Der Hexer - NR14 - Dagon - Gott aus der Tiefe
ausgeschaltet, und die instinktive Abwehr, die ihr Bewußtsein gegen die suggestiven Impulse aufbaute, zerbrach schon nach wenigen Sekundenbruchteilen.
»Sie werden hier warten, Several«, sagte ich. »Sie werden sich nicht von der Stelle rühren, ganz gleich, was auch geschieht – außer Sie müssen fliehen. Haben Sie das verstanden?«
Several nickte. Ihre Lippen zitterten, und ihre Augen waren plötzlich groß vor Schrecken. »Was... was tun Sie, Robert?« flüsterte sie.
»Nichts, was Sie beunruhigen muß«, antwortete ich ausweichend. »Ich möchte nur nicht, daß Ihnen irgend etwas zustößt, das ist alles. Sie werden warten, bis ich oder Kapitän Bannermann zurück sind. Wenn bis Mittag keiner von uns kommt, gehen Sie ins Dorf zurück und vergessen, daß Sie mich jemals getroffen haben.«
Wieder nickte sie, und als ich diesmal ihrem Blick begegnete, las ich Furcht darin.
Der Anblick versetzte mir einen tiefen, schmerzhaften Stich, denn es war ein Gefühl, das ich nur zu oft in den Blicken anderer las. Und es war vielleicht das einzige, woran ich mich niemals würde gewöhnen können. Von allen Gefühlen, die man mir entgegenbrachte, war die Angst immer das Stärkste gewesen.
Ich verscheuchte den Gedanken, sah noch einmal zum See und dem Haus auf der anderen Seite hinüber und begann entschlossen, mein Hemd aufzuknöpfen. Die Nachtluft begann sich unangenehm bemerkbar zu machen, denn jetzt, in der Stunde zwischen vier und fünf, waren die Temperaturen bereits empfindlich tief gesunken, und als ich bis auf die Hosen nackt war und den schweren Oxygentank überstreifte, zitterte ich am ganzen Leib.
Several half mir, das komplizierte Gewirr von Schläuchen und Leitungen anzubringen und den Helm überzustreifen. Es war keiner der wuchtigen Kugelhelme, wie sie Nemos Leute trugen, sondern eine leichtere Ausführung, nur für geringe Wassertiefen gedacht, aber von bizarrem Äußerem. Mit etwas Glück, dachte ich spöttisch, würde man mich ebenfalls für ein Seeungeheuer halten, sollte ich zufällig entdeckt werden.
Aber vielleicht war es besser, es nicht darauf ankommen zu lassen...
Vorsichtig erhob ich mich hinter meiner Deckung und begann, gebückt und die dicht an dicht wachsenden Sträucher als Deckung nutzend, die Uferböschung hinabzulaufen. Severals Versteck fiel rasch hinter mir zurück, und auch das mißtönende Geheul der Fischanbeter wurde leiser; ihre Fackeln waren nicht mehr als bloße Stecknadelköpfe in der Dunkelheit, als ich das Ufer erreichte.
Ich zögerte noch einmal, nachdem ich niedergekniet war und die großen Schwimmflossen aus Kautschuk übergestreift hatte, denn vom Wasser stieg ein eisiger Hauch empor, der mir einen Vorgeschmack auf die Kälte lieferte, die mich erwartete. Aber dann schob ich die letzten Bedenken beiseite und ließ mich entschlossen ins Wasser gleiten.
Es war nicht so kalt, wie ich erwartet hatte.
Es war ungefähr fünfzigmal kälter.
Sekundenlang blieb ich mit angehaltenem Atem stehen, dann zwang ich mich, weiter zu gehen, ließ mich nach vorne sinken und machte einen ersten, mühsamen Schwimmzug. Meine Glieder schienen in Sekunden zu Eis zu erstarren, und wo meine Muskeln sein sollten, waren plötzlich knotige Stricke, die zu nichts weiter nutze waren, als weh zu tun. Aber ich zwang mich, mit ruhigen, kraftvollen Bewegungen weiter zu schwimmen, atmete tief und gezwungen langsam ein und aus und versuchte verzweifelt, weder an die Kälte noch an den namenlosen Schrecken zu denken, der am Grunde des schwarzen Wassers auf mich lauern mochte.
Der See schien kein Ende zu nehmen. Ich schwamm ein Stückweit weg vom Ufer. Nemo hatte mir erklärt, daß das Atemgerät mich für etwa eine Stunde am Leben erhalten konnte – was eine halbe Stunde bedeutete, die ich allerhöchstens unter Wasser bleiben durfte, ehe ich den Rückweg antrat. Um den Stollen zu suchen, Bannermann zu befreien und wieder zurückzukommen, keine sehr lange Zeit. Ich mußte mit jedem Atemzug geizen.
Das war der letzte Gedanke, den ich an Nemos Atemgerät verschwendete, denn genau in diesem Moment packte etwas meine Füße und zerrte mich mit furchtbarer Kraft in die Tiefe!
* * *
Spears hatte Durst. Seine Lippen waren so trocken, daß sie bei der geringsten unvorsichtigen Bewegung rissen, und seine Kehle schmerzte.
Die Situation war beinahe absurd – er war umgeben von Wasser, Millionen und Abermillionen Tonnen von Wasser – aber er würde verdursten, wenn er nicht bald hier heraus kam; was
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