Der Hexer - NR37 - In der Festung des Dschinn
zu begreifen, wie ich mich fühlte.
»Nur zu, mein lieber Craven!« dröhnte McFarlanes Stimme hinter mir. »Es ist nicht viel schwerer als Kutschfahren.«
Ich schenkte ihm einen bösen Blick, kletterte umständlich zwischen die beiden Höcker des Kamels – und fiel auf der anderen Seite wieder herunter, als das Tier die Hinterläufe auseinanderfaltete und sich in die Höhe stemmte. Hier und da begannen ein paar Männer zu lachen, und auch in Letitias Augen blitzte es amüsiert, als ich mich fluchend aufrichtete, mir den Staub aus den Kleidern klopfte und wartete, bis einer der allgegenwärtigen arabischen Diener herbeigeeilt war und das Kamel wieder zum Hinlegen überredet hatte.
Beim zweiten Versuch war ich darauf vorbereitet, daß sich das heimtückische Ungeheuer mit dem Hinterteil zuerst erhob.
Nicht darauf vorbereitet war ich, daß es nach rechts kippte, kaum daß es auf seinen unmöglich langen Beinen stand. Immerhin konnte ich mich an seinem borstigen Fell festklammern, so daß ich wenigstens nicht wieder im Dreck landete. Aber ich machte alles andere als eine gute Figur.
Mühsam krabbelte ich wieder in die sattelähnliche Konstruktion, die zwischen seinen Höckern angebracht war, suchte vergebens nach so etwas wie einem Zügel, und krallte mich im letzten Augenblick wieder fest, als das heimtückische Vieh diesmal zur anderen Seite kippte und mich von seinem Rücken zu schütteln versuchte.
Das schadenfrohe Lachen aus den Reihen der Highlander war mittlerweile deutlich lauter geworden, und auch McFarlane grinste dämlich, während ich versuchte, das Kamel in die Richtung zu lenken, in die es gehen sollte. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, daß das hinterhältige Schütteln meines Reittieres keineswegs eine besondere Gehässigkeit darstellte, sondern die ganz normale Fortbewegungsart des Kamels. Ich begann zu ahnen, warum man diese Tiere Wüstenschiffe nannte.
Habe ich schon erwähnt, daß ich Schiffe hasse? Ganz egal, welche Vorsilbe vor ihnen steht?
Miss Letitia, ein Dutzend Lastkamele und meine Wenigkeit bildeten den Abschluß der langen Kolonne, die das Lager unter der Dattelpalmen verließ. Wir wandten uns nach Süden, was meine Hoffnung, dieses ungastliche Stück Erde in absehbarer Zeit verlassen und in die Zivilisation zurückkehren zu können, ein wenig aufleben ließ. Den Plan, in das Araberdorf zurückzukehren und in der Moschee nach irgendwelchen Spuren des Tores zu suchen, durch das ich hergekommen war, hatte ich fast ebensoschnell wieder aufgegeben wie ich ihn erwogen hatte. Ich gehörte vielleicht zu dem kleinen Grüppchen Auserwählter, das überhaupt von der Existenz dieses die ganze Welt umspannenden Transportsystemes wußte – aber das bedeutete noch lange nicht, daß ich in der Lage war, damit umzugehen. Ich konnte praktisch auf einem Tor stehen, ohne es auch nur zu bemerken, solange es nicht aktiviert war.
Und ich hatte keine Ahnung, wie man das tat. Doch selbst wenn, wäre das Risiko zu groß gewesen, mich vielleicht auf dem Gipfel des Himalaya wiederzufinden. Oder fünfhundert Faden tief unter Wasser. Oder in der liebevollen Umarmung eines schleimigen Tentakelwesens. Nein – für meinen Weg zurück nach London gab es nur eine Möglichkeit: die lange, beschwerliche Reise über Land und per Schiff.
Als ich an diesem Punkt meiner Überlegungen angekommen war, bemerkte ich, wie Miss Letitia einem ihrer arabischen Diener etwas zuflüsterte. Augenblicke später wieselte der Mann herum und zerrte die drei hochbeladenen Lastkamele zurück, die sich noch zwischen mir und Mandon Trouwnes unverheirateter Tochter befunden hatten, während Letitia ihr Reittier mit einer nicht sehr eleganten, aber dafür gekonnten Bewegung auf mich zu und an meine Seite trieb.
»Auf diese Weise können wir uns am besten unterhalten, Mister Craven«, sagte sie zuckersüß. »Der Weg ist recht weit, wissen Sie, und es gibt ja nichts Grauenvolleres als diese Langeweile hier.«
In diesem Punkt war ich entschieden anderer Meinung, aber meine Höflichkeit verbot es mir, sie über ihren Irrtum aufzuklären.
»Und Sie wohnen wirklich in diesem wunderschönen Haus am Ashton Place, Mister Craven?« begann sie. »Ich habe es in London immer wieder bewundert. Es ist so groß und stattlich und besitzt so ein gewisses Etwas, das man kaum erklären kann. Man hat fast das Gefühl, als wenn dieses Haus einen eigenen Charakter besitzt!«
Wenn du wüßtest, dachte ich verärgert, ohne jedoch eine Lösung zu
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