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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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überhaupt logisch über Verbrechen nachdenken, oder werden sie vielleicht von Unlogik und Zufällen gelenkt? Oder ist es ein kalkuliertes Chaos, wenn es so was gibt?« Er sah sie wieder an. »Es kann so viel sein. Es kann reiner Wahnsinn sein, eine ernste Geisteskrankheit. Quälende Erinnerungen. Rache.«
    »Kann das sein? Rache?«
    »Ja. Rache gegen jemanden, der einem wehgetan hat. Direkt. Oder indirekt. Ja, das ist schon normal. Das kann weit zurückreichen.«
    »Weit in die Vergangenheit?«
    »Genau. Die Vergangenheit wirft Schatten. Das weißt du ja. So ist es oft. Man muss die Antworten jetzt finden, aber im Damals suchen. Was jetzt geschieht, hat dort seinen Ursprung.«
    »So könnte es diesmal also auch sein? Der Überfall auf die Studenten? Und der misshandelte Junge?«
    »Natürlich.«
    »Es sind verschiedene Ereignisse, aber trotzdem.«
    »Mhm.«
    »Sind es nicht zwei verschiedene Sachen?«
    »Schon…«
    »Du zögerst.«
    »Nein, ich hab an die Suche in der Vergangenheit gedacht, graben in der Vergangenheit. Die Suche nach Antworten.«
    »Seid ihr wie Journalisten, die alles untersuchen?«
    »Nein… eher wie Archäologen. Die Archäologen des Verbrechens.«

27
    Auf die Fahndung nach Aris Kaite bekamen sie viele Hinweise, aber kein Tipp führte sie zu ihm.
    »Hast du was Neues gehört von diesen afrikanischen Clubs?«, fragte Fredrik Halders, als sie die östlichen Hügel zu seinem Haus hinauffuhren.
    »Nein«, antwortete Aneta Djanali. »Er ist nirgends Mitglied. Sie kannten ihn natürlich, aber er ist nicht Mitglied.«
    »Bist du Mitglied?«
    »Bei was genau sollte ich Mitglied sein?«
    »Im Ougadougou-Club.«
    »Wie wär es, wenn ich dich mitnehme nach Ougadougou, Fredrik? Manchmal glaub ich, du träumst von Ougadougou. Du redest ziemlich oft davon.«
    »Tun das nicht alle?«, fragte Halders.
    Aneta Djanali war im Östra-Krankenhaus in Göteborg geboren worden, sie hatte afrikanische Eltern, Einwanderer aus Burkina Faso, die das Land verlassen hatten, als es noch Obervolta hieß. Ihr Vater war in Schweden Ingenieur geworden, und als Aneta an der Grenze zum Erwachsensein stand, waren ihre Eltern in die Heimat zurückgekehrt. Sie hatte sich für Schweden entschieden.
    Natürlich. Ihr Vater lebte jetzt allein in einem kleinen Haus in der Hauptstadt. Das Haus hatte ungefähr die gleiche ausgebleichte sonnentrockene Farbe wie der Sand, der die Stadt umgab. Alles dort war warme, scharfe Luft oder blau gefroren und die Menschen trugen immer dieselben Träume von Wasser mit sich herum, das nie kam. Aneta Djanali war dort gewesen. Das Land war ihr fremd gewesen. Sie hatte sich zwar sofort zu Hause gefühlt, aber sie hatte auch gewusst, dass sie dort nicht leben wollte.
    Sie parkte vor Halders' Haus, in einem der Fenster leuchteten Adventskerzen.
    »Wenn du willst, hole ich Hannes und Magda ab«, sagte sie, als er ausstieg.
    »Hast du nicht noch viel zu erledigen?«
    »Das kann warten.« Sie lachte kurz auf. »Ich wollte sowieso nur Maniokwurzeln und getrocknete Bananen kaufen, aber die sind ja nie ausverkauft.«
    »Und wenn dein Club heute Abend ein Fest gibt?«
    »Was passiert, wenn Leute deine rassistischen Witze mal ernst nehmen, Fredrik?«
    »Das wage ich gar nicht auszudenken«, antwortete er.
    »Soll ich sie abholen?«
    »Ja, sehr gern. Ich mach inzwischen was zu essen.« Die Autotür in der Hand, beugte er sich noch mal vor. »Ich habe Sandbröt…«
    »Ja, ja«, sagte Aneta Djanali und fuhr an.
    *
    Winter saß in Birgerssons Zimmer. Der Dezernatschef rauchte im Halbdunkel vorm Fenster.
    Hinter ihm spreizten sich vor einem klaren Abendhimmel die Seile, die das Dach vom Ullevi-Stadion hielten. Winter konnte einen Stern sehen.
    »Was machst du Weihnachten, Erik?«
    »Spanien. Costa del Sol. Wenn ich hier wegkomme.« Birgersson grunzte und strich die Asche ab.
    »Wann verhört ihr die Kinder?«, fragte er.
    »Morgen fangen wir an.«
    »Es wird schwer.«
    Winter antwortete nicht. Er beugte sich vor und zündete sich einen Corps an, das Streichholz ließ er ein paar Sekunden brennen. Birgersson lächelte.
    »Vielen Dank für die Weihnachtsstimmung.«
    »Sie können schon ganz gut sprechen«, sagte Winter und ließ Rauch aufsteigen. »Fast wie Erwachsene.«
    Birgersson grunzte wieder.
    »Trotzdem wird es hart«, fuhr Winter fort.
    »In den alten Zeiten, die gerade eben vorbei sind, sagte man, ein Kind ist nach einem einzigen Verhör kaputt«, sagte Birgersson. »Dann kriegt man nichts mehr aus ihm heraus.«

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