Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel
hätten das Mädchen ebensogut herschaffen können, dabei konnte nicht viel schiefgehen. Wahrscheinlich haben sie Robert unterschätzt und trauen sich nicht, es zuzugeben.«
»Du weißt genau, daß so etwas nicht möglich ist. Sie sind mir bedingungslos ergeben und können überhaupt nicht lügen.«
»Dann haben sie eben irgendeinen Fehler gemacht, ohne es zu merken«, fauchte Priscylla. »Das ist jetzt gleichgültig. Tatsache ist, daß Robert nicht gekommen ist, obwohl du gesagt hast, daß das Serum ihn auf direktem Wege hätte hierher treiben müssen. Diese Idioten hätten ihn direkt herbringen sollen, statt nur auf die Wirkung der Injektion zu vertrauen. Vielleicht hat diese unbekannte Frau mit seinem Verschwinden zu tun. Sie hätten sie nicht entkommen lassen dürfen.«
»Also gut, etwas ist schiefgegangen«, lenkte Jackson ein. Ihm war der neuerliche Schatten, der bei der Erwähnung der Unbekannten über Priscyllas Gesicht gehuscht war, nicht entgangen. »Wenn diese Frau etwas damit zu tun hat, werden wir es herausfinden. Es ist ohnehin günstiger, sie als Zeugin aus dem Weg zu schaffen.«
»Was willst du tun?« erkundigte sich Priscylla, doch das triumphierende Funkeln in ihren Augen zeigte ihm, daß sie es längst wußte.
* * *
Eine eisige Hand schien nach meinem Herz zu greifen und es zusammenzupressen. Eine Gänsehaut lief über meinen Rücken. Im meinem Mund war ein bitterer Geschmack wie nach Erbrochenem.
Jemand preßte mir den Lauf einer Pistole in den Rücken, und seine Stimme hatte überaus nervös geklungen. Geradeso, als ob er am liebsten direkt abgedrückt hätte, statt überhaupt mit mir zu reden.
Ganz langsam, um den Unbekannten nicht durch eine heftige Bewegung auf für mich vermutlich sehr ungesunde Gedanken zu bringen, drehte ich die Handflächen nach außen und hob dann ebenso langsam die Arme.
Ich hörte Schritte, die einem zweiten Mann gehörten, der im nächsten Moment im Abstand von einigen Schritten in mein Blickfeld trat. Auch er hielt eine Pistole in den Händen, die auf mich zielte.
Im ersten Moment wollte ich erleichtert aufatmen, als ich erkannte, daß er eine Polizeiuniform trug, aber etwas in seinem Blick warnte mich. Er schaute mich keineswegs so an, wie man einen Passanten anblickte, der einem verdächtig erschienen war und den man routinemäßig kontrollierte. Eine solche Kontrolle hätte ich den beiden Beamten bei meinem Aussehen und Verhalten nicht einmal übelnehmen können, so unpassend sie für mich auch kam, da ich nicht einmal Papiere bei mir trug. Ein paar Stunden in einer feuchtkalten Gefängniszelle waren das mindeste, was mich erwartete, falls die beiden auf die Idee kamen, mich unter irgendeinem Vorwand festzunehmen. Und wenn Howard mich, wie befürchtet, nicht erkennen sollte, konnte die Lage ausgesprochen ungemütlich für mich werden.
Gelinde ausgedrückt.
Doch es handelte sich ganz und gar nicht um eine Routinekontrolle. Darauf deutete nicht nur hin, daß es sich nicht um Bobbys, sondern um Kriminalbeamte handelte, auch nicht nur ihr übermäßig vorsichtiges Vorgehen, sondern ihre ganze Mimik und Körpersprache.
Die Polizisten, zumindest der Mann, den ich sehen konnte, hatten Angst. Eine Angst, wie man sie höchstens einem schießwütigen Killer gegenüber empfand.
»In Ordnung, durchsuch ihn«, stieß er an seinen Kollegen gewandt hervor. Die Mündung verschwand aus meinem Rücken, dafür spürte ich Hände, die mich von Kopf bis Fuß gründlich abtasteten. Der Stockdegen wurde mir aus dem Gürtel gezogen und achtlos zur Seite geworfen.
Schließlich richtete der Polizist sich wieder auf. Erneut war ich nahe daran, halbwegs erleichtert aufzuatmen, als meine Hände kraftvoll nach hinten gerissen wurden. Mühsam unterdrückte ich einen Schmerzensschrei. Metall schloß sich mit hörbarem Klicken um meine Handgelenke. Die Handschellen saßen so fest, daß sie mir das Blut abschnürten. Angesichts der genau auf meinen Kopf gerichteten Waffe und des nervösen Flackerns in den Augen meines Gegenüber ließ ich es ohne Gegenwehr über mich ergehen.
»Er ist unbewaffnet«, rief der Polizist.
»Das hätte ich Ihnen gleich sagen können«, erklärte ich grimmig. Wut darüber, wie ein Schwerverbrecher behandelt zu werden, schoß in mir hoch. »Würden Sie mir nun endlich erklären, was das bedeuten soll? Ist es neuerdings verboten, nachts spazierenzugehen?«
»Dir werden die Späße schon noch vergehen«, knurrte der Beamte hinter mir. Auch er umrundete
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