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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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das Wort ergriff. »Wo ist er?«
    »Wo ist wer?« Magdalena war tatsächlich ratlos. »Ich weiß nicht, von wem Ihr sprecht.«
    »Dein Vater, du dumme Gans!« Karl Semer kam jetzt ganz nah an Magdalena heran und musterte sie feindselig. »Meinst du, ich weiß nicht, was hier gespielt wird? Aus dem Kloster ist gestern ein Unbekannter geflohen, der sich als Franziskaner hier eingeschlichen hat. Ein Schnüffler! Vermutlich hat er sogar Unterlagen gestohlen. Der Prior hat mir alles haargenau erzählt.« Er kam noch ein Stück näher, so dass Magdalena seinen säuerlichen Schweiß ­riechen konnte. »Und weißt du, was der Prior mir noch erzählt hat, hä? Dieser falsche Franziskaner war über sechs Fuß groß, ein Bär mit einer Hakennase, wie es keine zweite im Pfaffenwinkel gibt. Ich weiß ganz genau, dass dein ­Vater dahintersteckt! Also gib’s schon zu!«
    Magdalena versuchte nach außen hin ruhig zu erscheinen, doch in ihr brodelte es. Sie hatte ihren Vater seit dem gestrigen Vormittag nicht mehr gesehen. Offenbar war er beim Durchsuchen des Klosters beinahe geschnappt worden! Sie konnte nur hoffen, dass ihm nichts zugestoßen war.
    »Schmarren«, erwiderte sie kühl. »Was sollte mein Vater denn hier in Andechs verloren haben. Vielleicht auf Wallfahrt gehen? Ein Scharfrichter?« Sie sah Semer spöttisch an; im gleichen Moment hoffte sie, dass Michael Graetz sie nicht verriet. Doch dieser verharrte nur stumm mit verschränkten Armen in einer Ecke der Stube.
    »Ha, Henkerstochter, du lügst, wenn du deine Gosch’n aufmachst!«, zischte der Schongauer Bürgermeister. Sein Sohn daneben lächelte schmal. Magdalena spürte, wie er sie mit seinen Blicken abtastete.
    »Dein eigener Mann hat doch den Kuisl angekündigt!«, fuhr Karl Semer fort. »In der Gaststube hat er vor ein paar Tagen damit geprahlt, dass sein Schwiegervater in Andechs nach dem Rechten sehen wird.«
    »Dann hat mein Vater es sich eben anders überlegt. Hier ist er jedenfalls nicht. Ihr zwei könnt gern unter der Bank nachschauen.« Magdalena wandte sich ihren Kindern zu, die mittlerweile aufgewacht waren und zu weinen begonnen hatten. »Und nun gehabt Euch wohl. Wie Ihr seht, hab ich Besseres zu tun, als mich mit Gerüchten herumzuschlagen.«
    Die beiden Jäger standen noch immer mit ihren Lanzen in der Türöffnung, schauten aber jetzt unsicher. Offenbar hatte ihnen der alte Semer versprochen, sie könnten den gesuchten falschen Mönch im Schinderhaus festnehmen und eine satte Belohnung kassieren. Doch alles, was sie vorgefunden hatten, waren eine vorlaute Frau mit zwei schreienden Bälgern und ein grimmig dreinschauender Schinder in seiner blutigen Schürze.
    »Was soll das, Alois?«, knurrte Michael Graetz. Offensichtlich kannte er einen der Jäger. »Ist das eine Art, einfach in das Haus eines braven Mannes einzudringen und wilde Verdächtigungen hinauszuposaunen?«
    »Tut mir leid, Michael, aber …«, begann der Angesprochene, doch Karl Semer fuhr dazwischen.
    »Das hier ist kein Haus, sondern ein stinkender Schweinestall!«, rief er. »Und von einem schmutzigen Schinder lass ich mir ohnehin keine Vorhaltungen machen. Vor allem dann nicht, wenn er lügt! Der Kuisl war hier, keine Frage! Vermutlich werden wir hier irgendwo auch diese verfluchte Franziskanerkutte finden.«
    Der junge Semer war in der Zwischenzeit durch die Stube geschlendert und hatte hier und dort mit spitzen Fingern etwas emporgehoben. Sichtlich angewidert durchstreifte er den Raum und blieb schließlich vor dem Fensterbrett stehen, auf dem sich ein kleiner lederner Beutel befand, der ihm offensichtlich bekannt vorkam. Er stülpte ihn um. Winzige Reste von Tabak fielen zu Boden.
    »Ha, und was ist das hier?«, krähte Sebastian Semer triumphierend. »Ich kenne jedenfalls nur einen, der dieses stinkende Kraut raucht, und das ist der Schongauer Henker!«
    »Dann täuscht Ihr Euch aber gewaltig«, erwiderte Magdalena, ohne mit der Wimper zu zucken. »Auch ich lasse mir gern mal ein Pfeifchen schmecken. Ist gut für die Verdauung, junger Ratsherr. Solltet Ihr auch einmal versuchen. Dann würdet Ihr Euch nicht immer so aufblasen.«
    »Du? Eine Frau?« Sebastian Semer brauchte eine Weile, um wieder den Faden zu finden. »Das … das ist eine infame Lüge!«
    »Ich kann es bezeugen«, erwiderte der Schinder ruhig von sei­ner Ecke aus. »Sie raucht wie ein säbelrasselnder Sarazene.«
    »Dann … dann lügst du ebenso. Ich werde …«
    »Ich lüge?« Nun wurde auch Graetzens

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