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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Rücken. Schwer zu sagen, woher die stammen.«
    »Jemand, der sie zu fest gepackt hat? Oder was Schlimmeres?«
    »Ich habe danach gefragt, aber keine richtige Antwort gekriegt. Anfangs.«
    »Wie meinst du das?«
    »Der Vater schien die ganze Zeit in eine andere Richtung zu schauen.« Er sah sie an. »Aber vielleicht hab ich mich auch getäuscht.«
    »Was hat denn die Mutter gesagt?«
    »Dass das Mädchen von einer Schaukel gegen das Gerüst gefallen ist. Aber dann ist ihr wohl eingefallen, warum sie hier waren, und sie hat schnell gesagt, dass der Unbekannte, den das Mädchen getroffen hat, es vielleicht getan hat.«
    »Könnte es so gewesen sein? Könnten die blauen Flecken von einem Sturz herrühren?«
    »Schon möglich - sie sind ja ganz frisch.«
    »Du zögerst.«
    »Mir ist eingefallen, dass es ja nicht gerade ungewöhnlich ist, dass Eltern, die ihre Kinder schlagen, es als Unfall anzeigen. Oder Geschichten erfinden, die das belegen sollen, manchmal geradezu phantastische Sachen.«
    »Wie die, dass das Mädchen einem Unbekannten gefolgt ist.«
    »Ja. Aber das ist dein Gebiet«, sagte er und hob das Telefon ab, das gerade klingelte. Er schaute sie an, die Hand überm Hörer. »Aber es könnte ja trotzdem stimmen.«
    *
    Winter und Ringmar bereiteten sich auf das Verhör an diesem Vormittag vor. Sie saßen in Ringmars Zimmer. Winter erschien es dunkler denn je. Das kam nicht nur daher, weil draußen Herbst war.
    »Hast du das Zimmer tapezieren lassen?«, fragte er.
    »Japp, eigenhändig, an diesem Wochenende. Ich kann mir nächsten Sonntag dein Zimmer vornehmen.«
    »Weil es so viel dunkler wirkt«, sagte Winter.
    »Das entspricht meiner Stimmung. Die spiegelt sich in den Wänden.«
    »Und warum ist die so düster?« Ringmar antwortete nicht.
    »Das… Übliche?«, fragte Winter.
    »Wegen Martin.«
    »Hat er immer noch nichts von sich hören lassen?«
    »Nein.«
    »Aber Moa weiß etwas?«
    »Wo er ist? Ich glaube nicht. Sonst hätte sie es mir doch wohl erzählt.«
    Ringmar schnaubte und hob den Arm, ein kurzes Niesen und noch eins. Er hob das Gesicht aus der Armbiege und sah Winter an. »Er ruft sie manchmal an. Soweit ich weiß.«
    Bertils Augen waren feucht und Winter wusste, das kam von dem Niesanfall, aber Bertils Situation konnte einem auch so die Tränen in die Augen treiben. Warum ließ dieser verdammte Bengel nicht von sich hören? Bertil hatte das nicht verdient. So gut kannte Winter ihn.
    »Aber zu meinem zweiten Kind hab ich jedenfalls noch Kontakt«, sagte Ringmar und sah an Winter vorbei zum Fenster, der untere Rand war beschlagen, ein schmaler Streifen. »Vielleicht ist die Ausbeute insgesamt doch nicht so schlecht.« Er sah Winter an. »Fünfzig Prozent Erfolg bei der Erziehung. Oder wie zum Teufel man das nennen soll.«
    »Er kommt zurück«, sagte Winter. »Bestimmt lässt er wieder von sich hören.«
    »Die Frage ist nur, warum er überhaupt abgehauen ist.«
    »Du musst ihn fragen.«
    »Ja.«
    »Das hat bestimmt nichts mit dir zu tun«, sagte Winter. »Er ist einfach auf dem Weg… zu sich selbst. Junge Menschen sind doch noch auf der Suche nach sich selbst, mehr als andere.«
    »Auf der Suche nach sich selbst? Das hast du aber schön ausgedrückt.«
    »Ja, nicht?«
    »Aber verdammt noch mal, er ist bald dreißig. Nennst du das jung?«
    »Du nennst mich doch auch jung, Bertil. Ich bin über vierzig.«
    »Bist du auch auf dem Weg zu dir selbst?«
    »Und wie.«
    »Meinst du das ernst?«
    »Und wie.«
    »Suchst du den Sinn des Lebens?«
    »Natürlich.«
    »Bist du noch weit vom Ziel entfernt?«
    »Wie siehst du das denn?«, fragte Winter. »Du bist ja schon über fünfzig. Du bist schon weiter.«
    Ringmar sah wieder an Winter vorbei, zum Fenster, das das schwindende Nachmittagslicht hier drinnen widerspiegelte.
    »Ich glaube, ich hab ihn gefunden«, sagte Ringmar, »den Sinn des Lebens.«
    »Erzähl mal!«
    »Er liegt darin, dass man sterben muss.«
    »Sterben? Das soll der Sinn des Lebens sein?«
    »Es ist der einzige Sinn.«
    »Zum Teufel noch mal, Bertil.«
    »Im Augenblick hab ich jedenfalls so ein Gefühl.«
    »Gegen so was gibt's Medizin, Bertil.«
    »Ich glaub nicht, dass ich eine klinische Depression habe.«
    »Manisch bist du jedenfalls nicht, das ist mal sicher«, sagte Winter.
    »Jeder hat das Recht, hin und wieder ein bisschen deprimiert zu sein«, sagte Ringmar. »Da draußen laufen viel zu viele grinsende Menschen rum.«
    »Da geb ich dir Recht.«
    »Viel zu viele«, wiederholte

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