Der Hexer von Quin
weit schräge Hänge, die mit niedrigem Gebüsch bewachsen waren. An mehreren Stellen sahen die Reiter das dunkle Wasser des Ya’kul hinter einer breiten Barriere aus Binsengewächsen.
Unter den Klauen der Orhaken wucherte in den breiten Spalten von unregelmäßigen, aber kantigen Steinen Gras und Moos. Die Halme waren lang und grün; ein Zeichen, daß dieser Pfad nicht ununterbrochen von vielen Menschen oder Tieren benutzt würde. Ein halbes Dutzend von steinernen Gestalten, die mehr als mannshoch waren und wuchtige Krieger aus grauer Vorzeit darstellen sollten, war in gleichmäßigen Abständen am Rand des breiten Weges aufgestellt. Regen, Sonne und Pflanzenwuchs hatten die düsteren Bildwerke fast unkenntlich werden lassen.
Vorsichtig klaubte Casson die Pfeile aus der Kleidung und zog zuerst das Tuch vom Kopf des Orhakos, dann schälte er Yzinda aus den Schleiern und Mänteln.
»Die Gefahr scheint vorbei zu sein«, sagte er beruhigend. Die Orhaken rannten noch immer in großer Schnelligkeit. Solange der Weg nicht anstieg oder gar in bergiges Gelände führte, würden die Reiter schnell vorankommen.
»Sind wir auf dem richtigen Weg, Hoono?« rief Casson.
»Noch bis zur Dunkelheit, schätze ich. Ich kenne den Ort, an dem wir rasten sollten.«
»Du sagst Hrobon, in welche Richtung wir uns wenden sollen!«
»Wir bleiben auf dieser steinernen Straße.«
Einige Reiter rückten auf. Die Straße war breit genug, um zwei Orhaken nebeneinander gehen zu lassen. Das trügerische Gefühl größerer Sicherheit wuchs, als sich die Reiterlanzen paarweise nebeneinander hoben. Das aufgeregte Schreien, Schnarren und Schnabelklicken der Reitvögel hörte auf, als ihre Augen eine Umgebung sahen, die den Tieren der freien Steppen und der endlosen Savannen gemäß war.
Die Reiter zügelten aber die Schritte der Tiere nicht. Die wilde Jagd ging weiter.
Zwei Mannslängen breit, vor sehr langer Zeit angelegt, ohne große Zeichen des Zerfalls, so erstreckte sich die steinerne Straße in breiten Windungen entlang des Ya’kul-Flusses. Sie führte ein wenig ins Land hinein, dann wieder zum Fluß zurück, aber immer durch dichte, feuchte, dampfende und grüne Vegetation, die von Blüten und Früchten strotzte. Hoch über den Wipfeln zogen farbenprächtige Riesenvögel ihre Kreise. Große, seltsam geformte Nüsse fielen zu Boden. Tiere bewarfen die Fremden mit angebissenen Früchten. Von langen, schwankenden Ästen pendelten Schlangen, die man nicht von Lianen unterscheiden konnte. Die Lianen glichen Seilen und Tauen in allen Farben und Stärken.
Unaufhörlich waren Blätter, Zweige und Äste in Bewegung. Trotz des ungewöhnlich schnellen Rittes – ungewöhnlich für dieses Stück Land – blieben die Reiter aufmerksam. Sie waren Eindringlinge in einem völlig fremden Land. Aber ebenso wie ihre Tiere genossen auch die Heymalreiter diesen Ritt; es war so ganz anders als der Aufenthalt auf dem schwankenden, stampfenden Schiff.
Am frühen Nachmittag, als die Sonnenscheibe immer häufiger hinter den Bäumen und den fernen Bergen verschwand und an unerwarteten Stellen wieder auftauchte, veränderte sich die Umgebung. Die Gewächse waren nicht mehr so hoch und standen weniger eng. Dafür sahen die Reiter Tiere, die wie Rotwild aussahen und sich ebenso verhielten. Es gab mehr Sand, Steine und Felsen. Die Straße stieg an und schlängelte sich schräg und in engeren Windungen an einem ersten Berghang hoch. Riesige weiße Wolken zogen von Südwest heran. Irgendwo im Innern der Insel donnerte es. Die Vögel machten kleinere Schritte und wurden langsamer. Auf dem höchsten Punkt des Hügels blieben die zwanzig Tiere zögernd stehen. Casson ritt an Hrobon heran, blickte Hoono in die Augen und sagte:
»Wir sind wirklich weit ins Innere vorgestoßen. Wie weit ist es noch für uns?«
»Ich ahnte nicht, daß diese Tiere so schnell sind. Aber es mag noch drei Tage dauern.«
»Wir erreichen den Lagerplatz noch heute?«
Hoono deutete in das nächste, runde Tal, hinter dem sich schroffere Hügel erhoben.
»Dort unten.«
Der Hügel war hoch genug, um den Fremdlingen einen guten, weit reichenden Blick zu schenken. Im Innern der Insel sahen sie, undeutlich hinter den waagerechten Nebeln und Wolkenschichtungen, kantige Berge, deren Flanken erstaunlicherweise dschungelbedeckt waren. Triefender Urwald erstreckte sich auch, durch das Tal des Ya’kul und andere Einschnitte gekennzeichnet, zwischen dem Meer und der Kuppe.
»Dort, links, ist das Eiland
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