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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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oberen Stockwerk des Klosters.
    Der Patrizier Jakob Schreevogl war vor einer halben Stunde wieder im Hospital aufgetaucht, um Simon mitzuteilen, der Zustand des Wittelsbacher Grafensohns habe sich bedrohlich verschlechtert. Der Medicus hatte noch bei einigen seiner Patienten nach dem Rechten gesehen und war dann davongeeilt – nicht ohne Schreevogl einzuschärfen, dass er den immer noch ohnmächtigen Novizenmeister nicht aus den Augen lassen sollte. Verwundert hatte der Ratsherr genickt und sich dann mit einem feuchten Lappen über Laurentius gebeugt, um dessen Brandwunden zu waschen.
    Als Simon nun das Krankenzimmer der gräflichen Familie betrat, merkte er sofort, dass höchste Eile geboten war. Der Junge war leichenblass, stöhnend warf er sich im Schlaf von der einen auf die andere Seite. Simon fühlte nach der Stirn des Vierjährigen, die glutheiß war; sein Pulsschlag raste wie ein zu schnell aufgezogenes Uhrwerk. Auf der Kante des von einem Baldachin überspannten Himmelbetts saßen der Graf und seine junge Gattin, die ganz offensichtlich geweint hatte. Ihre Augen waren gerötet, die Tusche verschmiert. Für den Besuch am Krankenbett trug sie ein enganliegendes Seidenkleid mit Pelzborten, was ­Simon angesichts ihres todkranken Sohnes als unpassend empfand. Ebenso wie ihr Mann schien sie eine Vorliebe für zu viel Parfum zu haben.
    »Himmelherrgott, so tu Er doch etwas!«, rief die Gräfin Simon zu, der noch immer den Puls seines jungen Patienten fühlte. »Gebt ihm Medizin, lasst ihn meinetwegen zur Ader! Die Hand meines Kinds kann ich selbst halten, dafür brauch ich keinen Arzt!«
    »Euer Exzellenz, ich fühle nur nach seinem Herzschlag«, versuchte Simon die aufgebrachte Frau zu beruhigen.
    »An der Hand? Wie soll das gehen?«
    »Josephine, lass den Mann seine Arbeit tun«, mahnte der Graf. »Er ist mir von einem der Schongauer Ratsherren empfohlen worden.«
    »Dieser Dicke, mit dem du Geschäfte machst?«
    »Nein, ein anderer. Ich habe jedenfalls einen guten Eindruck von ihm. Ich glaube, der ­Bader versteht etwas von seinem Beruf. Vielleicht mehr als unsere sündteuren Münchner Doktoren.« Der Graf musterte Simon kurz mit drohendem Blick. »Außerdem weiß er, was ihm blüht, sollte er versagen.«
    Die Gräfin rieb sich ihre verheulten Augen. »Du … du hast ja recht, Leopold«, seufzte sie. »Es ist nur … Dieses tatenlose Warten bringt mich noch um den Verstand.« Simon betrachtete sie aus den Augenwinkeln und bezweifelte, ob sie je viel davon besessen hatte.
    »Und?«, fragte Wartenberg befehlsgewohnt. »Gibt es noch Hoffnung, Bader? Sei Er ehrlich, ich bitte Ihn.«
    Die Überlebenschancen Eures Sohns sind so gering, dass eine einzelne Wallfahrt vermutlich nicht ausreicht , dachte Simon verzweifelt. Aber das werd ich Euch kaum auf die Nase binden, weil Ihr dann schon nach dem passenden Strick für mich sucht.
    »Wir müssen jetzt vor allem das Fieber senken«, sagte er stattdessen. »Ich habe in der Klosterapotheke vor ein paar Tagen ein wenig Jesuitenpulver gefunden. Es ist sehr selten und teuer. Ich werde es Eurem Sohn verabreichen.«
    »Jesuitenpulver?«, fragte die Gräfin entsetzt. »Was für ein Teufelszeug ist das denn?«
    »Es ist die Rinde eines Baumes, der in Westindien wächst, Exzellenz. Es hat dort drüben eine Gräfin vom Fieber geheilt, und es sollte auch bei Eurem Sohn helfen.«
    »Eine Gräfin?« Wartenbergs Gemahlin kaute an ihren bemalten Lippen. »Nun gut, dann soll Er mit diesem … äh, Zeugs fortfahren.«
    Simon holte aus seinem Arzneibeutel den Tiegel mit dem unscheinbaren gelben Staub. Vorsichtig schüttete er das Pulver in eine kleine Phiole, vermischte es mit Wein und träufelte es schließlich dem Knaben in den Mund. Insgeheim war er froh, dass er das Pulver während der letzten Tage beinahe vergessen und nicht längst schon verwendet hatte. Nun schien der geeignete Augenblick gekommen. Die winzige Dosis mochte für ein Kind gerade ausreichen.
    »Mit Gottes Segen sollte das Fieber heruntergehen«, sagte Simon, nachdem die Phiole endlich leer war. Eilig packte er seinen Arzneibeutel wieder zusammen. »Nun müssen wir abwarten und beten, dass Euer Sohn stark genug ist, die Krankheit selbst zu besiegen.«
    »Beten! Immer nur beten!« Die Gräfin hob die Hände zur Decke. »Ein ganzer Ort tut nichts anderes als beten, und trotzdem stirbt mein kleiner Martin!«
    »Sei still, Josephine!«, zischte Graf Wartenberg. »Du lästerst Gott!«
    »Und wenn schon! Ich hab dir

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