. „Ich stehe hier, um Ihnen von der Wissenschaft ererbter Merkmale zu berichten – etwas, was ich jahrelang studiert habe. Während meiner Studien bin ich zu mehreren Schlüssen gekommen. Erstens, dass bestimmte Eigenschaften – wie beispielsweise die Augenfarbe, die Größe oder auch die Anzahl der Blütenblätter bei einer Blume oder die Form einer Wurzel – nach strengen und unverletzlichen Regeln aus der Vorgängergeneration vererbt werden. Zweitens, dass die Vererbung von Merkmalen bei Tieren und Pflanzen, bei Gemüse und Bäumen, bei Katzen, Schafen und Ziegen nach festen und unveränderlichen Regeln abzulaufen scheint – und natürlich auch bei dem Menschen.“
Oh ja, er hatte seinen Spaß. Da war ein Funkeln in seinen Augen, während er sprach, ein schwaches Lächeln, das sich ausbreitete, während einige seiner Zuhörer empört keuchten oder sich räusperten.
„Drittens werde ich erklären, wie die Regeln der Vererbungslehre Hand in Hand gehen mit Mr. Darwins Erkenntnissen zur Entstehung der Arten. Ich weiß, dass viele von Ihnen besonders auf diesen Teil gespannt sind, daher werde ich auf die Verbindung zwischen beiden Theorien eingehen und, wie ich zu meinen Schlussfolgerungen gekommen bin, unter Anwendung …“
„Unter Anwendung von Teufelszeug!“, rief jemand von hinten.
Sebastian hielt nur kurz inne. „Unter Anwendung von Fakten, Logik und wiederholbaren Experimenten und ähnlichem“, sagte er sanft. „All dies mag vielen von Ihnen langweilig erscheinen. Aber meine Kollegen erheben gewöhnlich gegen eine Beweisführung anhand teuflischen Einflusses Einspruch.“ Wieder erschien die Andeutung eines Lächelns, dann machte er eine ausholende Armbewegung und ging zu einer Staffelei, die er vorher hatte aufstellen lassen.
„Fangen wir mit der Farbe von Löwenmäulchen an.“
Er legte eine Hand auf den Stoff, der über der Staffelei hing. In dem Augenblick flog die Tür zum Saal auf. Köpfe drehten sich um. Einen Moment herrschte im hinteren Teil des Saales Dunkelheit.
Dann rief jemand: „Macht schon! Los!“, und die Ziegen, die sich zuvor in dem Gehege vor dem Gebäude befunden hatten, drängten in den Saal. Sie schauten sich leicht verwirrt um.
„Da Sie meinen, es gebe keinen Unterschied zwischen Menschen und Tieren“, schrie eine Stimme, „sind hier noch ein paar Zuhörer.“
Kichern war zu hören.
Schafe, überlegte Robert, wären besser gewesen. Schafe waren schreckhaft, bei denen reichte schon ein flatternder Umhang, sie in die Flucht zu schlagen. Sie wären sofort in Panik ausgebrochen. Ziegen auf der anderen Seite … Ziegen sahen eine Ansammlung von so vielen Menschen als Gelegenheit. Sie liefen den Mittelgang entlang und nickten mit den Köpfen.
„Ich heiße alle Kreaturen willkommen, die klug genug sind, zu verstehen, was ich sage“, erklärte Sebastian großspurig. „Keine Sorge, guter Mann. Ich bin sicher, wenn ich fertig bin, werden Ihre Tiere in der Lage sein, Ihnen die Prinzipien zu erklären, mit ganz einfachen Worten, damit auch Sie es begreifen können.“
Weiteres Gelächter erklang.
Die Leitziege machte einen weiteren trägen Schritt nach vorne, dann blieb sie stehen. Sie wandte nachdenklich den Kopf und … reckte den Hals, um eine der Blumen von Minnies Saum zu fressen.
Robert erhob sich halb aus seinem Stuhl, griff hinter sich, obwohl sie Meter von ihm trennten. Sie drückte gegen den Ziegenkopf. Er konnte sehen, wie ihre Lippen sich
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