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Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London

Titel: Der Hexer - NR36 - Das Hirn von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene
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sagte. Und die Hartnäckigkeit der Dharan, die trotz des immer heftiger werdenden Sandsturmes offenbar nicht im Traum daran dachten, die Verfolgung aufzugeben, sprach für sich.
    Henry Baskerville stieß einen Fluch aus und griff nach dem Gewehr, das im Sattelholster seines Pferdes steckte. Er entsicherte die Waffe, wandte abermals den Blick und feuerte dicht hintereinander mehrere Schüsse ab. Natürlich bestand nicht die geringste Chance, einen der Verfolger zu treffen, aber das war auch gar nicht seine Absicht. Er wollte die Beduinenkrieger erschrecken, nicht verletzen oder gar töten.
    Aber seine schwache Hoffnung, die Dharan einschüchtern zu können, erfüllte sich nicht. Im Gegenteil. Die Schüsse schienen die Beduinen nur noch zorniger zu machen. Fernes Wutgebrüll, so laut, daß es selbst das Heulen des Windes übertönte, erscholl als Antwort auf seine Salve. Und die verschwommenen Silhouetten der Beduinen schienen wieder ein bißchen größer zu werden. Baskerville steckte die Waffe ins Holster zurück und konzentrierte sich darauf, sein Pferd zu noch schnellerem Galopp anzutreiben. Chalef hatte Mühe, nicht den Anschluß an seinen Herrn zu verlieren.
    Trotz allen Bemühens jedoch, trotz des wütenden Sturms, trotz des dunkler und dunkler werdenden Himmels schmolz sein Abstand zu den Verfolgern zusehends. Inzwischen waren sie so nahe herangekommen, daß eine Gewehrkugel jetzt vielleicht doch Aussichten gehabt hätte, ihr Ziel zu treffen. Dennoch machte Henry Baskerville keine Anstalten, abermals nach dem Gewehr zu greifen. Auch wenn er möglicherweise sein Leben aufs Spiel setzte, widerstrebte es ihm zutiefst, auf Männer zu schießen, die letzten Endes nur den Gesetzen ihrer Kultur gehorchten.
    Die Dharan machten allerdings ebenfalls keinen Gebrauch von ihren Feuerwaffen. Ein gutes Zeichen? Wohl eher ein böses, dachte Baskerville düster. Offenbar wollten ihn die Beduinen lebend in die Hände zu bekommen. Und was sie dann mit ihm anstellen würden...
    Er beugte sich tief über den Hals seines Reittiers, um dem Wind möglichst wenig Widerstand entgegenzusetzen und das Fortkommen zu verbessern.
    Aber es war aussichtslos. Die Wüstensöhne hatten anscheinend die besseren Pferde und waren fraglos auch die besseren Reiter. Dichter und dichter schlossen sie auf. Schon war deutlich ihr heiseres Triumphgeschrei zu vernehmen. Sie wähnten sich ihres Opfers völlig sicher.
    Noch zehn Pferdelängen, acht, sechs, vier...
    Henry Baskerville war schon im Begriff, sein Reittier zu zügeln und schlichtweg aufzugeben, als es geschah.
    Plötzlich zuckte ein gleißender Blitz nieder, begleitet von einem krachenden Donnerschlag, der den Männern fast die Trommelfelle platzen ließ, und schlug genau in der Mitte zwischen Verfolgern und Verfolgten in den Wüstensand ein. Doch es war kein Blitz, wie er bei einem normalen Gewitter vorkam – ein solches hatte den Sandsturm auch gar nicht begleitet. Es war ein Blitz, wie er weder Henry Baskerville und Chalef noch den Beduinen jemals zu Augen gekommen war. Grell zwar und schmerzhaft für die Netzhaut des menschlichen Auges, aber nicht lichtweiß, sondern von einem krankhaft leuchtenden Rot, das unwillkürlich an... Blut denken ließ. Und er ließ in seiner gleißenden Säule scharf umrissene Konturen erkennen!
    Die Gestalt eines tanzenden Derwischs, eines Dschinns oder eines rächenden Engels.
    Sekundenlang hing der geheimnisvolle Blitz wie zu Eis erstarrt zwischen Himmel und Erde. Die Pferde der Beduinenkrieger bäumten sich auf, als seien sie gegen eine Wand geprallt, und mehr als eines warf seinen Reiter ab und ging schlichtweg durch. Die Dharan, nicht weniger erschrocken als ihre Reittiere, zerrten heftig an den Zügeln, rissen die Pferde herum und jagten in wilder Flucht in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Sie schienen Baskerville und seinen Diener völlig vergessen zu haben.
    Die grellroten Linien des Blitzes verblaßten. Und fast so, als ob das Verschwinden der Leuchterscheinung ein geheimes Zeichen an die Natur gewesen wäre, kam auch der Sturm zum Erliegen. Die hochgepeitschten Sandkörner sanken zu Boden, mit einem Male ihrer Kraft beraubt, das Heulen des Winds wurde zu einem Säuseln, der Schleier vor der untergehenden Sonne zerriß. Plötzlich lag eine friedvolle Wüste im sanften Abendrot vor Henry Baskerville und seinem Diener.
    Die beiden brauchten eine ganze Weile, um sich von dem Schock zu erholen. Chalef war der erste, der wieder Worte

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