Der Hexenturm: Roman (German Edition)
seiner Siege rühmen kann.«
»Mach ihm keine Angst, Schwesterherz!«
»Ich habe keine Angst«, versicherte Clemens selbstbewusst. »Ihr müsst mir nur das Spiel erklären.«
»Solch ein Mann gefällt mir!«, lobte der Mann mit Namen Philipp und zwinkerte seiner Schwester zu. Er nahm den kleinen dunklen Lederball auf, der in seine hohle Handfläche passte.
»Du nimmst den Ball in deine Hand und schmetterst ihn so fest gegen die Wand, dass er wieder zurückfliegt. Im Flug versuchst du ihn zu greifen und gleichzeitig wieder zu werfen. Natürlich werde ich versuchen den Ball ebenfalls zu fangen und zurückzuwerfen. Fällt dem Werfer der Ball auf den Boden, geht der Punkt an den Gegner. Wer zuerst zehn Bälle fallen lässt, hat verloren.«
Clemens nickte und stellte sich neben seinen Mitspieler. Der drehte sich zu seiner Schwester um und sagte: »Luise Juliane, du darfst das Spiel eröffnen.«
»Auf die Plätze, fertig, los!«, rief sie sogleich, und Philipp schmetterte den kleinen Ball mit jugendlicher Kraft gegen die Sandsteinwand, wo er abprallte und zurückflog. Clemens hechtete dem Ball hinterher und warf ihn kraftvoll zurück. So ging es hin und her, und mancher Ball landete auf dem Boden. Schließlich gewann Philipp mit sieben zu zehn Bällen. Japsend applaudierte er Clemens.
»Sehr gut!«, riefen auch die beiden Frauen Clemens anerkennend zu.
»Du kannst mir nichts vormachen. Du hast dieses Spiel ganz sicher nicht das erste Mal gespielt«, schnaufte Philipp, immer noch außer Atem.
»Ich kannte es wirklich nicht«, beteuerte Clemens.
»Woher hast du diese Kraft?«, wollte sein Mitspieler wissen. Lachend zuckte Clemens mit den Schultern.
»Wie ist dein Name, und was machst du hier? Ich habe dich nie zuvor gesehen«, fragte Luise Juliane, die keck sein Gesicht betrachtete.
»Ich heiße Clemens Arnold, und das ist mein Freund Burghard. Wir kommen vom Rehmringer-Gestüt und haben dem Grafen zwei neue Kutschpferde gebracht.«
Fragend zog Philipp eine Augenbraue in die Höhe. »Habt Ihr gewusst, verehrter Herr Braun, dass mein Vater neue Pferde bestellt hat?«
Braun, der neben den Damen saß und zuvor gegen Philipp gespielt hatte, nickte. »Ja, natürlich habe ich das gewusst, Eure Hoheit. Ich habe die Pferde bereits erwartet.« Braun wandte sich Clemens zu, der Philipp anstarrte und verblüfft fragte: »Ihr seid der Sohn des Grafen?«
»Ja, aber fall nicht gleich in Ohnmacht«, lachte Philipp. Dann reichte er den beiden Damen eine Hand und rief Clemens im Weggehen über die Schulter zu: »Es würde mich locken herauszufinden, ob du auch beim Paille-Maille so gut abschneidest.« Ohne eine Antwort abzuwarten, schritt er mit den beiden Frauen davon.
Clemens und Burghard setzten sich bleich neben den Kutscher des Grafen auf die Bank. »Wenn ich nur geahnt hätte!«, flüsterte Clemens und schluckte schwer. Georg Braun lachte. »Philipp hat sich prächtig unterhalten! Das allein zählt.«
»Was ist Paille-Maille?«, fragte Burghard den Kutscher nun. Braun erhob sich von der harten Steinbank und streckte den Rücken durch. »Es ist ebenfalls ein Ballspiel. Mit einem langstieligen Holzhammer muss man versuchen auf mehrere Schritt Entfernung einen Ball durch eine bestimmte Anzahl Torbogen, die im Boden stecken, zu schießen. Doch genug des Vergnügens! Lasst uns nach den Pferden sehen. Ich bin gespannt, ob sie halten, was Frau Rehmringer versprochen hat.«
Am darauffolgenden Morgen musste Clemens dem Kutscher die Fähigkeiten der Pferde vorführen. Auf einem großen Sandplatz wurden mehrere Hindernisse aufgebaut, die Clemens mit Kutsche und Gespann im Schritt, Trab und Galopp umrunden musste. Immer wieder verlangte Braun, dass Clemens die Kutsche wendete, die Pferde Schlangenlinien fahren oder verschiedene Gangarten laufen ließ. Am Ende waren die Rösser nass geschwitzt, und dort, wo das breite Kutschgeschirr auf ihrem Fell auflag und darüberrieb, kam weißer Schaum zum Vorschein.
Endlich schien Braun zufrieden zu sein, denn er nickte gut gelaunt. »Prachtvolle Rösser! Frau Rehmringer hat ihr Wort gehalten. Morgen wirst du mir und dem zweiten Kutscher eine Einweisung geben, damit wir die Pferde dem Grafen vorstellen können«, sagte er und strich zufrieden über die weichen Nüstern der Tiere.
Barnabas stand mit Maria im Amtszimmer von Thomas Königsdorfer und wartete auf eine Antwort. Nachdenklich ging der Amtmann von Püttlingen auf und ab. Dabei hielt er die Arme vor der Brust verschränkt
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