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Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Jetzt geh los, damit wir keine weitere Zeit verlieren.«
    Maria begleitete den Mönch hinter den Bauernhof und blickte ihm nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war. Dann ging sie zurück und holte hinter dem Scheunentor ein Stück Speck und einen Becher mit noch dampfendem Sud hervor. Beides brachte sie Barnabas.
    Maria half dem Magier, sich aufzusetzen, und hielt ihm den Becher an die Lippen. »Hier, Barnabas, trink den Fichtennadelsud. Er wird dir Linderung verschaffen.«
    Während der Magier in kleinen Schlucken das Gebräu zu sich nahm, schaute er in Marias irr blickende Augen.

     
    Servatius ging hurtig den Pfad zwischen den Laubbäumen entlang. Schwindendes Tageslicht fiel durch die leicht schwankenden Äste der mächtigen Bäume und erhellte den dunklen Waldboden. Als er an das Steinkreuz gelangte, las er die Inschrift: » Durch Wildererhand fiel in treuer Pflicht der Hilfsjäger Paul Hilterscheid. Ehre seinem Gedenken. «
    »Hier gibt es zwar keine Räuber, dafür aber Wilderer. Das hat mir das Miststück verschwiegen!«, schimpfte Servatius und überlegte, ob er umkehren sollte. Plötzlich knackte es leise hinter ihm, so dass er erschrocken weiterlief. Als der Weg sich erneut gabelte, blieb Servatius keuchend stehen und blickte sich um. Er drehte sich im Kreis und wusste nicht, wohin er gehen sollte. »Ich werde umkehren«, beschloss er und fügte zornig hinzu: »Wenn der Alte stirbt, ist es nicht meine Schuld, denn Maria hat mir den Weg nicht gut beschrieben.«
    Ein Geräusch hinter ihm ließ Servatius zusammenzucken. Wieder schien in seiner Nähe ein trockener Ast zu brechen. Als ein Häschen aus dem Gebüsch gehoppelt kam, atmete der Mönch erleichtert auf. Servatius ging weiter und entdeckte nach wenigen Schritten die Fichtenschonung. Sogleich zupfte er die feinen hellgrünen Nadeln von den Ästen und füllte damit das Säckchen.
    Servatius hatte das Säckchen fast bis zur Hälfte voll, als ihn das Gefühl beschlich, jemand stünde hinter ihm. Er vermutete, dass Maria ihm gefolgt war, und drehte sich grollend um. Die Worte, die er ihr entgegenschleudern wollte, blieben ihm jedoch im Hals stecken. Stattdessen quälte sich ein spitzer Schrei aus seiner Kehle, der im Wald gespenstisch verhallte. Mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen starrte er die Schatten an, die langsam zwischen den Bäumen sichtbar wurden. Ohne nachzudenken, rannte Servatius los. Sie wollen mich fressen!, dachte er. Riesige Fledermäuse, die ihre Flügel ausbreiten, um sich auf mich zu stürzen.
    Obwohl Servatius in der linken Lendenseite einen stechenden Schmerz verspürte, hetzte er durch den Wald, ohne zu wissen, wohin. Immer wieder fiel er hin, rappelte sich auf und rannte weiter, gefolgt von wispernden Stimmen, die sich in seinem Kopf festsetzten, so dass er sich während des Laufens die Ohren zuhielt.
    An einem riesigen Stein, der von Moos und Efeu überwuchert war, hielt er inne und lehnte sich schnaufend dagegen. Vorsichtig lugte er um den Stein herum, ob die Schatten ihn eingeholt hatten. Da das Sonnenlicht schwand, konnte er kaum noch etwas erkennen.
    Servatius schloss die Augen und versuchte sich zu beruhigen. Erschöpft beugte er sich nach vorn und stützte sich mit beiden Händen auf den Knien ab. Als er die Augen wieder öffnete, glaubte er, sein Herz würde einen Schlag aussetzen, denn er stand inmitten eines Feldes aus Irrwurzen. Schreiend stampfte er die grünen fedrigen Blätter der Pflanze nieder und blickte schweißgebadet zwischen den Baumkronen zum Himmel empor. Die Dunkelheit schien sich rasend schnell über den Wald zu senken. Verzweifelt griff sich Servatius in seinen Kranz aus Haaren, als er in seinem Kopf Marias Stimme hörte, die hämisch rief: »Du wirst dich verirren und nie mehr zurückfinden!«
    »Aber ich bin stärker als du! Du wirst mich nicht loswerden!«, brüllte er mit verzerrter Stimme. Dann stampfte er wütend die restlichen Farnblätter zu Boden. Als es erneut hinter ihm im Unterholz knackte, lief er los und sang leise: »Du kriegst mich nicht! Du kriegst mich nicht!« Der Waldboden unter ihm war glitschig. Geröll brachte ihn mehrmals ins Straucheln. Servatius erreichte einen steilen Hang, an dem eine lange Holztreppe hinunterführte. Zwei Stufen auf einmal nehmend, sprang der Mönch hinunter, als er auf den vermoderten Holzbrettern ausrutschte und mit einem Aufschrei stürzte. Während er im Fallen mit dem Kopf auf den Treppenstufen aufschlug, verfing sich sein Habit in den

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