Der Highlander und der wilde Engel
Stewart als Zankapfel zwischen den beiden. Wobei „bitten“ vielleicht nicht das richtige Wort war, dachte er. Oh, seine Gemahlin hatte ihren Wunsch überaus liebenswürdig vorgetragen, und als Will rundheraus abgelehnt hatte, setzte sie ihm nicht minder liebenswürdig zu, bis er endlich einwilligte. Kade war beeindruckt von ihrer Hartnäckigkeit. Sie konnte wahrlich eine halsstarrige Range sein, wenn sie sich in etwas verbissen hatte.
„Außerdem ist das alles völlig unerheblich, Will“, bemerkte sie nun schnippisch. „Du hast zugestimmt. Die Männer helfen längst in der Halle, was ich sehr zu schätzen weiß. Also, was bringt es, noch immer darüber zu lamentieren?“
„Gut, gut“, gab Will sich mürrisch geschlagen. „Aber du bist schuld, wenn sie fortan kein Wort mehr mit mir reden. Sie waren nicht eben erfreut über den Befehl.“
Averill zuckte unbekümmert mit den Schultern. „Sie werden schon darüber hinwegkommen. Vieles im Leben ist einem zuwider, und man muss es dennoch tun. Wo wir gerade dabei sind ...“ Sie wandte sich mit ernster Miene an Kade. „Haltet Ihr es wirklich für klug, wegen der Vorräte ausgerechnet nach Donnachaidh zu reiten? Gewiss haben wir doch auch noch andere Nachbarn, bei denen wir fragen könnten, nicht wahr?“
„Aye", erwiderte er.
„Wäre es dann nicht vielleicht besser, sich an einen von ihnen zu wenden?“, hakte sie hoffnungsvoll nach.
„Was missfällt Euch an dem Gedanken, nach Donnachaidh zu reiten?“, fragte Kade geduldig.
„Laird Donnachaidh ist doch ein Teufel“, platzte sie heraus.
„Habt Ihr ihn je kennengelernt?“, fragte er.
„Das nicht“, gab sie zu.
„Woher wollt Ihr dann wissen, dass er ein Teufel ist?“, fragte Kade. Sinnigerweise, wie er fand.
„Weil man ihn den Teufel von Donnachaidh nennt, deshalb“, konterte Averill ungeduldig. „Ich bezweifle, dass man ihm den Namen wegen seiner Güte gegeben hat.“
„Nay, hat man nicht“, räumte er ein. „Er hat sich den Namen auf dem Schlachtfeld errungen, weil er so wild und unerbittlich kämpft.“
„Nun gut, aber ...“
„Zudem“, fiel Kade ihr ins Wort, „wenden wir uns an ihn, weil Donnachaidh zum einen nicht allzu weit entfernt ist und seine Gemahlin zum anderen die Schwester des Mannes meiner Schwester Merry ist. Von all unseren Nachbarn haben wir von ihm also am ehesten die Unterstützung zu erwarten, die wir brauchen.“
„Oh“, murmelte Averill.
Diese Neuigkeiten schienen sie zu beschwichtigen. „Ich wusste ja noch gar nicht, dass ein verwandtschaftliches
Band besteht.“
Er zuckte mit den Schultern. Es ärgerte ihn ein wenig, dass er sich hatte rechtfertigen müssen. Das war er nicht gewohnt, und er wollte es auch nicht zur Gewohnheit werden lassen. Andererseits waren sie frisch vermählt, und sie lernte ihn ja gerade erst kennen. Künftig würde sie hoffentlich auf sein Urteil vertrauen und seine Entscheidungen nicht infrage stellen.
Sie erklommen den Hügel voraus und blickten auf ein bewaldetes Tal hinab, das eine weitere Anhöhe umgab, auf der Donnachaidh Castle lag. Kade musterte das bedrohlich wirkende Bollwerk einen Moment lang, ehe er sich im Sattel umwandte, um sich zu vergewissern, dass der Wagen und das Dutzend Bewehrte Schritt hielten. Letztere sollten auf dem Rückweg die Güter schützen, die er, wenn alles gut ging, mit nach Hause nehmen würde. Als er feststellte, dass Karren und Männer dicht hinter ihm folgten, nickte er zufrieden und ritt an, den Hügel hinab.
Trotz ihrer englischen Gewandung fanden sie das Tor nicht verschlossen vor, als sie Donnachaidh erreichten, und auch die Zugbrücke war herabgelassen. Sie wurden gar von drei Männern erwartet, die ihnen entgegenritten und sie auf halbem Wege die Steigung hinauf trafen. Der Anführer war ein Bursche namens Tavis, ein blonder, gut aussehender Kerl, dem Kade schon in der einen oder anderen Schlacht begegnet war - glücklicherweise stets auf derselben Seite wie die Donnachaidh-Krieger. Kade wusste, dass Tavis der Cousin von Cullen Duncan war, besser bekannt als der Teufel von Donnachaidh.
Beim letzten Zusammentreffen mit Tavis hatte dieser immerzu ein charmantes Lächeln zur Schau getragen, für das sich ihm jeder Weiberrock gehoben hatte, der ihm in die Quere kam - was erstaunlich viele gewesen waren, bedachte man die Umstände. Nun hingegen wirkte er in sich gekehrt, ja, fast ernst. Auch bedachte er Averill nur mit einem flüchtigen Blick, was ihm so gar nicht ähnlich sah, denn
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