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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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geschafft, Feuer im Herd zu machen nach der Arbeit auf dem Feld. Gott mochte wissen, was er dort trieb.
    »Ich glaub, ich hab noch ein paar Sachen hier.« Der Alte antwortete nicht, schien nichts gehört zu haben.
    »Ich hab kürzlich dran gedacht, und da sind mir ein paar Sachen eingefallen.«
    »Was für Sachen?«
    »Spielzeug.«
    »Spielzeug?« Der Alte goss sich Kaffee nach, diese schwarze Brühe, die einen umbringen konnte. »Was willst du denn mit Spielzeug?« Er sah ihn an. »Du hast doch wohl kein Kind gekriegt?«
    Er antwortete nicht.
    »Du hast doch wohl kein Kind gekriegt?«, wiederholte der Alte.
    »Nein.«
    »Kann ich mir auch nicht vorstellen.«
    »Es sind meine… Erinnerungen«, sagte er. »Mein Spielzeug.«
    »Was ist es denn für Spielzeug?«
    »Es liegt in einer Kiste, glaub ich.«
    »Ja, Herr im Himmel«, sagte der Alte, »wenn noch was da ist, dann liegt es auf dem Speicher. Dort hab ich seit damals nicht aufgeräumt, seit Rut gestorben ist.« Er starrte ihn wieder an. »Sie hat nach dir gefragt.«
    »Ich geh mal rauf«, sagte er und erhob sich. Die Treppe zum nächsten Stockwerk knarrte genau wie früher. Er ging nicht in sein ehemaliges Zimmer.
    Es roch nach nichts. Als ob alles verschwunden wäre, seit der Alte hier nicht mehr schlief. Er hatte sich ein Bett in der Kammer neben der Küche hergerichtet. Aber es ist nicht verschwunden, dachte er jetzt. Nichts verschwindet. Es ist noch da und es wird immer größer und stärker und schrecklicher.
    Durch das Fensterchen am Giebel fiel schwaches Nachmittagslicht. Er knipste das Licht an, eine nackte 40-Watt- Glühlampe, die an einem Kabel von der Decke hing. Er sah sich um, aber es gab nicht viel zu sehen. Das Bett, in dem er geschlafen hatte. Einen Sessel, an den er sich erinnerte. Drei Korbstühle, einen schiefen Tisch. Drei Mäntel hingen auf Bügeln rechts an der Stange.
    Auf dem Fußboden lagen Sägespäne, drei kleine Haufen. In der hinteren Ecke standen ein paar Kartons unter dem Fenster. Dorthin ging er und öffnete den linken. Unter ein paar Decken und Handtüchern lagen seine beiden Sachen, er nahm sie heraus und trug sie zum Auto.
    Der Alte kam aus dem Haus. »Du hast also was gefunden.«
    »Ich fahr jetzt«, sagte er.
    »Und wann kommst du wieder?«, fragte der Alte.
    Nie, dachte er.
    *
    Winter parkte hinter dem Block, in dem die Hälfte aller Geschäfte am Doktor Fries Torg waren. Es war nicht das erste Mal. Einmal hatte er so heftige Zahnschmerzen gehabt, dass er doppelt gesehen hatte. Als sein Zahnarzt den Zahn berührte, hatte Winter seine Waffe entsichert. Nein. Aber die vorsichtige Berührung des Zahnarztes hatte gereicht, dass er fast bewusstlos geworden war.
    Jetzt ging es nicht um einen Zahnarztbesuch. Vielleicht wäre das besser gewesen. Brutal misshandelte junge Leute, das war schlimmer.
    Der Platz war fast menschenleer. Wie in den sechziger Jahren, dachte er. So sieht es hier aus. Ich muss vier Jahre alt gewesen sein, vielleicht drei. Schon zu der Zeit ging Vater zu einem Zahnarzt hier. Das war doch hier?
    Sein Handy vibrierte in der Innentasche seines Mantels.
    Er erkannte die Nummer auf dem Display. »Hallo, Mutter.«
    »Du hast die Nummer gesehen, Erik?«
    »Wie immer.«
    »Wo bist du gerade?«
    »Auf dem Doktor Fries Torg.«
    »Doktor Fries Torg? Warst du beim Zahnarzt?«
    »Nein.« Er machte einen Schritt zur Seite, um zwei junge Frauen mit Kinderwagen vorbeizulassen. »Ist Papa nicht früher auch zu einem Zahnarzt hier gegangen?«
    »Ja… ich glaube. Warum fragst du das?«
    »Ach, nur so.« Er hörte es den ganzen Weg von Nueva Andalucía bis ins Göteborg der sechziger Jahre rascheln. Vielleicht blätterte sie in der Zeitung, aber das glaubte er nicht. »Wie ist es an der Sonnenküste?«
    »Verhangen«, antwortete sie. »Der ganze Tag war verhangen und gestern auch.«
    »Das muss ja schrecklich sein«, sagte er. »Wolken über der Costa del Sol.«
    »Ja.«
    »Was heißt Wolkenküste auf Spanisch?« Er zog ein Päckchen Corps aus der Innentasche seines Mantels und zündete sich einen Zigarillo an. Er schmeckte wie der frühe Winter, der ihn umgab, ein dunkler Geschmack voller schwerer Düfte.
    »Das weiß ich nicht«, sagte sie.
    »Nun wohnst du schon seit Jahrzehnten da unten und kennst nicht das spanische Wort für Wolken?«
    »Ich glaub, dafür gibt es hier kein Wort«, sagte sie.
    Er lachte.
    »Wusstest du, dass die Japaner kein Wort für blau haben?«, fragte er.
    »Das kenn ich aber«, sagte sie. »Blau heißt

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