Der Highlander und der wilde Engel
sprechen ansetzte. „Mit der Truhe kannst du andernorts wie ein Laird leben. Du kannst sie haben und gehen, sofern du Averill nichts antust. “
„Oh, natürlich.“ Domnall schnaubte. „Du lässt mich also einfach mitsamt Truhe davonspazieren, wenn ich dein Weib loslasse, ja? Hältst du mich wirklich für so närrisch?“
„Du hast mein Wort“, sagte er mit fester Stimme. „Du kannst gehen, aber lass Averill los.“
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Domnall den Kopf zur Seite neigte. Sie wandte sich vorsichtig um, weit genug, um erkennen zu können, dass er Kade erstaunt anstarrte.
„Man könnte glauben, dass du es ernst meinst“, sagte er verblüfft. „Du würdest tatsächlich alles aufgeben für ein Mädchen, das du vor wenigen Wochen noch nicht einmal kanntest.“
„Aye“, sagte Kade nur.
Averill schaute ihn an, und in ihren Augen leuchtete Liebe. Sie hatte keine Ahnung, was genau er da aufgab. Sie wusste jedoch, dass es etwas war, das ihm schon eine Weile Kopfzerbrechen bereitete und wichtig war. Dennoch war er bereit, es für sie herzugeben. Das war so ziemlich das Wunderbarste, das sie je erlebt hatte. Wahrlich, sie hatte den gutherzigsten, freundlichsten und fürsorglichsten Gemahl in ganz England und Schottland, sagte sie sich.
„Lässt du sie aber nicht los“, fuhr Kade fort, „oder krümmst du ihr auch nur ein Haar, reiße ich dir das Gedärm mit bloßen Händen heraus und lasse es dich essen, ehe ich dir den Kopf abschlage. “
Nun gut, dachte Averill, der ein wenig flau wurde, vielleicht war „gutherzig“ nicht ganz das passende Wort, um ihn zu beschreiben.
Domnall hinter ihr gluckste vergnügt, und sein Atem fuhr ihr ins Haar und zauste es leicht. „Das ist der Kade, den ich kenne. Gut zu wissen, dass das Eheleben dich nicht gänzlich entmannt hat. “
Kade starrte kühl zurück. „Wie also lautet deine Antwort? Sag, dass du sie gehen lässt und von hier verschwindest, und ich befehle den Männern, die Waffen sinken zu lassen.“
„Ein wahrhaft großzügiges Angebot“, erwiderte Domnall spöttisch. „Und ich weiß, dass du für gewöhnlich zu deinem Wort stehst. Doch wie dem auch sei - ich denke, dieses Mal riskiere ich lieber nichts. Ich nehme sie mit, um sicherzugehen, dass ich entkomme. Und du bleibst hier, damit ich sie nicht umbringen muss. Ich werde sie gehen lassen, wenn ich das Gefühl habe, nicht länger in Gefahr zu sein. “
Er wich zur Seite weg und zwang Averill mit sich, indem er ihr die Klinge fester an den Hals presste. Sie musste ihm folgen - oder würde sich selbst die Kehle durchschneiden. Sie entschied sich, ihm zu gehorchen. Im Gehen suchte sie mit den Augen Kade - und prägte sich ihren Mann ein für den Fall, dass sie ihn hier und jetzt das letzte Mal auf Erden sah.
Sie bemerkte, wie er die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballte, sein Körper war starr vor hilfloser Verzweiflung und Wut. Als sie den Blick hob, sah sie, dass seine Augen
auf sie geheftet waren, als wolle er sich seinerseits ihr Bild im Gedächtnis verankern. Sie versuchte, ihm aufmunternd zuzulächeln, wusste aber, dass es vollständig misslang. Sie hatte Angst, und ihre Miene widersetzte sich der stummen Anweisung ihres Willens, dies zu verbergen.
Domnall blieb stehen, und Averill spürte, wie sich seine kräftige Brust bewegte, während er hinter ihr an etwas herumhantierte. Ein Schwall abgestandener Luft wehte an ihr vorbei und erinnerte sie an jene Nacht, in der sie durch Mortagnes Geheimgänge zu Kades Kammer geirrt war. Domnall musste eine Art Durchgang geöffnet haben. Sie fragte sich, weshalb ihr Gemahl nicht erwähnt hatte, dass Stewart auch solche Gänge besaß, nahm jedoch an, dass er dies irgendwann gewiss noch getan hätte. Nicht dass es jetzt einen Unterschied machte, dachte sie, ehe sie Domnall fluchen hörte.
Sie drehte den Kopf so weit sie konnte und versuchte auszumachen, was der Grund für seinen Unmut war. Er hatte eine Kerze vom Kaminsims genommen ... die nicht brannte und daher kaum von Nutzen für ihn war. Offenbar war er unschlüssig, was er nun tun sollte. Er ließ den Blick zu Kade und den Männern an der Tür wandern.
„Du da! Junge!“, blaffte er. Averill erkannte Laddie, der vom Gang aus um den Türrahmen spähte und das Geschehen beobachtete. Als Domnall ihn rief, sah er in ihre Richtung. Wie damals, als sie ihn zum ersten Mal erblickt hatte, wurden seine Augen auch jetzt ganz groß. Er wies mit dem Daumen auf seine Brust und hob fragend die
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