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Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Der Hexenturm: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deana Zinßmeister
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Mundwinkel.
    Wie eine Schlange!, dachte Barnabas und wandte angewidert den Blick ab.
    Der Magier war zwar der Überzeugung, dass Übeltäter mit unerbittlicher Härte gerichtet werden sollten, trotzdem konnte er nicht nachvollziehen, dass man sich wie Servatius derart daran erfreute. Er ist ein widerlicher Mensch, dachte Barnabas und spürte erneut Unbehagen gegenüber seinem Weggefährten.
    Plötzlich setzte Trommelwirbel ein – das Zeichen, dass der Verurteilte an der Treppe zum Richtplatz stand. Die Menschen verstummten.
    Servatius, der kaum etwas sehen konnte, stupste seinen Nachbarn zur Rechten an. Ungehalten schimpfte dieser: »Was willst du, Mönch? Stehe ich auf deinem Fuß?«
    Servatius legte dem Fremden besänftigend die Hand auf die Schulter. »Guter Mann, ich möchte Euch fragen, wer heute gerichtet wird.«
    Der Mann schüttelte die Hand ab und musterte den Franziskaner von oben bis unten. Sein Gesicht kam näher. Er kräuselte die Nase und schnupperte. Angewidert von dem Gestank des Mönchs, drehte er den Kopf zur Seite. Servatius ahnte, was der Fremde dachte, und ballte wütend die Hände zu Fäusten.
    »Du bist nicht von hier?«, fragte der Mann nun und wandte sich dem Franziskaner erneut zu. Servatius verneinte. »Wenn du dir einen anderen Platz suchst, sage ich dir, was du wissen willst. Denn dein Geruch ist nur schwer zu ertragen.«
    Servatius spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg, und das ärgerte ihn. Er war schon im Begriff, den Mund aufzureißen und dem Mann eine Gehässigkeit entgegenzuschleudern, doch dann besann er sich eines Besseren. Mit unterdrückter Wut in der Stimme sagte er stattdessen: »Wenn Ihr mir meine Frage beantwortet, dann werde ich Euch nicht länger behelligen und die Hinrichtung von einer anderen Stelle aus verfolgen.«
    Der Mann nickte. »Nun gut, dann will ich dir den Namen des Verurteilten nennen: Er heißt Friedrich Kerstens und ist ein ehemaliger Salzjunker aus Halle, der den Juweliergesellen Jacob Sporer mit einem schweren Schmiedehammer erschlagen hat. Anschließend hat Kerstens die Leiche in acht Teile zerhackt und jeden Teil an einem anderen Ort verscharrt. Durch Gottes Fügung wurde die Untat aufgedeckt, und nun bekommt Kerstens seine gerechte Strafe.«
     
    Als Servatius den Mann weiter erwartungsvoll anblickte, stieß dieser ihn fort und raunzte: »Und nun verschwinde!« Dann drehte er dem Mönch den Rücken zu.
    Servatius schimpfte vor sich hin und trottete schließlich zu Barnabas zurück, um ihm zu erzählen, was er erfahren hatte.
    »Das habe ich auch gehört«, erklärte der Magier, als erneut Trommelwirbel einsetzte. Erregt rief Servatius aus: »Endlich, es geht los! Ich werde weiter nach vorn gehen. Von hier kann ich nichts sehen!« Mit diesen Worten war er schon zwischen den Menschen verschwunden, was dem Magier nur recht war.
    Vom erhöhten Brunnenrand aus hatte Barnabas einen freien Blick auf das Podest, wo er den Verurteilten kniend vor dem Henker erkennen konnte. Zwar war es für den Magier nicht möglich, die Worte des zum Tode Verurteilten zu verstehen, doch als das Volk Spottlieder anstimmte und faules Obst und Gemüse nach Kerstens warf, wusste Barnabas, dass er um Gnade winselte.
    Sein Wehgeschrei nutzte Kerstens nichts. Die Folterknechte rissen ihm Hemd und Hose vom Körper, so dass er nackt vor den Zuschauern stand. Pfiffe und gehässige Bemerkungen trieben dem Mann die Röte ins tränennasse Gesicht. Er zitterte und flehte. Vor Angst konnte er nicht mehr an sich halten, und eine Pfütze breitete sich zwischen seinen Beinen auf dem Holzboden aus. Daraufhin wurde ihm ein dünnes Tuch um die Hüfte geschlungen, das seinen Phallus verdeckte.
    Anschließend zwang man ihn, sich auf den Boden zu legen. Hände und Füße des weinenden Mannes wurden an Pflöcken, die im Boden der Bühne verankert waren, festgebunden.
    Servatius hatte es geschafft, sich bis zum Podest vorzudrängeln, und stand nun erhöht auf einem Holzklotz, so dass er das Geschehen genau überblicken konnte. Mit erhitztem Gesicht stand er da und beobachtete unruhig die Henkersknechte, die den Verurteilten auf den Boden drückten. Als Servatius die vor Angst geweiteten Augen des dem Tod Geweihten erkennen konnte, riss er sich vor Aufregung mit den Zähnen die Haut am Nagelbett seines Daumens ab. Er spürte den Schmerz, den er sich selbst zugefügt hatte, nicht, er spürte nur Erregung, die seinen Körper erfasst hatte. Mit glasigen Augen blickte er dem Verurteilten ins Gesicht

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