Der Hexer - GK575 - Die Hexe von Salem
etwas brach und Wasser in einem breiten gurgelnden Strom in den Rumpf schoß. Der Schlangenhals des Ungeheuers bog sich wie der Leib einer angreifenden Kobra durch. Ihr Schädel pendelte wild.
Sarcin schoß noch einmal, und am Hals des Monsters entstand eine zweite, gezackte Wunde; trotz allem nicht mehr als ein Nadelstich in dem gigantischen Leib.
»Die Augen!« brüllte Mortenson. »Schieß auf seine Augen!!«
Sarcin lud hastig nach, schlug mit dem Lauf die letzten Glassplitter aus dem Rahmen und zielte sorgfältig. Er kam nicht dazu abzudrücken. Der Schlangenhals der Bestie bog sich noch weiter zurück. Mit einem ungeheuren Brüllen warf sie den Kopf in den Nacken, stemmte ihren gewaltigen Körper hoch aus dem Fluß empor und holte Schwung.
Dann krachte der horngepanzerte Schädel des
Urzeitmonsters wie ein Titanenhammer auf das
Ruderhaus nieder und zerschmetterte es.
Mortenson torkelte gegen die Reling. Ein zweiter, betäubender Schmerz schoß durch seine Brust. Er spürte, wie sich die gebrochene Rippe tief in seinen Leib bohrte.
Sein Blick begann sich zu verschleiern. Wie durch einen schwarzen, wogenden Vorhang sah er, wie das Ungeheuer ein Stück vom Schiff zurückwich, mit seinen lächerlich kleinen Flossen das Wasser peitschte und den Kopf senkte.
Mortenson spürte noch, wie das Schiff zu zittern begann, als das Monster seinen Leib unter den Rumpf schob und das Patrouillenboot langsam aus dem Wasser zu heben begann. Er spürte auch noch, wie sich das Schiff auf die Seite legte und seine Leeseite scharrend über die steinerne Uferbefestigung schrammte.
Dann nichts mehr.
** *
Es war beinahe Mittag, ehe wir in die Pension zurückkehrten. Howard hatte mich, wie er es versprochen hatte, zu einem Arzt gebracht, den er kannte und auf dessen Verschwiegenheit er vertraute – einem Tierarzt, wie ich hinterher erfuhr. Das änderte freilich nichts daran, daß er meine Wunden sachkundig versorgte und meine Schmerzen so geschickt linderte, daß ich hinterher kaum noch etwas spürte. Die Verätzung an meiner Hand erwies sich ohnehin als nur oberflächlich; meine Haut war nur für den Bruchteil einer Sekunde mit der brennenden Substanz in Berührung gekommen. Trotzdem lief mir noch im Nachhinein ein kalter Schauer über den Rücken, als ich die Klinge meines Stockdegens sah: der harte Stahl war blind und fleckig; regelrecht zerfressen.
Die Müdigkeit holte mich ein, als wir – nach Ewigkeiten, wie es mir schien – endlich zurück in Howards Pension waren. Wir saßen wieder in der Bibliothek zusammen; dem einzigen Raum mit Ausnahme der Küche, der kein Gästezimmer war und Howard als eine Art Salon diente.
Priscylla war nur wenige Augenblicke bei uns geblieben und dann unter einem Vorwand nach oben in das Zimmer gegangen, das Rowlf ihr zugewiesen hatte; angeblich, weil sie müde war. Aber das entsprach nicht der Wahrheit. Es war etwas anderes, irgend etwas zwischen Howard und ihr, was sie vertrieb. Keine Antipathie; Howard hatte sich ihr gegenüber ausnehmend freundlich benommen, mit einer Nonchalance, die ich bei seiner sprunghaften, rüde erscheinenden Art niemals erwartet hätte. Aber irgend etwas trennte die beiden, etwas, das man nicht erklären, wohl aber um so deutlicher spüren konnte. Sie waren wie zwei Fremde, die sich den Regeln der Höflichkeit beugten, sich aber ständig zu belauern schienen, um eine Lücke in der Deckung des anderen zu erspähen.
Lange Zeit saß ich schweigend in meinem Sessel am Kamin, streckte die Beine von mir und nippte an dem wärmenden Tee, den Rowlf uns gebracht hatte, bevor er brummelnd wieder in der Küche verschwunden war, um eine warme Mahlzeit für Priscylla und mich vorzubereiten, während Howard, als wäre ich gar nicht da, in seinen Aufzeichnungen blätterte, beständig irgend etwas auf kleine Papierfetzchen kritzelte oder Bücher aus dem Regal riß, um einen Moment darin zu lesen und sie dann wieder zurückzustellen. Ich hatte das Gefühl, daß er mir absichtlich auswich und im stillen darauf wartete, daß ich endlich einschlief.
Schließlich brach ich das Schweigen mit jenem gekünstelten, übertriebenen Räuspern, das in einer solchen Situation angemessen schien. Howard sah ruckhaft von seiner Arbeit auf und musterte mich einen Moment lang durchdringend. »Nun?« machte er dann.
»Ich ... warte noch immer auf eine Erklärung«, sagte ich schleppend. Der Moment war nicht günstig, das war mir klar. Ich war müde, erschöpft und kaum fähig, einem
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