Der Hexer - NR08 - Im Bann des Puppenmachers
um und klopfte schließlich an eine Tür, über der ein lieblos gekritzeltes Schild Consierge verkündete. Im stillen fragte ich mich, welcher Teufel Howard geritten haben mochte, in einem derartigen Loch Unterschlupf zu suchen. Selbst die heruntergekommene Pension, in der ich ihn zum ersten Mal getroffen hatte, war ein Prachtquartier gewesen, im Vergleich zu dieser Absteige.
Ich mußte viermal klopfen – und jedesmal etwas lauter –, ehe schließlich hinter der Tür schlurfende Schritte laut wurden. Eine Kette klirrte, dann wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet, und ein verschlafenes Auge blinzelte zu mir heraus.
»Wissen Sie, wie spät es ist?« murmelte eine Stimme. Das Auge blickte ein wenig feindseliger – was ich ihm, bei dem Anblick, den ich bieten mußte, nicht einmal verdenken konnte.
»Mitternacht«, antwortete ich automatisch, lächelte so freundlich, wie es mir im Moment noch möglich war, und fügte hinzu: »Verzeihen Sie die Störung, Monsieur –«
»Madame«, unterbrach mich die Stimme. Die Tür wurde mit einem Ruck ganz geöffnet, und eine Zwei-Zentner-Matrone schob mir ihren gewaltigen Busen entgegen. Das Gesicht, das verschlafen unter einer Nachtmütze hervorblinzelte, sah aus wie ein zerknautschter Scheuerlappen. Aber irgendwie paßte es zu diesem Hotel. »Madame Dupre, um genau zu sein«, fuhr sie fort. »Und Sie müssen Monsieur Craven sein, wenn ich nicht irre.«
»Das... stimmt«, sagte ich verblüfft. »Woher wissen Sie –«
»Ich bin nicht dumm, junger Mann«, sagte Madame Scheuerlappen herablassend. »Ihre beiden Freunde haben gesagt, daß Sie kommen würden.« Der verschlafene Ausdruck wich jetzt rasch von ihrem Gesicht, und als sie weitersprach, wurden ihre Worte von einem Augenaufschlag begleitet, der mich sicher auf dumme Gedanken gebracht hätte, wäre sie zwanzig Jahre jünger und anderthalb Zentner leichter gewesen. »Ein gutaussehender junger Mann mit einer weißen Strähne im Haar«, fuhr sie fort. »Monsieur Lovecraft hat ein Zimmer für Sie reservieren lassen.«
»Hier?« entfuhr es mir.
»Natürlich hier«, antwortete sie, griff zielsicher hinter sich und hielt mir einen handlangen Schlüssel vor das Gesicht. »Zimmer einundzwanzig. Im zweiten Stock.«
Automatisch griff ich nach dem Schlüssel, rührte mich aber nicht von der Stelle, sondern sah unsicher zwischen ihr und der ausgetretenen Treppe hin und her.
»Sie sind sicher, daß er möchte, daß ich –«
»Ganz sicher, junger Mann«, unterbrach mich Madame Dupre. »Um die Miete brauchen Sie sich nicht zu sorgen – Monsieur Lovecraft hat alles im voraus bezahlt. Für zwei Wochen.«
»Aha«, machte ich.
»Er sagte auch, ich solle Ihnen zu essen geben, wenn Sie kommen«, fuhr Madame Scheuerlappen wichtigtuerisch fort. »Es ist zwar schon recht spät, aber für Gäste, die im voraus zahlen, mache ich schon einmal eine Ausnahme.«
»Das ist sehr freundlich«, antwortete ich hastig, »aber es wäre mir im Moment wichtiger, mit Monsieur Lovecraft reden zu können. Welches Zimmer hat er?«
»Zweiundzwanzig«, antwortete sie. »Gleich neben Ihrem. Aber es hat gar keinen Zweck, hochzugehen. Die Herren sind nicht da.« Ihr Augenaufschlag wurde noch verführerischer. »Warum kommen Sie nicht herein? Ich mache Ihnen einen starken Kaffee.«
»Später«, sagte ich eilig, als sie bereits Anstalten machte, die Tür vollends zu öffnen und mich kurzerhand zu sich hereinzuzerren. »Ein Kaffee wäre göttlich, aber es ist im Moment sehr wichtig, daß ich mit Howard spreche. Wissen Sie, wohin er gegangen ist?«
Einen Moment lang blickte mich Madame Dupre fast vorwurfsvoll an, dann seufzte sie, fuhr sich mit einem fettigen Daumen über den Nasenrücken und deutete zur Tür. »In die Oper. Aber es hat gar keinen Zweck, wenn Sie ihnen nachfahren.«
»In die... Oper?« fragte ich zweifelnd. »Sind Sie sicher?«
»Und ob ich sicher bin«, entgegnete sie beleidigt. »Ich habe selbst den Wagen bestellt. Aber es hat keinen Sinn, wenn Sie ihnen nachfahren. Die Vorstellung ist garantiert ausverkauft. Heute ist Premiere, da gibt es schon Tage vorher keine Karten mehr. Und die Vorstellung ist sowieso bald aus. Warum kommen Sie nicht herein und trinken Kaffee mit mir, bis Ihre Freunde zurückkommen? Sie sehen aus, als hätten Sie es nötig«, fügte sie hinzu.
Einen Moment lang war ich wirklich versucht, ihr Angebot anzunehmen; ich war hundemüde und fühlte mich – im wahrsten Sinne des Wortes – ziemlich zerschlagen. Der
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