Der Hexer - NR14 - Dagon - Gott aus der Tiefe
jener Situationen, in denen es sinnlos gewesen wäre, Pläne zu schmieden. Alles, was ich tun konnte, war, den Dingen ihren Lauf zu lassen und entsprechend zu reagieren. Vielleicht war es dabei nicht unbedingt das Klügste, eine lebende Zeitbombe wie Several bei mir zu haben.
Eine Zeitlang sah ich dem Treiben am Seeufer noch zu, dann robbte ich vorsichtig rücklings aus dem Gebüsch hervor, richtete mich auf Hände und Knien hoch und kroch zu dem verschnürten Bündel mit meiner Ausrüstung zurück. Ich war noch einmal zum Meer hinabgestiegen und hatte einen Teil der Dinge geholt, die mir Nemo mitgegeben hatte. Natürlich nicht alles – der Unterwasserpanzer wäre viel zu schwer gewesen, ihn über Meilen mitzuschleppen, und so hatte ich mich auf Helm, Schwimmflossen und das wuchtige, mit kupfernen Stabilisierungsflossen versehene Atemgerät beschränkt. Und selbst sein Gewicht hatte meine Kräfte beinahe überstiegen.
Several langte neben mir an und sah neugierig zu, wie ich das Bündel auspackte und seinen Inhalt vor mir im Sand verteilte. Sie hatte bisher nicht gefragt, warum ich noch einmal die gefährliche Kletterpartie zum Strand hinab gewagt und mich mit einem Zentner Gepäck abgeschleppt hatte; jetzt regte sich ihre Neugier.
»Was ist das?« fragte sie.
Ich zögerte einen Moment. Es wäre mir ein Leichtes gewesen, ihr irgendwelchen Unsinn zu erzählen. Aber es bestand kein Grund dazu.
»Eine Apparatur, mit deren Hilfe man unter Wasser atmen kann«, antwortete ich. »Wenigstens für eine Weile.«
»Unter Wasser atmen?« Several sah mich an, blickte dann zum See zurück und preßte die Lippen aufeinander. »Sie... wollen dort hinunter?«
»Nicht unbedingt«, antwortete ich. »Wenn ich ehrlich sein soll, gibt es ein paar tausend Dinge, die ich im Moment lieber täte. Aber ich fürchte, mir bleibt keine andere Wahl.«
»Und Ihr... Freund?«
»Bannermann?« Ich zuckte mit den Achseln, hielt für einen Moment in meinem Tun inne und sah zum Haus hinüber, das wie ein schwarzes Ungeheuer auf der anderen Seite des Sees thronte. Several hatte es als »Gut« bezeichnet, und vermutlich war es das auch – aber auf mich wirkte es eher wie eine Festung, finster und groß und jede einzelne Linie seiner Architektur abstoßend und feindselig. Selbst jetzt war es nur als Schatten zu erkennen, aber hinter einem guten halben Dutzend seiner Fenster brannte Licht.
»Wenn er hier ist, ist er dort drüben«, fuhr ich nach sekundenlangem Schweigen fort. »Aber es ist vollkommen unmöglich, unbemerkt dort hineinzukommen. Selbst für mich.«
Wieder schwieg Several einen Moment, dann deutete sie auf die Tauchermaske. »Damit würde es gehen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Es gibt eine Verbindung zwischen dem See und dem Haus«, erklärte Several. »Einen Kanal. Er endet im Keller des Gutshauses, unter dem großen Saal, in dem sie ihre Beschwörungen abhalten.«
»Sind Sie sicher?«
Several nickte. »James hat davon erzählt«, sagte sie. »Er sagte, daß sie ihm oft dort unten geopfert haben. Manchmal sind seine Diener durch den Kanal gekommen, und manchmal ist er selbst auf diesem Wege erschienen, um seine Befehle zu überbringen. Aber ich weiß nicht, wo sein Eingang ist. Irgendwo auf der anderen Seite.« Sie machte eine vage Handbewegung zum Haus hinüber.
Meine Gedanken überschlugen sich fast. Allein die Vorstellung, in diesen See hinabzutauchen und einen finsteren Stollen, von dem ich nicht einmal genau wußte, wo er war, entlangzuschwimmen, krampfte mir den Magen zusammen. Aber so, wie die Dinge lagen, war dies der einzige Weg, unbemerkt ins Haus zu gelangen.
Ich hätte nicht gezögert, geradewegs durch die Vordertür zu marschieren, hätte ich es hier nur mit ein paar Fanatikern zu tun gehabt. Aber unter uns am See tanzten mindestens dreißig Personen im Kreis, und ich schätzte, daß sich im Haus noch einmal die gleiche Anzahl von Männern und Frauen aufhielt; nach allem, was mir Several erzählt hatte. Und mindestens einer von ihnen – das wußte ich seit meiner eigenen schmerzhaften Erfahrung in Aberdeen – verfügte über geistige Kräfte, die den meinen nicht sehr viel nachstanden.
»Werden Sie hier warten?« fragte ich.
Several nickte, aber sie tat es ein wenig zu schnell, für meinen Geschmack. Ich lächelte mit gespielter Erleichterung, als würde ich ihr glauben, hob die Hand und berührte mit den Fingerspitzen ihre Schläfe. Als Several begriff, was ich tat, war es zu spät. Ihr freier Wille war
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