Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Der Hexer - NR27 - Todesvisionen

Titel: Der Hexer - NR27 - Todesvisionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
gegessen hatte.
    Wir waren gegen zehn Uhr morgens aufgebrochen, nachdem wir den Toten beerdigt und das Klagezeremoniell der Indianer vom Götterberg über uns hatten ergehen lassen. Wenn die Felsen auch Schutz gegen die Sonne geboten hatten, so waren wir doch alle froh, sie endlich verlassen zu können.
    Uns allen klang noch das schreckliche Heulen im Ohr, das eine volle Stunde gewährt und dann so plötzlich geendet hatte, wie es begann. Postlethwaite war noch immer überzeugt davon, daß es nur Wölfe sein konnten. Die Indianer waren auf seine Bitte hin ausgeschwärmt und hatten Ausschau nach dem Rudel gehalten.
    Sie hatten nichts gefunden. Natürlich nicht.
    Ich hatte es gleich gespürt. Und auch die anderen hatten nach und nach einsehen müssen, daß wir es hier mit mehr als einer zwar furchtbaren, aber wenigstens normalen Gefahr zu tun hatten.
    Das Heulen war von überall her gekommen, ohne daß wir seinen Ursprung hatten feststellen können. Und es hatte auf schwer in Worte zu fassende Weise böse geklungen.
    Es war einer meiner Alpträume.
    Und diesmal war er Realität gewesen; so wirklich, daß selbst die anderen ihn miterlebten.
    Nicht, daß die Gefahr deshalb zu unterschätzen gewesen wäre; ganz im Gegenteil. Ich hatte am eigenen Leib erfahren, wie real diese Träume werden konnten.
    Ich glaube, Sitting Bull ahnte die Wahrheit. Seit dem Tod des Postens war er noch schweigsamer geworden, obwohl ich das kaum mehr für möglich gehalten hatte. Und wenn ich seinem Blick begegnete, sah ich Furcht und Resignation darin.
    Ich hatte Angst um ihn. Er war ein alter Mann, und wenn er sich selbst aufgab, konnte ihm niemand mehr helfen. Alle Kraft schien aus ihm gewichen zu sein. Als ich ihn kennenlernte, vor nicht einmal drei Wochen, war er ein stolzer, kraftvoller Mann gewesen, verbittert zwar ob der Schicksalsschläge, die ihn und sein Volk getroffen hatten, aber doch ein Mensch mit ungebrochenem Lebenswillen.
    Jetzt war er nur noch... müde.
    Ich schüttelte die düsteren Gedanken mühsam ab und blickte mich um. Unser Zug umfaßte fünfzehn Mann: den Häuptling, Buffalo Bill und Annie, Lancelot Postlethwaite, Ixmal mit neun seiner Krieger – und meine Wenigkeit.
    Die übrigen zehn Indianer waren vorausgeritten, um den Weg zu erkunden und ein Wasserloch zu finden, von dem Ixmal wußte, daß es hier in der Nähe sein mußte. Das letzte Wasser, bevor die Wüste vollends von der Welt bis zum Horizont Besitz ergriff.
    Wir bewegten uns nur langsam unter der drückenden Mittagshitze, und oftmals mußten wir von den Rücken unserer Pferde steigen, um den durstigen Tieren eine Verschnaufpause zu gönnen. Und nicht nur ihnen.
    Annie konnte sich kaum noch im Sattel halten. Sie war blaß geworden, und ihr Gesicht zeigte immer öfter einen Ausdruck völliger Leere. Die Schrecken der letzten Wochen waren zuviel für sie gewesen, und der grauenvolle Anblick des toten Wächters mußte ihr den letzten Funken Optimismus geraubt haben, den sie bis dahin noch empfunden haben mochte.
    Bill hatte begonnen, sein Weltbild umzukrempeln; er war ruhiger und verstockter geworden und schien schweren Gedanken nachzuhängen. Eine Reaktion, die ich nicht zum erstenmal bei einem Menschen beobachtete. Alle, die längere Zeit mit mir in Berührung kamen, veränderten sich; die wenigsten zu ihrem Besten.
    Es war der Fluch. Der Fluch meines Erbes, mit dem ich leben mußte.
    ICH! schrie es in mir. Ich konnte damit leben, wenn es mir auch schwerfiel. Ich mußte mich damit abfinden, wenn ich überleben wollte. Aber warum, in Gottes Namen, mußte ich immer wieder Unschuldige in meine ureigensten Angelegenheiten hineinziehen?
    Diese Alpträume waren nur der jüngste Beweis in der Kette unheilvoller Geschehnisse. Reichte es nicht, wenn sie mein Leben bedrohten? Mußten auch noch andere Menschen sterben, damit ich mein Ziel erreichen konnte?
    Die Drachenburg.
    Wie viele waren gestorben, um mich allein in ihre Nähe zu bringen? Wie viele würden noch ihr Leben lassen?
    »Ganz schön heiß, was?«
    Bill hatte sein Pferd angetrieben und zu mir aufgeschlossen. Wie ich ritt er eines von Postlethwaites Packpferden. Wir wußten, daß die Tiere nicht mehr lange durchhalten würden. Sie waren nicht so widerstandsfähig und an die extremen Temperaturen gewöhnt wie die zähen Ponys der Indianer. Zwei, höchstens drei Tage noch, und sie würden unter uns zusammenbrechen.
    »Jetzt einen Stone Fence und ein heißes Bad, und mir geht’s gleich besser«, tönte Bill

Weitere Kostenlose Bücher