Der Highlander, der mein Herz stahl: Roman (German Edition)
näherten sich mindestens ein Dutzend Mann von der Seepforte her. Eine Galeere musste angelegt haben.
Verdammt, der Zeitpunkt hätte nicht ungelegener sein können.
Im Normalfall hätte Erik nicht zweimal überlegt, es mit einem Dutzend englischer Krieger aufzunehmen. Sein Training hatte ihn darauf vorbereitet. Nur die Tatsache, dass er nackt und nur mit einem Dolch bewaffnet war, verschaffte den Engländern eine Chance im Kampf.
Doch er konnte nicht, verdammt. Obwohl es ihm zutiefst widerstrebte, einer Herausforderung auszuweichen, wollte er den Engländern seine Anwesenheit nicht preisgeben, indem er einen Leichenhaufen zurückließ, der eine Erklärung forderte – nicht wenn es sich vermeiden ließ. Damit wäre Dunaverty nicht nur als Informationsquelle verloren, es würde auch eine Woche vor dem Angriff unerwünschte Aufmerksamkeit auf ein Gebiet lenken, das Arran viel zu nahe lag.
Da es im engen Tunnel kein Ausweichen gab, schlich Erik zurück, um sich irgendwo in den Küchengewölben zu verbergen, bis der Trupp verschwunden war.
Zumindest sah sein Plan es vor.
An sich ein guter Plan, nur übersah er, als er sich geduckt in den ersten Vorratsraum schlich, bei seiner hastigen Umschau den Jungen, der sich zwischen den Säcken und Fässern von Mehl, Hafer und Gerste versteckt hatte. Er horchte so angestrengt auf die Worte der näher kommenden Krieger, dass er die Bewegung hinter sich zu spät wahrnahm.
Er fuhr herum. Der Junge öffnete den Mund zu einem Schrei und stieß in der Dunkelheit mit einem Messer heftig zu.
Erik reagierte fast zeitgleich, presste dem Jungen eine Hand auf den Mund und drückte ihn mit dem Unterarm gegen die Wand. Das geschah so rasch, dass er den Schrei beinahe erstickte, aber nicht so rasch, dass er den Schnitt quer über seinen Bauch hätte verhindern können.
Der scharfe Schmerz ließ Erik zusammenzucken. Er spürte Feuchtigkeit, Blut, das aus der Wunde floss, gab aber keinen Laut von sich.
Die Augen des Kleinen wurden groß, als ihre Blicke sich in der Dunkelheit trafen.
Erik konnte es nicht fassen. Ein Knabe von nicht mehr als sieben oder acht – vermutlich mit der Aufgabe befasst, die Ratten von den Vorräten zu verscheuchen – hatte ihn nicht nur angesprungen, sondern ihn sogar verwundet. Er durfte gar nicht daran denken, wie knapp er einer Kastration entgangen war.
Erik war nur froh, dass die anderen Mitglieder der Garde ihn nicht sehen konnten. Das Gespött hätte kein Ende genommen, zumal von Seiten Setons und MacGregors, die häufig Opfer seiner Sticheleien wurden – selbst verschuldet, weil sie es ihm zu leicht machten. Seton, weil er ein verdammter Engländer war, und MacGregor seines hübschen Gesichts wegen.
»Was war das?«, hörte Erik von jenseits der Tür. Er erstarrte zur Reglosigkeit. Das kleinste Geräusch konnte das Ende bedeuten.
Seinen Blick fest auf den Jungen gerichtet, schüttelte er in stummer Warnung, keinen Mucks von sich zu geben, den Kopf.
Die Augen des Jungen wurden noch runder. Viel zu erschrocken, um etwas zu tun, starrte der Bengel Erik an, als hätte er ein Gespenst vor sich.
Geht endlich weiter, trieb Erik die Soldaten im Tunnel stumm an.
Vergeblich.
Im nächsten Moment hörte er den Befehl einer herrischen Stimme:
»William, sieh nach.«
Erik packte den Jungen und huschte mit ihm lautlos hinter die Tür. Er konnte nur hoffen, William würde nicht zu gründlich nachsehen.
Die Tür flog auf. Mit angehaltenem Atem hielt er den Jungen fest wie in einem Würgegriff, damit dieser keinen Laut von sich geben konnte. Williams schwere Atemzüge waren durch das Holz der Tür zu hören. Gleich darauf wurde es hell im Vorratskeller, als eine Fackel in den Raum gehalten wurde.
Mit angespannten Muskeln war er bereit, den Jungen wegzustoßen und zu kämpfen. Ein Teil von ihm – jener, der es nicht gewohnt war, eventuelle Folgen in Betracht zu ziehen – hoffte auf diesen Vorwand.
»Hier ist nichts«, sagte der Soldat auf der anderen Seite der Tür, »war wohl eine Ratte.«
Die Tür schloss sich, aber Erik wartete, bis die Schritte verhallten, ehe er den Jungen losließ.
»Nicht schreien, Junge«, flüsterte er auf Gälisch, »ich möchte dir nichts antun.«
Langsam nahm er die Hand vom Mund des Kleinen. Der Junge flüchtete sich sofort in die hinterste Ecke des kleinen Raumes und versteckte sich hinter einem großen Fass.
»Bitte, ich werde brav sein«, wimmerte er mit zitternder Stimme.
»Nimm mich nicht mit in die Hölle. Ich werde
Weitere Kostenlose Bücher