Der Hexer - NR27 - Todesvisionen
atmete ich erleichtert auf – ich hatte Sitting Bull entdeckt.
Der alte Häuptling hockte zusammengesunken jenseits des Wasserlochs im Sand und schien irgend etwas auf dem Boden zu verteilen. Ich kniff die Augen zusammen, konnte aber auf die Entfernung nicht erkennen, was er tat.
»Runter mit dir, Robert!« zischte Bill neben mir, gerade, als ich den Häuptling rufen wollte. »Willst du, daß sie uns gleich entdecken, wenn sie hier auftauchen?«
Ich warf noch einen letzten Blick zu Sitting Bull hinüber, sah aber ein, daß Bill Cody recht hatte, und ließ mich wieder gegen den Fels sinken. Ganz gleich, was Sitting Bull vorhatte – er mußte wissen, was er tat.
Eine gespannte Stille legte sich über die Szenerie. Niemand sagte mehr ein Wort. Dafür dröhnte mein eigener Herzschlag überlaut in meinen Ohren. Ich packte den Knauf meines Stockdegens fester und umschloß mit der Linken den kleinen Shoggotenstern.
Ich wußte: Wenn Necron diese Wölfe (oder was immer es war) geschickt hatte, halfen uns weder Gewehre noch Pfeile. Dann lag unser aller Schicksal allein in meinen Händen.
Mir blieb nur zu hoffen, daß ich mich irrte.
Aber diese Hoffnung war nur von kurzer Dauer. Ein schauriges Heulen durchbrach die Stille und ließ etwas in mir zu Eis gefrieren. Ich konnte fast sehen, wie die dunkle, unendlich böse Nebelwolke einer Brandung gleich über die Düne wallte.
Und dann, von einer Sekunde auf die nächste, waren sie heran!
* * *
Im ersten Moment glaubte ich tatsächlich, daß es sich um Wölfe handelte. Dann erkannte ich meinen Irrtum – diese Tiere waren größer! Größer und irgendwie schlanker, von sehnigem Körperbau. Und sie alle waren nicht mehr als durchsichtige Schemen, die im silbernen Mondlicht zu geisterhaftem Glanz erstrahlten.
Es waren HUNDE!
Ich hatte kaum Zeit, meiner Überraschung Herr zu werden. Mit wenigen Sätzen hatten die Größten dieser Bestien die kurze Distanz überwunden und sich auf uns gestürzt. Alles ging derart schnell vonstatten, daß keiner von uns bisher zum Schuß gekommen war.
Nun sirrten die ersten Pfeile durch die Luft, trafen die heranjagenden Körper – und gingen durch sie hindurch, als würden sie tatsächlich nur aus einem Nebelhauch bestehen.
Und doch waren ihre Pranken und Zähne Wirklichkeit. Ich fuhr herum, als hinter mir ein entsetzter Schrei erklang. Einer der Indianer war von einem riesigen Dobermann niedergerissen worden. Er wehrte sich verzweifelt gegen das mächtige Tier, versuchte seine Kehle zu packen – und griff durch den Körper hindurch.
Der Hund schnappte zu, und der gellende Schrei verstummte abrupt.
Neben mir dröhnten Schüsse auf. Ich fuhr zusammen und duckte mich instinktiv. Die Bewegung rettete mir wahrscheinlich das Leben.
Ein langgestreckter Körper flog über mich hinweg, streifte meine Schulter und ließ mich zu Boden stürzen. Als ich mich abrollte und von meinem eigenen Schwung getragen wieder auf die Beine kam, sah ich, wie Annie auf das Tier anlegte.
Eine grelle Feuerlanze stach aus der Waffe; im gleichen Moment, als der graue Killer auf dem Boden aufkam und mit einem dumpfen Knurren herumwirbelte. Die Kugel traf ihn genau zwischen die Augen. Und schlug zwei Yards hinter ihm in den Sand.
Auch Blei konnte diesen reißenden Bestien nichts anhaben! Jetzt lag es an mir, dem mordgierigen Tier den Garaus zu machen.
Mit einem Schrei hob ich den Degen. Das Mondlicht spiegelte sich auf der scharfen Klinge und ließ sie wie ein feuriges Schwert aufleuchten.
Das Tier, eine große, muskulöse Dogge, wich knurrend zurück. Ihre Nackenhaare sträubten sich. Sie schien die Gefahr zu spüren, die von der magischen Waffe ausging.
Ihr Zögern gab mir neuen Mut. Mit einem Sprung war ich bei der Bestie, holte weit mit dem Degen aus – und schlug mit aller Macht zu.
Die silberne Klinge fuhr durch ihren Nebelkörper, ohne auf Widerstand zu treffen. Und zeigte keine Wirkung!
Für eine endlose Sekunde war ich wie betäubt. Fassungslos starrte ich auf das nachtschwarze Tier, sah, wie es sich zum Sprung duckte, wie flockiger Geifer von seinen Lefzen tropfte, wie es sich abstieß und auf mich zuflog.
Es war, als hätte die Zeit selbst sich verlangsamt, als wären mit einem Male alle Bewegungen um mich herum Bestandteile eines grausamen Balletts, dessen Finale im Tod enden mußte. Gleichzeitig mit dem Heranfliegen des Hundes sah ich die erste Welle der grauen Killer über die Indianer hereinbrechen, sah die Krieger fallen unter dem
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