Der Hexer von Sunnydale
ein junges Mädchen sah, das einen riesigen Bausch blauer Zuckerwatte verspeiste, rannte er staunend ein paar Schritte hinter ihr her. Buffy mußte ihn am Arm packen und zurück in die Wirklichkeit befördern.
„Hast du gesehen, was sie da aß?" fragte Giles perplex. „Das sah ja aus wie ... wie Ektoplasma!"
„Was ist Ektoplasma?" fragte Buffy.
„Der nebelhafte Stoff, aus dem die Geister sind."
„Oh, dann schmeckt es auch wie Ektoplasma!" weihte ihn Buffy ein. „Mit sehr viel Zucker drauf allerdings."
„Das kann doch nicht gesund sein!" argumentierte Giles.
„Finden Sie, daß irgend etwas hier gesund aussieht? Dies ist einer der wenigen Orte, wo man gleichzeitig Kind und Erwachsener sein kann. Deshalb gefällt's den Teenies ja so gut."
Giles blinzelte durch seine Brille und sah eine Reihe Spielbuden genauer an. „Ich verstehe jetzt, was du über die Schausteller gesagt hast - daß sie so jung und fit aussehen. Aber das muß nichts Ungewöhnliches sein. Wenn man immer unterwegs ist und am Rande der Städte lebt... dazu muß man jung und kräftig sein!"
„Das weiß ich doch!" sagte Buffy frustriert. „Und vielleicht ist es ja auch nur Zufall, daß zur gleichen Zeit ein Rudel wilder Kojoten in Sunnydale rumrennt. Vielleicht ist es nur Zufall, daß sie Spurs Hardaways Grab aufbuddelten, und daß er auf den Tag genau vor hundert Jahren gestorben ist. Deshalb müssen wir erstmal uns selbst überzeugen, daß hier etwas vorgeht, bevor wir auch nur irgend jemand anders überzeugen können."
„Sind das deine eigenen Haare?" bellte eine Stimme über Lautsprecher. „Oder trägst du 'ne Bisamratte aufm Kopf?" „Wir sind da." Buffy streckte die Hand aus und hielt Giles zurück, als sie sich dem Wasserbassin näherten.
Der Clown, den sie gestern Abend versenkt hatte, war wieder an seinem Arbeitsplatz und machte sich über einen älteren Herrn lustig, der ein Toupet trug. Das dunkelhaarige Hexenweib Rose saß ebenfalls an seinem Platz. Wie üblich gab sie triefnasse Softbälle aus und ließ ihren sexy Schmollmund bewundern, kassierte dafür knisternde Dollarscheine und hielt eine ganze Reihe wartender Männer gleichzeitig in Schach.
„Xanders neue Freundin ist schwer beschäftigt", meinte Buffy.
Giles blinzelte hinter seinen Augengläsern. „Das ist die junge ... Frau, die sich für Xander interessiert?"
„Sehen Sie, was ich meine?" sagte Buffy. „Das ist auch einer von diesen seltsamen Zufällen. Gestern Abend schien es, als ob alle Schausteller unbedingt Kids aus der Stadt anbaggern wollten."
„Das ist sicherlich ein äußerst tadelnswertes Betragen", kommentierte Giles, „aber sie könnten ganz normale Asoziale sein - nicht unbedingt von der Art, die auch noch ihre Gestalt ändern kann. Bevor sie nicht ein Verbrechen begehen oder wir einen Beweis in die Hände bekommen, wer sie wirklich sind, können wir gar nichts tun."
„Dann lassen Sie uns nach Beweisen suchen." Buffy schob den Bibliothekar in Richtung der Fahrgeschäfte, weg von dem Clown und Rose. Auf Umwegen gelangten sie schließlich hinter die Kirmes, auf die Rückseite der bemalten Pappfassaden. Hier blätterte die Farbe von den alten Wohnwagen, summten die Generatoren und stanken die Mülltonnen, Es war ein düsterer, versteckter Slum, weit weg von den freundlichen Lichtern der Stadt.
Buffy und Giles schlichen durch die Dunkelheit zu Roses unauffälligem Wohnwagen. Da hörten sie Stimmen. Sie krochen hinter einen Holzstapel. Wachsam horchten sie, während zwei Teenager, die eine Abkürzung über den Parkplatz nahmen, an ihnen vorbeigingen.
„Okay", flüsterte Buffy. „Bleiben Sie hier draußen und tun Sie Ihren Job - wachen -, während ich reinschlüpfe. Wenn Sie irgendjemand kommen sehen, klopfen Sie auf die Seitenwand und machen, daß Sie wegkommen. Ich tu dasselbe, und wir treffen uns bei Ihrem Wagen. Okay?" Giles schluckte schwer und nickte. „Ich dachte gerade, wir könnten dafür verhaftet werden,"
„Irgendwie glaube ich, daß diese Schausteller der Polizei nicht so besonders grün sind. Dann mal los." Buffy richtete sich auf und versuchte, die Tür des Wohnwagens zu öffnen. Sie war natürlich verschlossen. Buffy packte die Klinke und brach sie ab wie einen trockenen Zweig. Nun schwenkte die Tür auf, und in geduckter Haltung schlüpfte sie unter ihr hindurch.
Drinnen überlegte Buffy, ob sie Licht machen sollte, aber sie konnte ohnedies genug sehen. Durch das schmutzige Fenster warfen die Neonlichter ein Kaleidoskop an
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