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Der Hexer und die Henkerstochter

Der Hexer und die Henkerstochter

Titel: Der Hexer und die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Pötzsch
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jedenfalls hat sie hübsch um den Finger gewickelt.« Mit seinen klobigen Händen brach der Henker das einfache Wachssiegel und entfaltete das Papier. »Wird also nicht so …«
    Er stockte, nur seine Lippen bewegten sich lautlos weiter. Schließlich musste er sich auf einen Schemel setzen.
    »Was hast du?«, fragte seine Frau. »Ist doch etwas passiert?«
    »Nein.« Kuisl raufte sich die Haare »Es ist nichts. Jedenfalls nicht das, was du denkst. Es ist etwas … anderes.«
    »Himmelherrgott, jetzt lass dir doch nicht immer alles aus der Nase ziehen, verfluchter Schongauer Sturschädel!«
    Eine weitere Hustenattacke überkam die Henkersfrau. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, fuhr Jakob Kuisl ­stockend fort: »Magdalena … sie … sie hat offenbar den hässlichen Nepomuk getroffen. Fast dreißig Jahre lässt dieser Sauhund nichts von sich hören, und dann taucht er so mir nichts, dir nichts in Andechs auf. Den Hals könnt ich dem fetten Wiesel umdrehen.«
    »Nepomuk? Der Nepomuk?«
    Der Henker nickte. »Er steckt in der Klemme. So wie es ausschaut, ist er Mönch geworden.« Er spuckte in die Binsen, dann zog er seine Pfeife hervor und entzündete sie an einem brennenden Kienspan.
    »Nepomuk, ein Mönch!«, knurrte er schließlich. »Eher geh t doch eine Sau durchs Nadelöhr, als dass ein Henker Pfaf­ fe wird. Der Nepomuk war immer schon ein schlauer Hund, hat viel gelesen und sich für das Regiment die ­merkwürdigsten Dinge ausgedacht. Aber für das Töten war er viel zu weich. Wer weiß, vielleicht wäre er in einem anderen Leben wirklich ein guter Pfarrer geworden …« Er stockte. »Jedenfalls wollen sie ihm im Kloster drei Morde und Hexerei anhängen. Er bittet mich zu kommen und ihm zu helfen.«
    Anna-Maria Kuisl richtete sich vorsichtig im Bett auf. »Und? Worauf wartest du noch?«
    »Worauf ich wart?« Der Henker lachte grimmig. »Darauf, dass du wieder gesund wirst! Außerdem kann ich ja schlecht meine zwei Enkel hier allein lassen.« Er nahm ­einen tiefen Zug von der Pfeife. »Ich hab dir doch von den Berchtholdts erzählt. Denen trau ich’s zu, dass sie ihnen ein Leid antun, wenn ich nicht da bin. Allein, um mir wegen dem Stadldiebstahl zu drohen.«
    Anna-Maria Kuisl schien nachzudenken. Eine Zeitlang waren nur ihr rasselnder Atem und das vereinzelte Donnern eines fernen Gewitters zu hören.
    »Dann nimm sie mit«, sagte sie schließlich.
    »Was?« Jakob Kuisl schreckte aus seinen düsteren Gedanken hoch.
    »Unsere Enkel Peter und Paul. Nimm sie mit.«
    »Aber … aber … wie stellst du dir das vor?«, brachte der Henker mühsam hervor. »Ich soll meinen Freund vor der Hinrichtung retten und gleichzeitig wie eine alte Amme die Kinder hüten?«
    »Die Magdalena und der Simon sind doch auch da. Sollen die sich um sie kümmern. Das sind schließlich ihre ­Eltern.«
    Der Henker wiegte den Kopf. Die Idee seiner Frau war nicht so übel. Die Stechlin konnte sich zurzeit nicht um seine Enkel kümmern; dafür war die Hebamme, gerade jetzt nach dem Weggang Simons, viel zu sehr mit den Kranken im Ort beschäftigt. Das Fieber hatte nicht nur Anna-Maria Kuisl in der Gewalt. Und seinen halbwüch­sigen Kindern Georg und Barbara traute Kuisl noch nicht über den Weg. Die beiden hatten zu viel Flausen im Kopf, sie konnten die Kleinen nicht zuverlässig vor den Bercht­holdts schützen. Blieb nur noch der Vorschlag seiner Frau …
    »Wenn ich gehe«, begann er zögerlich, »was wird dann aus dir? Du bist krank. Wer wird sich um dich kümmern, wenn ich nicht da bin?«
    »Das macht die Stechlin«, erwiderte Anna-Maria Kuisl. »Die kennt sich mit dem Heilen beinahe genauso gut aus wie du. Und der Georg und die Barbara sind ja auch noch da. Was soll also …«
    Wieder musste sie husten, und der Henker sah seine Frau sorgenvoll an.
    »Du bist das Teuerste, was ich hab, Anna«, murmelte er. »Ich würde mir nie …«
    »In drei Teufels Namen, nun geh schon!«, fauchte ihn seine Frau an. »Dieser Nepomuk war einmal dein bester Freund. Wie oft hast du mir von ihm erzählt! Willst du, dass er brennt, während du nur ein paar Meilen entfernt Kamillentee braust?«
    »Nein, das nicht, aber …«
    »Dann schleich dich endlich, du Schafskopf, und nimm deine Enkel mit.« Sie zog sich die löchrige Wolldecke bis zum Hals und schloss die Augen. »Und jetzt lass mich schlafen. Wirst sehen, morgen geht es mir schon wieder besser.«
    Zusammengesunken wie ein Hefekloß saß Jakob Kuisl auf seinem Schemel und blickte

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