Der Highlander und der wilde Engel
Sie ergriff seinen Kopf und presste ihn an ihren gewaltigen Mutterbusen. „Was für ein missratenes, dankloses Weib Ihr doch seid! Wie kann ein bleichgesichtiges, rothaariges Wesen wie Ihr es nur wagen, meinen Jungen anzurühren?“
Er hat mich doch als Erster angerührt, dachte Averill, doch da sich ihr erneut der Magen umzudrehen drohte, riskierte sie es lieber nicht, den Mund zu öffnen, während die Frau weiter auf sie einkeifte.
„Und dann geschah was?“, erkundigte sich Will.
„Aye, heraus damit“, knurrte Kade, obwohl er darauf brannte, nach unten zu stürmen und Cyril niederzuschlagen. Doch zuvor musste er wissen, was genau sich zugetragen hatte, damit er ihm die Strafe angedeihen lassen konnte, die er verdiente. Er wollte den Mann ungern nur verprügeln, um hinterher zu erfahren, dass er ihn eigentlich hätte umbringen sollen, und dies würde er erst wissen, wenn er das Ende der Geschichte von Averills Zusammentreffen mit Lord Cyril Seawell und dessen Mutter erfuhr.
Sein Blick glitt über die Frau in seinem Bett. Er schüttelte innerlich den Kopf über diese Wende der Ereignisse. Er und Will hatten sich gemütlich unterhalten, als plötzlich Bess in die Kammer geplatzt war und ihnen fassungslos und entsetzt berichtet hatte, was geschehen war. Bess schloss ihren Bericht mit den Worten: „Und dann hat Averill Lord Cyril einen Fausthieb verpasst. Da unten ist nun die Hölle los.“ Er und Will eilten umgehend in Richtung Halle, trafen Averill aber bereits auf der Treppe. Sie war blass und klammerte sich schwankend am Geländer fest. „Muss mich hinlegen“, flüsterte sie. Ein Blick auf sie genügte, um Kade das zu ihnen herauf dringende Gezeter vergessen zu lassen. Sollte ihr Vater sich Lord Seawell vor-nehmen. Will und er ergriffen jeder einen ihrer Arme und halfen ihr die letzten Stufen hinauf. Da seine Kammer die nächstgelegene war, hatten sie Averill dort untergebracht.
Nun lag sie lang ausgestreckt auf dem Bett, in dem er selbst all die Wochen zugebracht hatte, ein kaltes Tuch auf den Augen, und berichtete ihnen, was sich zugetragen hatte, mit recht schwerer Zunge und in äußerst undamenhaften Worten. Kade konnte die Augen nicht abwenden von diesem Geschöpf dort auf seinem Lager. Averill war wie verwandelt. Nichts war mehr übrig von dem lieblichen, völlig leidenschaftslosen Wesen, das seit seinem Erwachen nicht von seiner Seite gewichen war. Die Kleine schien doch Feuer zu haben, und zudem flatterte ihr offenbar eine so erkleckliche wie unfeine Schar von Schimpfwörtern durch den Kopf, denn sie hatte gleich von mehreren Gebrauch gemacht, um den widerwärtigen Cyril Seawell zu beschreiben.
„Oh.“ Averill wedelte matt mit einer Hand und seufzte tief. „Diese alte Kuh hörte nicht auf zu wettern und schalt mich undankbar. Sie sagte, ich müsse ihrem Sohn die Füße küssen und sie mit meiner Zunge waschen aus Dankbarkeit dafür, dass er mich als Braut auch nur in Erwägung ziehe. Die ganze Zeit war ich krampfhaft bemüht, das Essen bei mir zu behalten, und habe daher nicht gewagt, etwas Passendes zu entgegnen. Doch letztlich war ich das Gekeife und die völlig lächerlichen Vorhaltungen dieser alten Hexe so leid ...“ Sie brach ab und schnaubte angewidert. „Als würde ich auch nur irgendetwas an diesem vertrottelten Hornochsen, den sie ihren Sohn schimpft, mit der Zunge anrühren, ganz zu schweigen von seinen Füßen.“
Wills Augen weiteten sich bestürzt ob dieser unflätigen Ausdrucksweise, doch Kade konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während sie fortfuhr: „Und dann keifte mich diese ranzige Gewitterziege doch tatsächlich an: ,Nun? Wollt Ihr Euch für dieses schändliche Betragen nicht entschuldigen? 1 Woraufhin ich den Mund aufmachte, um ihr verstehen zu geben, dass sie sich trollen solle. Die Worte habe ich gerade noch herausgebracht, aber bevor ich den
Mund wieder schließen konnte, kam doch das Essen hinterher und hat sich über den Saum ihres Kleides und ihre Füße ergossen.“ Die Erinnerung ließ sie aufseufzen, und ihr Atem ließ das feuchte Tuch leicht flattern, ehe ihre Lippen zu einem schmalen Strich wurden. „Und es tut mir kein bisschen leid. Könnt ihr euch vorstellen, wie es wäre, diese bösartige alte Harpyie zur Schwiegermutter zu haben? Grundgütiger, selbst wenn der Whisky mir nicht jede Selbstbeherrschung genommen hätte, wäre es mir nie gelungen, ihr gegenüber mein ungebärdiges Wesen zu zügeln.“
„Aber, Averill, du bist doch gar nicht
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