Der Hexenturm: Roman (German Edition)
Fritze. Schon zum dritten Mal nimmt er sich von der Wutz am Spieß. Oder die Hebamme! Das fünfte Stück Kuchen hat sie soeben verschlungen. Nun gut, sie hat unserer Magdalena auf die Welt geholfen, deshalb werde ich über ihren Heißhunger großzügig hinwegsehen, auch wenn man befürchten muss, dass sie jeden Augenblick platzt. Ha!«, rief sie plötzlich. »Seht meinen Schmied! Mit beiden Händen schaufelt er sich die köstlichen Pasteten in den Mund und spült sie mit meinem Weißwein aus dem Elsass hinunter. Nein, nein, Herr Pfarrer, ich denke, dass Ihr Unrecht habt. Nicht jeder ist gekommen, weil er die Zugezogenen nun als Einheimische betrachtet. Hätte ich das Fest nicht veranstaltet, wäre niemand von denen auf den Gedanken gekommen, Franziska zu ihrem Kind zu gratulieren, zumal in Wellingen ständig Kinder auf die Welt kommen. Die Frau von Bauer Killguss kam einen Tag später nieder und die vom Schuklus Klaus zwei Tage früher. Aber wem erzähl ich das?«, schmunzelte sie. »Schließlich seid Ihr der Pfarrer und wisst davon.«
Als sie erneut in die Runde blickte, sah sie Johann von Baßy zusammen mit seiner Frau den Garten betreten. »Was in aller Welt will er denn hier?«, murmelte Regina Rehmringer und sah ihren Verwandten misstrauisch entgegen.
Johann von Baßy ging mit seiner Frau geradewegs auf den Tisch zu, an dem seine Tante saß, und begrüßte sie. Pfarrer Schnetter würdigte er keines Blicks.
Süßlich lächelnd überreichte Frau von Baßy anschließend Franziska ein Geschenk, das in einer kunstvoll verzierten Dose verpackt war. Franziska öffnete vorsichtig das kleine Samtsäckchen, das sich in der Dose befand, und packte eine Silberkette aus, die sie überrascht herumzeigte. An dem Kettchen hing ein kleiner goldener Stein.
»Das ist ein Bernstein«, erklärte Frau von Baßy mit gewichtiger Miene. »Man soll ihn dem Kind um den Hals hängen, wenn es zahnt. Der Stein wird ihm das Zähnebekommen erleichtern.«
Freundlich lobte Regina Rehmringer die großzügige Geste. »Das ist sehr hochherzig von euch, mein lieber Johann, meine liebe Philippa!« In ebenso freundlichem Ton fügte sie dann schnell hinzu: »Das ändert aber nichts an meinem Entschluss. Ich werde das Gestüt nicht aufgeben.«
Philippa von Baßys Blick sprach Bände. Auch ihrem Mann konnte man seinen Missmut ansehen. Als er auf die Worte seiner Tante etwas erwidern wollte, zischte seine Frau ihm leise zu: »Schweig! Wir werden uns nicht die Blöße geben, der Alten zu widersprechen, heute, wo das gesamte Dorf versammelt ist und es hören kann.«
Die Frau des Amtmanns wusste, was zu tun war. Sie setzte ihr gütiges Kirchenlächeln auf und säuselte: »Liebes Tantchen! Wir möchten dich nächsten Sonntag nach der Messe zu uns zum Mittagessen einladen. Dann können wir über alles in Ruhe reden.«
»Es gibt nichts zu besprechen, Philippa«, antwortete Regina Rehmringer ruhig.
»Warten wir es ab, liebe Regina. Wenn du erst dein Zimmer siehst, das ich für dich mit den neuesten Möbeln aus Lothringen habe einrichten lassen, dann wirst du deine Meinung bestimmt ändern!«
Bevor Regina Rehmringer darauf antworten konnte, verabschiedete sich das Ehepaar mit einem kurzen Kopfnicken und verließ die Gesellschaft wieder.
Alle hatten das Schauspiel beobachtet und starrten nun abwartend Regina Rehmringer an. Diese wollte sich die Festlichkeit jedoch nicht verderben lassen und sagte deshalb bemüht fröhlich zu Katharina, so dass jeder es hören konnte: »Bring mir noch ein großes Stück Kuchen, denn schließlich haben wir heute, an der Taufe dieses liebreizenden Mädchens, allen Grund zu feiern.«
Anfang Juni wurde es heiß und schwül, und kaum ein Lüftchen regte sich.
Als Johann von der Arbeit kam und müde die Treppe im Gesindehaus zu seiner Kammer hochschlich, hörte er schon auf dem Gang seine Tochter weinen. Besorgt öffnete er die Zimmertür. Franziska ging mit dem Kind auf dem Arm in dem kleinen Zimmer auf und ab und versuchte es durch Gesang zu beruhigen. Wie dem schreienden Kind stand auch ihr der Schweiß auf der Stirn.
»Geht es euch nicht gut?«, fragte Johann besorgt, als er die puterroten Gesichter von Franziska und Magdalena sah.
»Die Kleine findet keinen Schlaf. In der Kammer ist es viel zu warm und stickig«, jammerte Franziska.
Johann blickte zu dem kleinen Dachfenster hoch. Obwohl es weit aufstand, kam keine Brise durch die Öffnung
»Wollen wir uns in den Garten setzen? Im Schatten eines Baumes ist
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