Der Himmel schweigt
Waren Sie auch während .«
Seine schon zuvor reservierte Miene wurde nun vollends abweisend. »Während des Massakers dort? Ja.«
Sie spürte, wie ihr aus Verlegenheit über ihre Ungeschicklichkeit die Hitze ins Gesicht stieg. »Es tut mir Leid. Ich wollte keine schmerzhaften Erinnerungen wecken.«
Schließlich kannte die ganze Republik der Sphäre die traurige Geschichte. Wie Agenten der Konföderation Capella auf Liao Unfrieden gestiftet und das System zu einem eiternden Dorn im Fleisch der Republik der Sphäre gemacht hatten. Wie ein auf dem Raumhafen arbeitender Verräter einem capellanischen Landungsschiff ermöglicht hatte, ohne Freigabe aufzusetzen. Wie die Straßen von Changan rot vor Blut waren, als die Capellaner mit Liao und die Republik mit den Capellanern fertig waren.
»Schon gut«, sagte er. »Es ist lange her. Aber es schmerzt noch immer. Meine Eltern starben beide während der Straßenkämpfe, noch ziemlich am Anfang.«
»Hatten Sie engen Kontakt zu Ihren Eltern?«
»Nicht eng genug, wie sich herausstellte. Ich schaffte es nicht rechtzeitig nach Hause, um sie zu retten.«
»Ich kann mir nicht vorstellen .« Aus einem plötzlichen Impuls heraus berührte sie kurz seinen Arm und fühlte, wie sich seine Muskeln selbst unter dieser flüchtigen Berührung anspannten. »Meine Eltern sind auch tot. Es war nicht annähernd so schlimm wie . wie auf Liao. Aber ich vermisse sie trotzdem.«
Ein Wummern in der Luft und das Klirren der Fensterscheiben zerstörte den Moment. Ein Schatten glitt über den niedrigen grünen Rasen vor der Burg.
Ezekiel Crow erstarrte, lauschte, entspannte sich. »Ein vorbeifliegender Hubschrauber.«
»Eher ein landender«, korrigierte sie. »Wir liegen auf keiner regulären Flugroute und - unglücklicherweise, was ungestörtes Arbeiten betrifft - das Hauptquartier weiß, wo ich bin.«
»Ich höre ihn nicht aufsetzen.«
»Es liegen mehrere dicht bewaldete Bergkuppen zwischen der Burg und dem Hubschrauberlandeplatz. Das reduziert den Lärm und verschönert die Aussicht.« Sie drückte auf den Rufknopf für die Hausdame, der sich neben der Tür befand. »Mrs. Danvers? Setzen Sie Tee auf und machen Sie ein paar kräftige belegte Brote. Wir dürften bald Besuch bekommen.«
Der Besuch stellte sich eine Viertelstunde später als Oberst Michael Griffin heraus. Als der Oberst im Söller eintraf, waren alle Spuren des Arbeitsessens verschwunden und durch ein Porzellanteeservice und eine Platte mit Brot, Fleisch und Käse ersetzt. Griffin füllte seinen Teller mit der höflichen Konzentration eines Mannes, der bereits das Mittagessen verpasst hatte und damit rechnete, auch nicht zum
Abendessen zu kommen.
»Was führt Sie in solcher Eile hierher, Oberst?«, fragte Tara.
»Eine strategische Beratung«, antwortete er. »So etwas macht man am besten im direkten Gespräch. Heutzutage weiß man nie, wer bei Kommverbindungen mithört.«
Ezekiel Crow fixierte ihn mit düsterem Blick. »Wollen Sie damit suggerieren, es gäbe Verräter auf Northwind?«
Oberst Griffin machte eine Pause und blickte Crow gelassen über den Rand der Teetasse an. »Ich arbeite beim Nachrichtendienst, Mylord. Es ist mein Job, die Anwesenheit von Verrätern anzunehmen.«
Tara unterdrückte bei diesem Wortwechsel ein Seufzen. Die beiden taten es schon wieder. Sie benahmen sich wie Hunderüden, die beim Anblick eines Rivalen das Fell sträubten. Ob sie auch nur ahnten, dass sie es bemerkte?
Als hätte ich nicht schon genug zu tun, dachte sie, auch ohne dass meine beiden wichtigsten Berater die Zähne fletschen und einander anknurren, sobald sie sich begegnen. Das war einer der Gründe gewesen, warum sie Crow mit nach Castle Northwind gebracht hatte: Um ihn und Griffin zu trennen.
Zeit, Öl auf die Wellen zu gießen, Tara, sagte sie sich. Gehört alles zum Arbeitsprofil. »Man braucht keinen Verräter, um für Schwierigkeiten zu sorgen. Es reicht schon jemand mit anderen Loyalitäten oder anderen Zielen. Und selbst ohne HPG-Netz treffen genug Reisende auf Northwind ein, die reichlich von beidem mitbringen.«
Griffin wirkte ein wenig besänftigt. »Und sie halten mich auf Trab, das dürfen Sie mir glauben.« Er nahm einen Schluck Tee. »Heute erst.«
»Wie das?«, fragte sie.
»Auf dem Hafen ist ein Landungsschiff angekommen, das den üblichen Berg Post und Nachrichtendisks mitgebracht hat.« Der Oberst öffnete den Lederkoffer, den er mitgebracht hatte, und holte eine
Disk heraus. »Unter anderem diese von
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