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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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ihnen allerdings wirklich eine satte Strafe. Schließlich hatten sie den höchsten Würdenträger des Klosters soeben beinahe umgebracht.
    »Hochwürden, ich … ich verstehe nicht …«, setzte der Medicus neu an.
    »Vielleicht mag der Abt uns ja selbst erklären, was er hier zu suchen hat«, unterbrach ihn Jakob Kuisl. »In meinem Brief heute Mittag hab ich mich nur als sein Bruder Virgilius ausgegeben und geschrieben, dass die Monstranz mit den Hostien hier versteckt ist.« Er spuckte lautstark aus. »Dass sich Hochwürden so ganz allein in die Höhle des Löwen begibt, zeigt, dass er wahrscheinlich viel mehr weiß als wir alle zusammen. Auch über den Hostienraub. Schließlich hat er die Reliquien ja selbst gestohlen. Nicht wahr? »
    Maurus Rambeck zuckte kurz zusammen, seine Augen flackerten, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Was für ein Unsinn!«, fauchte er. »Überhaupt, was soll das alles hier? Ich verlange Aufklärung, werter Herr ­Bader!« Drohend wandte er sich an Simon. »Nichtsahnend betrete ich als Vorsteher des Klosters dieses Haus und werde von einer Bande rauer Gesellen überfallen!«
    »Äh, als Bande würde ich uns nicht bezeichnen, Hochwürden«, entgegnete Simon, noch immer sichtlich verwirrt. »Die Frau zur Linken ist meine Gattin, und der Mönch hier …«, er deutete auf Jakob Kuisl, »das ist, wie Ihr bereits wisst, Bruder Jakobus. Ein Franziskaner, der mir bei meinen Krankenbesuchen hilft.«
    »Zur Hölle mit Bruder Jakobus!«, fluchte der Henker. »Jetzt ist endgültig Schluss mit dieser albernen Maskerade! Ich bin der Schongauer Scharfrichter, und Euer werter Herr Bader ist mein Schwiegersohn.«
    Jetzt war es Maurus Rambeck, der reichlich verwirrt aussah. »Schongauer Scharfrichter? Schwiegersohn? Aber warum …«
    »Das erklären wir Euch später«, mischte sich nun Magdalena ein. »Jetzt wüsste ich zunächst gern mal, warum der Abt nach diesem Virgilius sucht.«
    Jakob Kuisl stellte die Laterne auf einen umgeworfenen Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. »Himmelherrgott, weil er eben sein Bruder ist!«, knurrte er. »Das hab ich doch bereits gesagt. Nepomuk hat es mir heute Mittag erzählt. Er war einer der wenigen, die das wussten. Virgilius selbst muss es ihm verraten haben. Die beiden Rambecks haben gemeinsam an der Salzburger Universität studiert.«
    Simon stöhnte leise. »Deshalb die Bücher oben! Sie stammen aus der Universität. Verflucht, ich wusste, dass auch der Abt dort einige Jahre war! Als ich den Stempel im ›Opus Maius‹ von Roger Bacon sah, hätte mir klar sein müssen, dass es eine Verbindung zwischen den beiden gibt.«
    »Wenn’s dich tröstet, lieber Schwiegersohn«, erwiderte Jakob Kuisl. »Auch ich hab eine Weile gebraucht, um mich daran zu erinnern. Du selbst hast es mir erzählt, damals, als wir den Abt das erste Mal besucht haben. Dem heiligen Antonius sei Dank ist es mir heute Mittag wieder eingefallen.«
    Einige Sekunden sagte keiner etwas, alle Blicke ruhten auf dem Andechser Abt, der nach wie vor stocksteif im Raum stand. Seine Augen funkelten, die Lippen waren zwei schmale Striche. Doch plötzlich ging eine Veränderung in ihm vor. Er schien innerlich zu schrumpfen, alle Autorität fiel von ihm ab, und zurück blieb ein ängstlicher Mann in einer zerrissenen Kutte. Simon musste daran denken, wie angespannt der Abt in den letzten Tagen gewesen war.
    »Mein … mein Bruder war immer der Klügere von uns beiden«, sagte Maurus Rambeck nach einer Weile leise. Er ließ sich auf einen der wenigen Stühle fallen, die noch heil geblieben waren. Die anfängliche Wut war nun ganz aus seiner Stimme verschwunden. »Schon als Kind hat Virgilius unserem Vater Löcher in den Bauch gefragt. Später haben wir zunächst gemeinsam in Salzburg studiert, doch dann haben wir uns aus den Augen verloren. Er war in Paris, in London, in Rotterdam, dort eben, wo man in den Forschungen schon viel weiter ist und die Wissenschaft nicht nur für eine Ausgeburt des Satans hält.« Er lachte verzweifelt. »Ich selbst habe hier in Andechs mein Gelübde als einfacher Mönch abgelegt und Virgilius später die Stelle als Uhrmacher verschafft. Doch das sollte keiner wissen, das Ganze hätte schnell nach Vetternwirtschaft ausgesehen.« Geistesabwesend drehte Rambeck an einem Siegelring an seiner Hand.
    »Leider musste ich schon bald darauf erneut nach Salzburg, diesmal als Lehrer«, fuhr er schließlich seufzend fort. »Man hatte mich für höhere Aufgaben

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