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Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Titel: Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe
Autoren: Verschiedene
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Schmutz starrten und zerrissen waren
    – das Schlimmste war mein Gesicht. Meine Wangen, ohnehin nicht gerade üppig, waren eingefallen und von grauen Schatten gezeichnet, und unter meinen Augen, die rot und entzündet ihr eigenes Spiegelbild anglotzten, lagen dunkel, wie mit einem Pinsel gemalte Ringe.
    Und über meinem rechten Auge war ein breiter, wie ein Blitz gezackter Streifen Haar heller geworden.
    Und die Veränderung ging weiter. Das Gesicht im Spiegel alterte zusehends, verfiel in Minuten um Jahre und bekam einen dunklen, asketischen Zug. Der Streifen weißen Haares über der rechten Augenbraue wurde breiter und gleichzeitig kräftiger.
    Es war nicht mehr mein Gesicht, das mich aus dem Spiegel ansah – sondern das Gesicht meines Vaters ...
    Der Anblick traf mich wie ein Hieb.
    »Vater!« keuchte ich. »Du –«
    Der Mann im Spiegel hob die Hand und brachte mich mit einer hastigen Geste zum Schweigen. »Nicht!« sagte er. Seine Lippen bewegten sich nicht beim Sprechen, und so, wie ich es schon ein paarmal erlebt hatte, schien seine Stimme direkt in meinem Kopf zu ertönen. »Hör mir genau zu, Robert – mir bleibt nicht viel Zeit. Du bist in Gefahr! Verlasse diesen Ort, so schnell du kannst! Man trachtet dir nach dem Leben!«
    »Vater!« keuchte ich fassungslos. Ich hörte seine Worte kaum. Mein Blick saugte sich an seinem Gesicht fest, und für einen Moment vergaß ich sogar zu atmen. »Aber du ... ich dachte, du wärest tot!« stammelte ich. »Wo bist du?«
    »Der Tod ist nicht das, wofür ihn die Menschen halten«, antwortete mein Vater geheimnisvoll. »Vielleicht finde ich später einmal Gelegenheit, dir alles zu erklären, aber jetzt mußt du gehen. Du bist in Gefahr, und ich kann dir nicht helfen. Meine Kräfte schwinden bereits.«
    Tatsächlich wurde seine Stimme zunehmend leiser, und durch die schmalen Züge seines Gesichtes im Spiegel schimmerten bereits wieder meine eigenen hindurch.
    Mit einem Schrei warf ich mich gegen den Spiegel, preßte die Handflächen gegen das kalte Glas und rief immer wieder seinen Namen.
    Es war zwecklos. Sein Bild verblaßte, und seine Stimme wurde leiser und leiser. »Flieh, Robert!« rief er mit schwindender Kraft. »Verlasse diesen Ort, ehe die Sonne untergeht, oder du wirst sterben!«
    Damit verschwand er, und ich sah wieder meinem eigenen Spiegelbild ins Gesicht.
    Aber der Spiegel blieb nur eine Sekunde leer. Der Vorhang hinter meinem Rücken bewegte sich, und für einen Moment bauschte sich der dünne Stoff und zeichnete die Umrisse eines gewaltigen, monströsen Körpers nach. Ein Körper, der viel größer als der eines Menschen war. Massiger. Und mit zu vielen Armen.
    Mit einem gellenden Schrei auf den Lippen fuhr ich herum, im gleichen Moment, in dem der Vorhang vollends heruntergerissen und von einer Urgewalt zur Seite geschleudert wurde.
    Aber der Eingang der Kabine blieb leer!
    Für die Dauer eines Herzschlages starrte ich fassungslos auf den offenstehenden Durchgang. Ich hatte die Umrisse des Dings ganz deutlich durch den Stoff gesehen, und der Fäulnisgestank nahm mir schier den Atem – aber ich war weiter allein in der Kabine.
    Und plötzlich ging alles unglaublich schnell. Ein tiefer, unendlich tiefer, grollender Laut erklang, dann hatte ich das Gefühl, von einem unsichtbaren Bullen gerammt und mit grausamer Macht zur Seite geschleudert zu werden. Die winzige Kabine erzitterte in ihren Grundfesten, als ich gegen die Wand prallte, gleichzeitig hörte ich ein helles, metallisches Klingen, und der Spiegel an der Rückwand bog sich wie unter einem Fausthieb durch, zerbrach aber nicht.
    Für einen winzigen, zeitlosen Moment sah ich alles mit phantastischer Klarheit. Meine Hand hatte dort, wo sie den Spiegel berührt hatte, einen blutigen Daumenabdruck hinterlassen. Und genau dieser Abdruck war das Ziel des Unsichtbaren!
    Ich sah, wie die Blutstropfen sich kräuselten, in Sekundenschnelle gerannen und gleich darauf zu kochen begannen. Der ganze Vorgang dauerte nur wenige Sekunden, aber dort, wo das Blut gewesen war, war plötzlich ein schwarzer, verkohlter Fleck, in dessen Zentrum das Glas geschmolzen war.
    »Robert! Flieh!«
    Diesmal versuchte ich gar nicht erst zu ergründen, woher die Stimme kam. Mit einem entsetzten Schrei federte ich auf die Beine und aus der Kabine, sprang, rollte über die Schulter ab und kam mit einer ungeschickten Bewegung wieder hoch. Hinter mir zerbarst die nur aus dünnem Sperrholz gefertigte Umkleidekabine in einer lautlosen
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