Der Hexer - GK595 - Tage des Wahnsinns
glaubte, die Stimme des Wirts zu erkennen.
Es kehrte Stille ein. Sean richtete sich vorsichtig auf, zog die Jacke über, die er vorher auf dem Stuhl neben dem Bett abgelegt hatte und wartete noch einen Moment. Dann öffnete er vorsichtig die Tür, schlich den dunklen Flur bis zur Treppe entlang und stieg Stufe für Stufe hinab.
Obwohl er sich bemühte, kein Geräusch zu machen, konnte er nicht verhindern, daß die Bohlen unter seinem Gewicht protestierend knarrten, aber die Stimmen und polternden Schritte, die er halbwegs als Echo erwartete, blieben aus.
Er erreichte den Schankraum, öffnete mit einem Dietrich die Tür und trat in die Nacht hinaus.
Es war kalt, kalt und dunkel. Ein feuchter Abendnebel zog den Weg herauf, der hinter dem Wirtshaus verlief. Er ließ alles undeutlich und verschwommen wirken, als ob in der Umgebung bis auf ein paar kahle Bäume und verfilzte Büsche alles Leben ausgestorben wäre. Als Sean an einem Tor vorbeikam, das den Weg zu einem dunklen Bauernhaus versperrte, kroch der Nebel wie ein graues, giftiges Gas über die Straße auf ihn zu; ein Vorhang aus nebelhaftem Nichts, hinter dem sich huschende Schatten und Bewegungen zu verbergen schienen.
Sean konnte sich eines unbehaglichen Gefühls nicht erwehren.
Trotzdem folgte er dem Weg nach rechts, überquerte ein dunkles Feld, und gelangte schließlich auf einer feuchten Wiese an, die sich bis zu einem großen Buchenhain hügelabwärts zog.
Er versuchte sich an die Beschreibung des Wirts zu erinnern, aber irgendwie bereitete es ihm Mühe, die Erklärungen, die er in einem hellen, freundlichen Schankraum gehört hatte, mit der kalten, nebelwallenden Wirklichkeit in Einklang zu bringen.
Er sah sich um.
Der Nebel war ihm nachgekrochen wie ein schwerfälliges Tier, das seiner Beute folgte, und ein sonderbarer, schwer zu definierender Geruch hing in der Luft. Sean erinnerte sich an den Buchenhain, und daran, daß er sich zwischen den Hügeln halten mußte, um auf den Wald zu stoßen.
Vor ihm erstreckte sich eine Wiese, die durch eine dicht wuchernde Hecke vom Dorf abgetrennt war und irgendwo in der Ferne auslief, ohne daß er erkennen konnte, wo. Der Nebel erstreckte sich jetzt auch vor ihm und begann, die Welt in ein Schattenkabinett zu verwandeln.
Als er die Hecke erreichte, entdeckte Sean eine Lücke in der grünen Mauer, die von einem Tor verschlossen wurde. Er zerrte am Gatter und zog es mühelos zur Seite. Obwohl ihm nicht wohl dabei war, zog er es hinter sich wieder zu.
Es war immerhin möglich, daß er nicht mehr ins Gasthaus zurückkehrte, und er wollte nicht, daß sie sofort wußten, wohin er gegangen war, auch wenn es sicher nicht schwer sein würde, es zu erraten. Er beschleunigte seine Schritte.
Es dauerte nicht lange, bis ihn das bedrohliche Dunkel des Waldes einhüllte. Die Hecke war an der Waldseite licht und wirkte teilweise wie abgefressen; er hatte keine Mühe, sie zu übersteigen und einen Pfad zu erreichen, der zwischen den Bäumen verschwand.
Aber der Boden war glitschig, und er verfluchte sein leichtes Schuhwerk, mit dem er nur schwer Halt fand. Der Nebel wanderte ziellos zu beiden Seiten des Pfads hin und her, verschonte aber seltsamerweise den Weg.
Die Baumreihen zu beiden Seiten wurden immer dichter, und er hatte Mühe, sich zurechtzufinden. Immer wieder stieß er gegen Äste und Gestrüpp, und manchmal mußte er sich mit ausgestreckten Händen weitertasten wie ein Blinder.
Und dann entdeckte er das Licht.
Zuerst hielt er es für Mondschein, der durch die dichte Wolkendecke brach, aber dann bemerkte er das Schwanken und unruhige Flackern einer Lampe. Es war ein trüber Lichtschein von der anderen Seite des Waldpfads, und er hielt auf ihn zu!
Sean blieb stehen. Er spürte, wie ihn ein kaltes Frösteln überlief. Es war ausgeschlossen, daß er um diese Zeit und in dieser Gegend auf einen Spaziergänger traf, und noch dazu auf einen, der mit einer Lampe ausgerüstet war. Er kannte keine Angst vor der Dunkelheit, auch nicht in gespannten Situationen, aber dieser Wald und dieser Nebel waren etwas Besonderes.
Er versuchte sich zu erinnern, wie weit er nach der Beschreibung des Wirts noch von seinem Ziel entfernt war, aber seine Erinnerung war wie weggeblasen; die Worte des Mannes schienen in keinem Zusammenhang mit seiner Umgebung zu stehen.
Langsam zog er den schmalen Revolver aus der Jackentasche und entsicherte ihn.
Die Lichtquelle war noch immer nicht zur Ruhe gekommen, tänzelte auf und ab, verschwand
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