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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Jungen saß eine Frau. Da waren Apparate. Geräusche, die künstlich klangen. Licht, das grell war.
    »Wir gehen in das andere Zimmer«, sagte Winter. Man hatte ihnen einen Raum zur Verfügung gestellt. »Wo sind die Eltern?«, fragte Winter, während sie durch den Korridor gingen.
    »Oben bei einem der Ärzte.«
    »Sie bleiben wohl hier?«
    »Natürlich.«
    »Ich fahr jetzt nach Hause«, sagte Angela.
    Sie umarmten sich, und Winter küsste sie. Über ihre Schultern sah er Ringmar in die Augen. Sein Gesicht war ganz eingefallen.
    *
    Das Zimmer war nackt wie die Bäume draußen und die Straßen unter ihnen. Winter lehnte sich in die eine Ecke. Von den drei Glas Wein, die er im Lauf des Abends getrunken hatte, hatte er Kopfschmerzen bekommen. Er versuchte sie mit der linken Hand von seiner Stirn zu reiben. Weiter entfernt spielte ein Radio Rockmusik. Touch me, schnappte er auf. Und etwas, das wie take me to that other place klang. Aber es gab keinen anderen Ort. Es war hier, alles war hier. Er kannte die Band nicht, aber das war nicht verwunderlich. Halders hätte sie vermutlich sofort erkannt. Und Bergenhem. Und Macdonald. Take me to that other place. Reach me. It's a beautiful day.
    Der Junge dort drinnen war nicht viel älter als Elsa.
    »Was ist weiter passiert?« fragte er.
    »Sie haben einen Wagen losgeschickt und dann noch einen«, antwortete Ringmar.
    »Wohin?«
    »Zuerst zum Spielplatz und dem Park. Dann… tja.«
    »Dann hat man aufs Geratewohl herumgesucht«, ergänzte Winter. »Es lagen zehn Kilometer dazwischen.«
    Zehn Kilometer zwischen dem Spielplatz, wo der Junge verschwunden war, und dem Ort, wo man ihn schließlich gefunden hatte.
    »Wer hat ihn gefunden?«
    »Der klassische Fall, ein Hund und sein Herrchen.«
    »Wo ist er, ich meine der Hundebesitzer?«
    »Zu Hause.«
    Winter nickte.
    »Es sind also vier Stunden vergangen«, sagte er. »Gute vier Stunden.«
    »Wie viel wissen wir über die Verletzungen?«, fragte Winter.
    Ringmar machte eine hilflose Bewegung, die alles und nichts bedeutete. Ihm schien es schwer zu fallen, die Hand zu heben. Draußen auf dem Flur hatten die Gitarren aufgehört zu klingen. Wer zum Teufel spielte hier drinnen Rockmusik?
    »Er hat offenbar Verletzungen am Oberkörper«, sagte Ringmar. »Und im Gesicht. Keine… keine unterhalb der Taille.«
    »Ich hab das Gesicht gesehen«, sagte Winter.
    »Und ich den Arm«, sagte Ringmar.
    »Wundert dich überhaupt noch etwas in diesem Leben?«, fragte Winter, stieß sich von der Wand ab und massierte wieder seine Stirn. »In dem Leben, das wir gerade leben?«
    »Es gibt Fragen, die kann man weder mit ja noch mit nein beantworten«, sagte Ringmar.
    »Wo waren die Eltern, als die Meldung in der Zentrale einging?«
    »Der Mann arbeitete, zusammen mit mehreren anderen, und die Frau trank Kaffee mit einer Freundin.«
    Und ich hab Wein in einem Lokal getrunken, dachte Winter. Ein kurzer Moment der Ruhe und Wärme in einer geschützten Nische des Lebens.
    »Er muss ein Auto gehabt haben«, sagte er. »Oder? Ist mit dem Jungen mitten durch die Rushhour gefahren, als alle nur geradeaus schauten und nach Hause wollten.«
    »Er hat das Auto im Park abgestellt«, sagte Ringmar. »Oder daneben.« Er rieb sich das Kinn, und Winter hörte das Kratzen der einen Tag alten Bartstoppeln. »Die Leute von der Spurensicherung sind jetzt dort.«
    »Viel Glück«, sagte Winter ohne Überzeugung. Eine Million sich überschneidender Spuren auf einem Parkplatz. Nun müssen wir wieder unter unseren bekannten Missetätern suchen, dachte er. Einfach anfangen. Entweder finden wir ihn, oder wir finden ihn nicht. Das kann eine lange Reise werden. »Ich muss auch noch mit dem Personal vom Kindergarten reden«, sagte er. »Wie viele es auch sein mögen. Oder… wenige.«
    *
    Aber zuerst die Eltern. Sie saßen in einem Zimmer, das Winter kannte. Angelas Zimmer. Sie hatte dafür gesorgt, dass sie dorthin geführt wurden, bevor sie nach Hause fuhr. Auf dem Schreibtisch stand normalerweise ein Foto von ihm und Elsa, aber sie hatte es entfernt, bevor Paul und Barbara Waggoner mit ihrer Verzweiflung hereinkamen. Klug. Sie war klug.
    Der Mann stand und die Frau saß. Es lag eine Art unterdrückter Rastlosigkeit über ihnen, die Winter nur allzu gut kannte nach all seinen Begegnungen mit Angehörigen von Verbrechensopfern. Sie waren natürlich auch Opfer. Eine Rastlosigkeit, die wie ein fast greifbarer Wille war, die Zeit bei damals anzuhalten. Verbrechensopfer suchten für

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