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Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen

Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen

Titel: Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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mich weiter und gewahrte eine Handvoll Lichter in der entgegengesetzten Richtung. Sie waren klein und blaß, aber es waren keine Sterne, sondern die Lichter einer Stadt oder doch zumindest eines größeren Anwesens. Ganz gleich, was – dort drüben waren Menschen.
    Rasch überzeugte ich mich noch einmal davon, daß Lady Audley in einer einigermaßen bequemen Stellung dalag, nickte ihr noch einmal aufmunternd zu und lief los.
    Der Friedhof war größer, als ich geglaubt hatte. Die wie mit einem Lineal gezogenen Wege erstreckten sich annähernd eine halbe Meile lang dahin, ehe schließlich die zerfallenen Reste einer kniehohen Bruchsteinmauer vor mir aus dem Dunkel auftauchten. Ich entdeckte ein Tor und lief schneller.
    Ein gräßlicher Schrei zerriß die Nacht.
    Abrupt blieb ich stehen, sah mich erschrocken um und griff gleichzeitig nach dem Stockdegen, der noch immer wie ein übergroßer Dolch unter meinem Gürtel steckte. Der Schrei wiederholte sich nicht, aber mit einem Male hatte ich das Gefühl, von huschender Bewegung umgeben zu sein, trappelnde Schritte zu hören, den Blick dunkler, von Mordlust erfüllter Augen auf mir zu spüren.
    Ich vertrieb die Bilder aus meinem Unterbewußtsein und rief mich in Gedanken zur Ordnung. Um mich herum war nichts außer Dunkelheit und ein paar hundert Gräber.
    Und trotzdem...
    Lady Audley und ich waren nicht das einzige Leben auf diesem Friedhof, das spürte ich genau.
    Plötzlich war links von mir eine Bewegung. Ein Schatten huschte durch die Nacht, viel zu groß für eine Ratte, ja, selbst zu groß für einen Menschen. Ein dunkles, schlagendes Geräusch ertönte, dann ein krächzender Laut, wie ein mißglückter Schrei,
    Ein Gefühl eisiger Kälte breitete sich in meinem Inneren aus. Der schlagende Laut wiederholte sich, dann hörte ich etwas, das wie das Rauschen mächtiger Flügel klang, die die Luft teilten.
    »Shadow?« flüsterte ich.
    Keine Antwort. Die Schatten blieben stumm. Aber ich spürte mit jeder Sekunde deutlicher, wie ich belauert und beobachtet wurde.
    Und es war irgend etwas Böses, Hinterlistiges an diesem Lauern.
    Schaudernd versuchte ich, mir den rauschenden Laut noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Ich wußte nicht, was es gewesen war, aber ich war sicher, daß es nicht das Schlagen von Shadows Schwingen war. Es hatte sich... ledrig angehört. Wie das Flappen übergroßer Fledermausschwingen.
    Ein bitterer Geschmack breitete sich auf meiner Zunge aus. Langsam zog ich den Stockdegen aus seiner Umhüllung, schmiegte die Hand fest um den Knauf aus gesprungenem Kristall und sandte ein Stoßgebet zum Himmel, daß mir der Shoggotenstern in seinem Innern auch diesmal helfen möge.
    Langsam, immer wieder stehenbleibend und nach rechts und links sichernd, ging ich weiter. Schatten wogten vor mir auf und ab, und die Nacht schien voller kichernder böser Stimmen.
    »Shadow?« rief ich noch einmal. »Wo bist du?«
    Ich bekam keine Antwort, aber die Nacht fing meine Stimme auf und warf sie als verzerrtes Echo zurück. Es waren sonderbar hohle Echos. Sie klangen falsch. Wieder blieb ich stehen. Der kalte Wind, der mir noch immer ins Gesicht blies, kam mir mit einem Male muffig und abgestanden vor. Aufmerksam sah ich mich um. Alles war unverändert, und trotzdem war irgend etwas an meiner Umgebung falsch. Obwohl mir meine Sinne das Gegenteil sagten, kam ich mir plötzlich vor wie in einer billigen Theaterkulisse.
    Dann bewegte sich einer der Schatten wirklich. Ich fuhr herum, hob den Degen und unterdrückte einen erschrockenen Ruf, als ich erkannte, daß es ein Mensch war, der sich mir näherte. Er taumelte, versuchte sich an einem schräg aus dem Boden stehenden Grabstein abzustützen, verlor den Halt und fiel schwer auf den Boden. Hastig schob ich den Degen in seine Umhüllung zurück und ließ mich neben der Gestalt auf die Knie sinken.
    Es war Shadow. Aber wie hatte sie sich verändert!
    Ihr ehedem strahlend weißes Gewand war zerfetzt und von Schmutz und eingetrocknetem Blut besudelt. Schwarze Brandspuren verunzierten ihr Silberhaar, und ihr Gesicht war eine Maske aus Schmerz und Furcht. Sie stöhnte, versuchte meine Hand abzustreifen und stammelte Worte in einer Sprache, die ich nicht verstand. Ihr Gesicht flackerte; wie ein Bild in einer nicht genau justierten Laterna Magica.
    »Flieh, Robert«, wimmerte sie. »Nimm... Audley und flieh.«
    Ich schüttelte den Kopf, drehte sie entschlossen auf den Rücken und machte Anstalten, sie hochzuheben. Genausogut hätte

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