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Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen

Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen

Titel: Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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geschwollen und rot. Während der letzten Tage war es Howards Hauptbeschäftigung gewesen, sich das Gehirn zu zermartern und auf alles zu besinnen, was er jemals über die Tollwut gehört hatte. Viel war es nicht. Wie jedermann wußte er, daß es diese Krankheit gab und daß sie so unheilbar wie tödlich verlief, aber das war auch schon beinahe alles. Er glaubte, irgendwo einmal gelesen zu haben, daß es Wochen, wenn nicht Monate dauerte, bis ihre Opfer die ersten Symptome bemerkten. Sein geschwollener Arm mochte nur von der verschmutzten Nadel herrühren, mit der er gestochen worden war; aber nicht einmal dessen war er sich sicher.
    Das einzige, was er zu wissen glaubte, war, daß sie ihn hier festhalten würden, bis seine Krankheit im letzten Stadium angelangt war. Dann würden sie ihn freilassen; ein Irrsinniger, dessen Gehirn von Viren zerstört und dessen bloße Berührung tödlich war.
    Howard schauderte. Er hatte daran gedacht, sich selbst zu töten, aber er ahnte, daß seine Rattenwächter jeden Versuch dazu schon im Ansatz vereiteln würden.
    Und er wußte auch nicht, ob er den Mut dazu hatte.
    Das Geräusch von Schritten drang in seine Gedanken und ließ ihn aufsehen. Die Ratten wichen von der Tür zurück, und eine Gestalt trat gebückt in die Zelle. Es war keiner der Rattenmänner, wie er befürchtet hatte, sondern eine junge, verhärmt aussehende Frau, dunkelhaarig und kaum älter als zwanzig. Trotz der Spuren von Müdigkeit und Furcht, die ihr Antlitz gezeichnet hatten, wirkte sie auf die gleiche Weise entschlossen und fest wie alle, die er bisher hier unten getroffen hatte.
    »Kommen Sie mit«, sagte sie.
    Howard stand umständlich auf. Seine Beine waren taub vom langen, reglosen Sitzen, und sein Rücken schien in zwei Teile zerbrechen zu wollen, als er den ersten Schritt tat, aber seine Führerin wartete geduldig, bis er an ihr vorbei und aus der Zelle gegangen war, dann wies sie mit einer einladenden Geste nach links. Begleitet von einem Dutzend Ratten gingen sie los.
    »Wohin führen Sie mich?« fragte Howard, nachdem sie eine Weile durch das sinnverwirrende Labyrinth der Gänge geirrt waren.
    Zu seiner Überraschung bekam er sogar Antwort. »Der Herr verlangt Sie zu sehen«, sagte das Mädchen.
    »Der Herr?« Howard versuchte vergeblich, seiner Stimme einen abfälligen Klang zu verleihen. Alles, was darin mitschwang, war eine grenzenlose Erschöpfung. »Dieses Ungeheuer von Ratte?«
    Das Mädchen wandte mit einem Ruck den Kopf. Ihre Augen blitzten. »Sie ist kein Ungeheuer!« sagte sie scharf. »Hüten Sie Ihre Zunge, Lovecraft. Sie verstehen nichts.«
    »Das will ich auch gar nicht«, antwortete Howard ebenso scharf wie sie. Er wußte, wie sinnlos es war, dieses Gespräch überhaupt zu führen. Aber aus einem Grund, den er selbst nicht ganz begriff, versetzten ihn die Worte des Mädchens in rasende Wut. Vielleicht, weil es gerade ein äußerlich ganz normales, sogar sanft aussehendes Mädchen war, das sie sprach. Fast noch ein Kind.
    »Was ich gesehen habe, war schon mehr als genug«, fuhr er fort.
    Das Mädchen blieb stehen. Ihr Blick flammte vor Zorn. »Sie verstehen nichts«, sagte sie noch einmal. »So wie alle anderen vor Ihnen.«
    »Dann erklären Sie es mir!« verlangte Howard. »Erklären Sie mir, was das alles hier zu bedeuten hat. Erklären Sie mir, warum Sie und Ihre – wie soll ich sie nennen? Brüder und Schwestern? – warum Sie Ihr Leben wegwerfen, um ein Ungeheuer zu erwecken?!«
    Ein abfälliges Lächeln huschte über die Lippen des Mädchens. »Wir werfen unsere Leben nicht fort«, sagte sie heftig. »Was Sie erlebt haben, war unsere Erfüllung. Der Tag, auf den wir seit Generationen gewartet haben.«
    »Ich habe nur einen scheußlichen Mord gesehen«, knurrte Howard.
    »Für Sie mag es so ausgesehen haben, aber was bedeutet das?« fragte das Mädchen. »Was bedeutet der Tod eines einzelnen oder auch von hundert, wenn es um das Schicksal eines Volkes geht?«
    »Wessen?« fragte Howard lauernd. »Das der Menschen, oder der GROSSEN ALTEN?«
    Das Mädchen fuhr zusammen. Einen Moment lang war ihre Selbstsicherheit erschüttert, aber dann hatte sie sich wieder in der Gewalt.
    »Sie irren sich, Mister Lovecraft«, sagte sie. »Shub-Niggurath hat wenig mehr mit den GROSSEN ALTEN zu schaffen als Sie oder ich.«
    »Shub-Niggurath?« Howard keuchte. »Sie... Sie wollen sagen, daß... daß dieses Ungeheuer...«
    »... Shub-Niggurath ist«, beendete das Mädchen den Satz und nickte. »Ja.

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