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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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würde, schließlich hatten sie sich ja schon gesehen, aber Sofias Erscheinung – die Stimme, der Mund und noch etwas an ihren Bewegungen, das er nicht genau ausmachen konnte – hatte in Sekundenschnelle seine Abwehr außer Kraft gesetzt.
    Er holte tief Luft, bevor er den Weg an den Tisch zurück antrat. Den Teller mit der Zimtschnecke stellte er neben ihre Teetasse. Behutsam atmete er aus, während er beobachtete, wie Sofia den Teebeutel im heißen Wasser versenkte und ihn einige Male im Kreis zog. Sie trug eine rosafarbene Strickjacke, die ihr wesentlich besser stand als die schwarze Kleidung am Tag der Beerdigung.
    »Ich hoffe, du fandest es nicht unverfroren von mir, dass ich vorgeschlagen habe, sich noch einmal zu treffen.« Sie zupfte an ihrem Teebeutel und legte ihn im Schälchen, das neben der Tasse stand, ab.
    »Unverfroren? Wieso das denn?«
    Sofia zuckte mit den Schultern. »Na ja, keine Ahnung … Vielleicht weil Rebecka es nicht wollte, dass wir uns begegnen. Und jetzt, wo sie tot ist, ergreife ich die Gelegenheit. Wenn sie nichts mehr dagegen tun kann.«
    Mikael überlegte. »Das hat sie selbst so gewollt«, antwortete er langsam. »Sie hat die Zügel aus der Hand gegeben.«
    »Man kann es kaum glauben, dass Rebecka freiwillig die Kontrolle abgibt.« Sofia lächelte und wartete auf seine Reaktion. Mikael sah sie an.
    »Ja«, bestätigte er. »Da hast du wohl recht. Daran habe ich noch gar nicht gedacht.« Er reckte sich, es war ein sonderbares Gefühl, dass jemand Rebecka nun auf diese Art und Weise kritisierte. Aber wenn schon jemand das Recht dazu hatte, dann war es wohl – neben ihm – ihre Schwester.
    Sofia pustete ein bisschen über ihren Tee und nahm einen Schluck. »Weißt du, warum sie es getan hat?«, fragte sie ihn, als sie die Tasse wieder abgestellt hatte.
    »Nein.« Seine Antwort kam postwendend. »Jeder stellt mir dieselbe Frage, und ich kann nichts anderes darauf antworten, als dass ich es nicht weiß. Denn so ist es. Aber ich merke, dass die Leute glauben, dass ich ihnen etwas verheimliche.« Er sah sie trotzig an. »Dass ich in Wirklichkeit natürlich zumindest eine Ahnung habe oder es sogar habe kommen sehen und ihnen absichtlich die Antwort vorenthalte, auf die sie warten. Ich verstehe, dass es frustrierend ist, es nicht erklären zu können, aber ich bin kein Orakel. Ich weiß es ja selbst nicht. Vielleicht sollte ich, aber ich weiß es nicht.« Mikael verstummte. So viel hatte er gar nicht sagen wollen. Die Worte waren aus ihm geradezu herausgesprudelt, wie von allein.
    »Entschuldigung, ich wollte dir nicht zu nahetreten. Ich wollte einfach …«
    Mikael winkte ab, er hatte überreagiert. Das war kein guter Anfang. »Du musst dich nicht entschuldigen«, entgegnete er. »Tut mir leid, ich bin gerade etwas empfindlich. Es ist verständlich, dass du dir Gedanken machst. Das tue ich ja auch und versuche, immer wieder neue Puzzlestücke zusammenzusetzen.« Er seufzte. »Und was glaubst du?«
    »Ich habe viel darüber nachgedacht. Ist ja klar.« Sofia sah wieder auf. »Als ich es erfahren habe, war ich völlig geschockt. Rebecka, die immer so zielstrebig und eifrig war bei allem, was sie tat. So erfolgreich. Das passte nicht zusammen. Aber gleichzeitig …« Sie biss sich auf die Wange. »Gleichzeitig kam mir der Gedanke, dass es eigentlich gar nicht so erstaunlich ist. Es war furchtbar, als mir das in den Sinn kam. Ich war zu Hause und mit irgendetwas beschäftigt, sah fern oder was auch immer, und mit einem Mal sagte mir diese innere Stimme ›Du wusstest, dass es geschehen würde‹. Ich wollte widersprechen und entgegnen, dass das nicht stimmte, aber dieser Satz hängt mir nach. Ich werde ihn einfach nicht los.«
    Mikael sah sie an. Sie hatte Tränen in den Augen, die eine Spur heller als Rebeckas Augen waren, wie auch ihr Haar und ihre Haut.
    Sofia wischte sich hastig die Tränen fort. »Entschuldige«, sagte sie. »Jetzt bin ich diejenige, die überempfindlich ist.«
    »Das ist doch kein Wunder.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.« Sofia lächelte und schniefte ein bisschen. »Wie lange wart ihr verheiratet?«
    »Fünf Jahre. Du warst eigentlich zur Hochzeit eingeladen.«
    »Ich weiß, es lag an Rebecka, du musst dich nicht entschuldigen.«
    Mikael nickte. »Und du? Bist du verheiratet?«
    »Geschieden. Wir waren nur ein Jahr verheiratet. Keine besonders erfolgreiche Ehe. Aber immerhin haben wir Melvin bekommen. Das heißt, etwas Gutes hatte es doch.«
    »Du hast einen

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