Der Hexer - NR39 - Die Rache des Schwertes
verkrümmter Haltung, um den Tritten und Kolbenstößen auszuweichen, mit denen ihn die Mamelucken traktierten. Trotzdem kam nicht der mindeste Schmerzlaut über seine Lippen. Aber seine Augen flammten förmlich vor Zorn, als er Guillaume de Saint Denis erblickte. Mühsam rollte er sich herum und kämpfte sich in eine halb kniende, halb liegende Haltung hoch.
»Du eidbrüchiger Hund!« keuchte er. »Du Sohn eines Hundes! Du Diener eines räudigen Schweines und Gefährte von quiekenden Ratten! Dafür wird dich die Dschehenna verschlingen! Euer Christengott wird dich in die Hölle schicken, wenn es ihn gibt.«
Guillaume de Saint Denis starrte mit unbewegtem Gesicht auf ihn herab. Dann – noch immer, ohne eine Miene zu verziehen – gab er Sill einen Fußtritt, der ihn abermals hintenüber kippen und sich stöhnend im Sand krümmen ließ.
»Das war für den Pfeil, den du mir in die Hand geschossen hast, du Hund«, sagte er. Er versetzte Sill einen zweiten, noch gemeineren Tritt. »Und das für Bruder Renard.«
»Hör endlich auf«, sagte ich wütend.
Guillaume fuhr herum, starrte mich einen Moment aus kalt glitzernden Augen an und schien zu überlegen, ob er auch mir einen Tritt geben solle. Aber dann lächelte er nur kalt, ließ sich vor mir in die Hocke sinken und brachte sein Gesicht ganz dicht an das meine heran.
»Mein Freund aus England«, sagte er. »Wie schön, dich wiederzusehen, Bruder Robert. Ich hoffe, du hast dich nicht zu sehr gelangweilt während meiner Abwesenheit.« Und damit versetzte er mir einen Fausthieb, der meine kaum geheilte Lippe wieder aufplatzen ließ.
»Hund!« stöhnte Sill. Guillaume wandte den Kopf und sah ihn mit betont desinteressiertem Gesichtsausdruck an.
»Verdammter, feiger Hund«, fuhr Sill fort. »Jetzt, wo wir gefesselt und hilflos sind, fühlst du dich stark, du elender Feigling. Doch den Kampf hast du anderen überlassen. Ist das eure Ritterehre, Christ?«
»Du wirst in der Hölle schmoren, Hund von einem Heiden. Allein schon wegen deiner Dummheit«, antwortete Guillaume lächelnd. Er schüttelte den Kopf. »Oder hast du wirklich geglaubt, daß ein Schwur, den ich dir leiste, vor Gott Gültigkeit besitzt? Du bist ein Ungläubiger.«
»Sie haben diesen Schwur auch mir gegenüber geleistet«, sagte ich, obwohl ich mir der Gefahr bewußt war, mir weitere Schläge einzuhandeln. Trotzdem fügte ich hinzu: »Und ich bin ein Christ! Was sagt Ihr Gewissen dazu?«
Für einen Augenblick merkte ich ihm den Schrecken deutlich an. Seine rechte Hand berührte unwillkürlich das Kreuz auf seiner Brust, auf das er den Schwur geleistet hatte. Doch er hatte sein Gewissen schnell wieder beruhigt.
»Christ?« wiederholte er fragend. »Du bist kein Christ, Bruder Robert. Wenn du es jemals warst, dann hast du einen Anspruch darauf längst verspielt. Du bist ein Ketzer. Leute wie du sind noch zehnmal schlimmer als das Heidengesindel, das in dieser Wüste lebt!«
»Warum bringen wir die Kerle nicht endlich um, damit wir ihr Wimmern nicht mehr hören müssen?« fragte de Cadoux knurrend.
»Warum?« wiederholte de Saint Denis und nahm den Helm ab, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. »Warum sollen wir sie hier töten, Bruder? Ich halte es für besser, die beiden de Valois vorzuführen. Der Desert-Master wird zufrieden sein, wenn er dem Schatten des Todes mit eigener Hand ein Ende macht.« Er setzte sich vollends in den Sand, beugte sich vor und zog mir mit einer raschen Geste das Yighhurat aus dem Gürtel. Einen Moment lang drehte er den so harmlos aussehenden Kristall in der Hand, dann zuckte er mit, den Achseln, verbarg ihn unter seinem Gewand und sah wieder prüfend auf mich herab. »Du bist ein sonderbarer Mann, Bruder Robert. Ein Ketzer, sicher, aber eigentlich kein Narr. Warum hast du das Auge nicht benutzt, uns zu vernichten?«
Die Antwort auf diese Frage hätte mich selbst brennend interessiert. Aber ich schwieg verbissen. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, daß ich es nicht einmal gekonnt hätte, hätte ich es gewollt.
Guillaume seufzte erneut, richtete sich wieder auf und beugte sich über Sill. »Nun wollen wir sehen, welches Schurkengesicht sich hinter dieser Maske verbirgt«, knurrte er, streckte die Hand nach Sills Turban aus und riß ihn mit einem heftigen Ruck ab.
Seine Augen weiteten sich. Das höhnische Lachen, das sich auf seinen Zügen ausgebreitet hatte, erstarrte. Ein Ausdruck ungläubiger Überraschung trat in seine Augen.
Und plötzlich wurde es
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