Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt

Titel: Der Hexer - NR33 - Wer die Götter erzürnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
Stirn. Im Geiste erhöhte er seinen Anteil auf fünfundachtzig Prozent. »In fünf Minuten bist du wieder hier und löst mich ab«, knurrte er. »Ist das klar?«
    »’türlich, Jack. Fünf Minuten.« Smiley tippte sich mit zwei Fingern an den Rand seiner Schiebermütze und schlug den Mantelkragen hoch. Dann verschwand er in der Dunkelheit zwischen den Gräbern.
    Kaum war er außer Sichtweite, kramte er in seinen Taschen herum und zog einen Zigarettenstummel und ein Zündholz hervor. Er ratschte es über einen Grabstein und schirmte die Flamme mit beiden Händen ab, als er die Kippe entzündete. Gierig zog er den Rauch in seine Lungen.
    »Scheiß-Job«, fluchte er leise. »Dieser Mulligan ist ‘n krummer Hund. Der bringt’s glatt fertig und haut mich über’s Ohr. Muß höllisch aufpassen. Scheiß-Job, das.« Er warf das Zündholz zu Boden und trat es aus. Dann setzte er sich wieder in Bewegung.
    Der Friedhof lag still und tot vor ihm. Nur die verkrüppelten Trauerweiden wiegten sich im Nachtwind und sangen ihr ewiges Lied. In der Ferne schrie ein Nachtvogel. Von den nahen Docks klang das Nebelhorn eines Kutters auf. Verdammter Nebel, verdammter! Ratten mögen keinen Nebel. Smiley blieb einen Moment stehen und sah sich um. Unheimliche Schatten tanzten zwischen den Gräbern und niedrigen Büschen; Schatten, in denen Laub raschelte, und die mit dürren Spinnenfingern nach ihm zu greifen schienen.
    »Was soll der Blödsinn?« Smiley stieß ärgerlich eine Rauchwolke aus. »Hast du etwa Schiß vor’n paar toten Leichen?« Er schüttelte grinsend den Kopf. Schon mehr als einmal hatte er die Nacht in irgendeiner aufgebrochenen Gruft verbracht, in Ermangelung eines Pennys für das Obdachlosenasyl. Was war heute nur los mit ihm?
    Klar, die Aufregung. Wenn die Greifer sie hier erwischten, hatten sie eine Unterkunft; für die nächsten fünf Jahre sogar. Allerdings reichlich eng und ohne besonderen Service.
    Smiley ließ sich auf eine Grabumfassung sinken und streckte die Beine von sich. Die Kippe war verbraucht; wenn er jetzt noch einen Zug tat, verbrannte er sich nur die Lippen. Er warf sie in hohem Bogen über die Schulter.
    Ein leises, fast unhörbares Geräusch klang hinter ihm auf. Ein Rascheln, das nicht von dem Stummel rühren konnte, der in trockenes Laub fiel! Smiley fuhr herum. Aber da war nichts. Verdammt, spielte er jetzt schon verrückt? Sein Blick streifte den verwitterten Grabstein. »Donald Ashley Robinson, 1734 bis 1765«, las er. »Hast du mich erschreckt, alter Knabe?« Ein Grinsen huschte über sein schmales, spitzes Gesicht.
    Das Grab war verrottet und ungepflegt. Wenn es noch Angehörige der Robinson-Sippe gab, so scherten sie sich nicht sonderlich um ihren Ahnherrn. Wildes Unkraut und Löwenzahn überwucherten den eingefallenen Erdhügel. Und –
    Smiley erstarrte. Hatte sich da nicht eben etwas bewegt? Da – schon wieder! In der Mitte des Hügels lösten sich einige Erdkrumen und rollten auf Smiley zu.
    Mit einem unterdrückten Schrei fuhr der Rattengesichtige in die Höhe und starrte fassungslos auf einen kreisförmigen Trichter, der sich auf dem Grab gebildet hatte und in dem weitere Erdklumpen verschwanden. Etwas, das wie ein fetter weißer Wurm aussah, krümmte sich aus der Öffnung. Dann folgte ein zweiter, ein dritter... Das war eine Hand! Knochenfinger! Smiley taumelte zurück. Das Entsetzen schnürte ihm die Kehle zu.
    Ein zweiter Trichter entstand, wurde größer und größer, und auch hier tastete sich eine bleiche Knochenhand ins Freie. Schließlich brach der ganze Erdhügel ein und gab den Blick auf fleckige, von Moder überzogene Rippen frei. Ein grinsender Totenschädel richtete sich auf und stierte Smiley aus leeren Augenhöhlen an...
    Smiley Johnson wirbelte herum. In seinem Gehirn war nur noch Platz für wilde, unbändige Panik. Er handelte rein instinktiv, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Ratten sind feige, Smiley. Ratten rennen, wenn es an ihr Leben geht. Weg von hier, nur weg!
    Er stolperte über eine Grabeinfassung und schlug schwer zu Boden, mit dem Oberkörper auf das Bett eines weiteren Grabes. Vor seinen Augen wuchs eine verzerrte Klaue aus dem Erdreich. Eine Hand, an der noch Hautfetzen klebten!
    Smiley wälzte sich mit einem irren Schrei zur Seite. Etwas in ihm schien zu zerbrechen; er begann schrill zu lachen und kroch auf allen vieren weiter, spürte nicht einmal, wie der Stoff seiner Leinenhose aufriß und die blanken Knie über den großen Kiesweg

Weitere Kostenlose Bücher