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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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haben. Es ist eine Mühle mit zwei Steinen, einem für Mehl und einem für Schrot. Man braucht sie bloß in Gang zu setzen. Der Wasserkasten ist oben ganz und gar erneuert und unten geflickt. Die Anlage läuft jahrelang ohne Reparatur«, pries Huttunen seine Mühle.
    Happola führte einige Telefonate in verschiedene Teile des Bezirks. Er bot Huttunens Mühle zum Kauf an, doch es fanden sich keine Käufer.
    »In den Nachtstunden Geschäfte zu machen ist ziem­ lich schwierig. Die Leute aus der Branche schlafen anscheinend alle. Ich muß übermorgen tagsüber kom-men und weitertelefonieren. In Kajaani kenne ich einen Direktor, der vielleicht interessiert ist. Aber jetzt muß ich los. Wenn sie morgen früh merken, daß du geflüch­ tet bist, muß ich unter der Decke liegen.«
    Happola bot Huttunen eine Abschiedszigarette an und verließ dann lautlos das Zimmer.
    Huttunen sah sich um: schmutzige Tapeten, auf dem Fußboden ein Flickenteppich, in der Ecke ein Ofen. Er hatte gequalmt, man erkannte es an der schwarzen Stelle über der Klappe. Auf dem Nachttisch neben dem Bett der Frau befanden sich Lockenwickler und ein Wasserglas mit einem Gebiß darin.
    Huttunen zog sich aus und legte sich in das andere Bett. Dann stand er noch einmal auf, um das Licht zu löschen. Er mußte pinkeln, doch er wollte die Frau nicht aufwecken und fragen, wo die Toilette war. Ziemlich unbequem schlief er bis zum Morgen.
    Er erwachte von Wasserrauschen. Im selben Moment vervielfachte sich sein Drang. Im Zimmer brannte Licht, aber die Frau war nicht da. Huttunen zog sich an und wartete unruhig, daß sie von der Toilette zurückkäme. Als sie eintrat, schlüpfte er so schnell hinaus, daß er nicht mal Zeit für einen Morgengruß fand.
    Die Frau kochte Kaffee und bot dazu Butterbrote und Milchgebäck an. Huttunen erzählte, daß er sich auf der Flucht aus der Irrenanstalt befinde.
    »Mich hat der Happola auch aus der Klinik rausge­ bracht. Seitdem habe ich keine Ruhe vor ihm. Zweimal in der Woche muß ich mich mit ihm abgeben.«
    Sie hatte sich gekämmt, die Lippen angemalt und trug Ohrringe. Bekleidet war sie mit einem enganliegenden roten Rock und einer weißen Rüschenbluse. Sie war ein üppiger, weicher Typ. Sie erzählte, sie müsse sich ihren Lebensunterhalt als Hure verdienen, Happola habe einen sehr hohen Preis für die Schlüssel und die Woh­ nung verlangt. Andernfalls müsse sie wieder in die Klinik.
    »Aber lieber Hure auf freiem Fuß als Verrückte in der Klinik. Die Klinik bleibt mir immer noch, wenn mich sonst keiner mehr haben will. Verrückt genug dafür bin ich allemal.«
    Huttunen bedankte sich für den Kaffee und rüstete zum Aufbruch. Die Frau war erstaunt:
    »Du willst gehen, ohne zu ficken, obwohl du weißt, wer ich bin?«
    Vor Schreck verbeugte sich Huttunen an der Tür und rannte hinaus. Auf dem Hof mußte er an die Klubbera­ terin Sanelma Käyrämö denken, an das duftende Sumpfwiesenheu und das kühle Zelt auf der einsamen Erleninsel, an eine scheue Frauenstimme, eine Hand, die ihn leise berührt, weiches Haar, das seine Nase kitzelt… Huttunen ging zum Bahnhof. Unterwegs kaufte er eine Postkarte und eine Briefmarke.
    Huttunen stieg in den Zug nach Norden. Oulu, eine erbärmliche Stadt im Leben des Müllers, blieb zurück. Auf den Brücken von Tuira holte er die Karte heraus und adressierte sie an die Nervenklinik. Auf die Rücksei­ te schrieb er in Druckbuchstaben:
    »An den Arzt. Ich bin abgehauen aus Ihrer Irrenan­ stalt. Vielleicht haben Sie es schon mitgekriegt. Jetzt gehe ich nach Schweden und Norwegen rüber, wo kein Hahn nach mir kräht. Außerdem bin ich nicht verrückt. Sie können Ihre Brille putzen, bis Sie schwarz werden. Huttunen.«
    In Kemi steckte er die Karte in den Bahnhofsbriefka­ sten. Er schmunzelte vor sich hin bei der Vorstellung, wie man nun in Schweden und Norwegen nach ihm suchen würde. Vor Abfahrt des Zuges kaufte er sich in der Bahnhofsgaststätte noch eine halbe Steige hartge­ kochter Eier.
    An der Bahnstation seines Sprengels stieg Huttunen aus. Er nahm nicht die Landstraße zum Kirchdorf, sondern ging quer durch die Wälder direkt nach Suu­ koski.
    Den Müller übermannte die Freude der Heimkehr: im Sommersonnenschein stand die schöne rote Mühle auf ihrem Platz. Huttunen prüfte das Wehr, den Wasserka­ sten, die Schindelmaschine und die Turbine. Alles in Ordnung. Alles ringsum hieß den Müller zu Hause willkommen; der Bach murmelte unter der Mühle wie ein fröhlicher

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