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Der Hexer - NR04 - Bote vom Ende der Nacht

Der Hexer - NR04 - Bote vom Ende der Nacht

Titel: Der Hexer - NR04 - Bote vom Ende der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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wußte nicht mehr, wieviel Zeit vergangen war, seit mich Tornhill von Rowlf fortgerissen und an zwei seiner Leute übergeben hatte.
    Wir waren in Scotland Yard – zumindest nahm ich das an – und dieser kleine Raum mit dem schmalen, zusätzlich vergitterten Fenster im zweiten oder dritten Stock war Tornhills Büro. Von der freundlichen, ja beinahe mitfühlenden Art, die er in meinem Haus an den Tag gelegt hatte, war nichts mehr geblieben. Vielleicht lag es daran, daß Tornhill hier gewissermaßen auf eigenem Boden kämpfte.
    Vielleicht hielt er mich auch schlichtweg für einen Mörder.
    »Also?« Er schrie jetzt nicht mehr, aber die Ruhe, mit der er sprach, war fast drohender.
    Ich sah auf und fuhr mir mit dem Handrücken über die Stirn. Meine Augen brannten, und auf meiner Zunge lag ein pelziger bitterer Geschmack. Ich hatte Durst. »Ich habe Ihnen alles erzählt, Tornhill«, sagte ich leise. »Glauben Sie mir. Ich... weiß nicht, wer meine Hausangestellten umgebracht und die anderen entführt hat.«
    Tornhill starrte mich einen Moment mit unverändertem Ausdruck an, dann seufzte er, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände vor dem Bauch.
    »Wissen Sie was, Craven?« sagte er. »Ich glaube Ihnen sogar.«
    »Dann lassen Sie mich gehen«, stöhnte ich. »Ich kann Ihnen nicht helfen, begreifen Sie das doch endlich! Mein Gott, es sind meine Freunde, die diese Männer entführt –«
    »Diese Männer?« unterbrach mich Tornhill. Seine Stimme klang lauernd. »Was für Männer, Craven? Woher wissen Sie, daß es Männer waren?«
    »Ich glaube nicht, daß die Kidnapper Säuglinge waren, die aus ihren Kinderwagen gestiegen sind und ein Blutbad im Haus angerichtet haben«, antwortete ich wütend. »Ich weiß nicht, wer sie sind, und ich weiß noch viel weniger, wo Howard und Priscylla abgeblieben sind.«
    »Ich behaupte ja auch gar nicht, daß Sie es wissen«, sagte Tornhill ruhig. »Aber Sie wissen mehr, als Sie zugeben, Craven. Sehr viel mehr!«
    Er beugte sich vor, und wieder war seine Ruhe wie fortgewischt. »Verdammt, für wie blöd halten Sie die englische Polizei eigentlich?« schnauzte er. »Ich komme in ein Haus, in dem ein Massaker stattgefunden hat, ziehe Sie aus einer Uhr und finde ein Zimmer voller... voller...« Er suchte einen Moment krampfhaft nach den richtigen Worten. »Voller was-weiß-ich. Und dann taucht einer ihrer vermißten Freunde buchstäblich aus dem Nichts auf und –«
    »Warum lassen Sie mich nicht mit ihm reden?« unterbrach ich ihn. »Vielleicht hat er die Antworten auf ein paar von Ihren Fragen.«
    »Das geht im Moment nicht«, antwortete Tornhill. Ich wußte, daß er die Wahrheit sagte. Er und seine Leute hatten mich fast sofort aus dem Zimmer gezerrt, nachdem Rowlf aufgetaucht war, doch ich hatte noch sehen können, in welch schlimmen Zustand Howards Leibdiener war.
    »Wie geht es ihm?« fragte ich.
    Tornhill zuckte die Achseln. »Er wurde ins Hospital gebracht«, sagte er. »Ich habe Anweisung gegeben, daß man mich sofort ruft, wenn er aufwacht.« Seine Augen wurden schmal. »Was hat er damit gemeint, Craven?«
    »Womit?«
    »Mit dem, was er gesagt hat, bevor er das Bewußtsein verlor«, sagte Tornhill gepreßt. »Und falls Sie es vergessen haben sollten, Craven – seine Worte lauteten: Er will dich, Robert. Er will dich haben!«
    Er hätte sie nicht zu wiederholen brauchen. Ich wußte nur zu gut, was Rowlf gemeint hatte. Trotzdem antwortete ich nach kurzem Zögern: »Ich habe keine Ahnung, Tornhill.«
    Zu meiner Überraschung explodierte der fettleibige Scotland- Yard-Mann nicht.
    »Wie Sie wollen, Craven«, sagte er nur. »Dann eben nicht.« Er lächelte kalt, stand mit einem Ruck auf und kam um den Tisch herum auf mich zugewalzt. »Stehen Sie auf«, befahl er.
    Ich gehorchte. »Was haben Sie vor?« fragte ich.
    Tornhill lächelte dünn. »Ich sperre Sie ein, Craven«, antwortete er, in einem Ton, als hätte ich ihn gefragt, warum die Sonne morgens aufgeht. »Was denn sonst?«
    Er streckte die Hand nach mir aus, aber ich wich unwillkürlich ein Stück zurück. »Mit welcher Begründung?«
    Tornhill ächzte. »Mit welcher Begründung? Sind Sie von Sinnen, Craven? Ich finde ein Dutzend Gründe, um Sie für zweitausend Jahre hinter Gitter zu bringen, wenn ich will.«
    »Sagten Sie nicht gerade, daß Sie mich für unschuldig halten?«
    »Möglich«, antwortete Tornhill lächelnd. »Aber das hat ja keiner gehört außer Ihnen, nicht?« Er wandte sich um, riß die Tür auf und

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