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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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wollte. »Ist mir nur recht, dann fließt auch schneller Geld. Abführen.«
    Meister Hans winkte einen der Wachmänner herbei, der eine fast drei Schritt lange Stange trug, an der vorne ein mit Eisendornen gespickter Ring befestigt war. Nepomuk hatte ein derartiges Instrument noch nie zuvor gesehen.
    »Da du laut Auskunft des Klosters ein Hexer bist, werden wir alles tun, damit du uns nicht berühren kannst«, erklärte Meister Hans in knappen Worten. Er klappte den Ring am Ende der Stange auf, legte den stachelbesetzten Bügel um Nepomuks Hals und verschloss ihn sorgsam wieder. Die Dorne schabten an Nepomuks Haut, so dass schon bald die ersten Blutstropfen am Eisen herabrannen. Der Mönch ahnte: Sollte er auch nur die geringste Gegenwehr leisten, würden sich die Stacheln tief in sein Fleisch graben und seinen Hals wie sprödes Leder aufschlitzen.
    »Gehen wir«, sagte Meister Hans und schlug krachend die Falltür zum Kerkerloch zu. »Die Zwickzangen müssten mittlerweile glutrot sein.«
    Der Wächter zog kurz an der Stange, woraufhin Nepomuk mehrere Schritte nach vorne taumelte. Fast wäre er gestürzt und in die Dorne gefallen. Doch dann fing er sich wieder und tappte so vorsichtig wie ein Ochse im Joch den Männern hinterher. Sie schleppten ihn einen langen dunklen Gang entlang, von dem immer wieder Kerkertüren wegführten, hinter denen Wimmern und Stöhnen zu hören war. Einmal sah Nepomuk eine verkrüppelte Hand mit nur drei Fingern, die durch eines der Gitter zu winken schien.
    Meister Hans ging neben Nepomuk, den Blick geradeaus gerichtet. Er summte ein altes, bekanntes Landserlied, das Nepomuk von früher her kannte.
    »Ich war früher Profoss im Krieg«, ächzte Nepomuk, während er vorantaumelte. »Hab selbst etliche Fahnenflüchtige hingerichtet, auch eine Hex war darunter. Ein altes wirres Weib, ich hab nie geglaubt, dass sie eine war.« Hoffnungsvoll drehte er den Kopf Richtung Scharfrichter. »Schau mich an! Glaubst du denn wirklich, dass ich ein Hexer bin?«
    Meister Hans zuckte mit seinen muskulösen Schultern. »Was ich hier glaube oder nicht, spielt keine Rolle. Die hohen Herren glauben’s, und ich werd dich so lange torquieren, bis du es am End selber glaubst.«
    Sie stiegen mittlerweile eine gewundene steinerne Treppe hinunter. Durch ein Fenster sah Nepomuk die Hügel und Wälder vor Weilheim, grüne Buchen und Eichen wiegten sich im Sommerwind. Die Fronveste mit dem Faulturm stand am westlichen Rand der Stadtmauer, links tauchten nun in Nepomuks Blickfeld die Alpen auf. Es war ein schöner föhniger Tag, der einem das Gefühl gab, bis ins Unendliche schauen zu können. Das Fenster verschwand, und die Treppe wand sich weiter hinab in die Tiefe der Festung.
    »Ich komm aus einer Reutlinger Henkersfamilie«, wandte Nepomuk sich noch einmal an den Weilheimer Scharfrichter. »Den Volkmars. Gut möglich also, dass in unseren Adern das gleiche Blut fließt.« Er versuchte ein Grinsen, das ihm in seinem dornigen Schraubstock jedoch schrecklich misslang. »Schließlich sind wir ehrlosen Henker über ein paar Ecken alle miteinander verwandt, nicht wahr, werter Vetter?«
    Diesmal sah Meister Hans nicht einmal hoch. Er blieb nur kurz stehen und griff Nepomuk plötzlich zwischen die Beine, so dass dieser sich wimmernd zusammenkrümmte. Die Stimme des Weilheimer Scharfrichters waberte leise durch das felsige Gemäuer.
    »Hör zu, Hexer, du kannst gern jammern und weinen. Von mir aus auch deine Unschuld beteuern oder mich lauthals verfluchen«, sagte Meister Hans leise. »Aber hör um Himmels willen auf, mir Honig um den Bart zu schmieren. Es ist mir egal, ob du mit mir oder mit einem Besenstiel verwandt bist. Ich hab eine Familie zu ernähren, und ich spar mein Geld Kreuzer für Kreuzer, Heller für Heller, um mir irgendwann einmal das Bürgerrecht zu kaufen. Also erwarte von mir kein Mitleid.«
    Meister Hans ließ das Gemächt des Mönchs los und gab den Wachen ein Zeichen, weiterzugehen. Gedankenverloren hob der Weilheimer Henker die Finger und begann zu zählen, während Nepomuk sich noch immer krümmte.
    »Für deine Folter bekomm ich gut und gern drei Gulden«, rechnete Meister Hans vor. »Fürs Verbrennen verlang ich zehn. Wenn ich dich vorher noch ausweide, legt der Rat sicher noch was drauf. Und dein Blut, deine Finger und deine Augen, die mach ich auch noch zu Geld. Ich mahl daraus ein Pulver, das gegen jede Art von Zauberei schützt. Die Leute zahlen gut dafür.«
    Endlich huschte so etwas wie ein

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