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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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völlig entnervt aus.
    Mikael lächelte sie an, als ihr schließlich die Worte ausgingen. »Alles kein Problem«, sagte er noch einmal und beobachtete, wie Sofia heftig ausatmete und die Luft hinausließ, die der Stress in den Lungen festgehalten hatte. »Du hast also einen Hund?«
    »Ja, einen Golden Retriever.« Sie lächelte und schien sich nun langsam zu entspannen. »Ich wollte schon immer einen Hund haben, aber Sigge war allergisch gegen Hunde. Ich habe den Hund angeschafft, als er ausgezogen ist. Wahrscheinlich ist das typisch für Eltern mit schlechtem Gewissen.«
    »Warum solltest du ein schlechtes Gewissen haben?«
    »Na, weil wir uns getrennt haben. Wegen all dem, was Melvin durchmachen musste, die Veränderungen, die Verunsicherung und die zwei Wohnungen, eine bei Mama, eine bei Papa …« Sie sah besorgt aus, aber kurz darauf lächelte sie wieder. »Unser Hund heißt Travolta, doch Melvin sagt meistens noch Wauwau. Ein Rentner, der bei uns im Haus wohnt, kümmert sich tagsüber um ihn. Aber jetzt wird er langsam pummelig – ich meine unseren Hund –, ich fürchte, Gunnar verwöhnt ihn zu sehr.« Sie versuchte, ein gespielt ernstes Gesicht aufzusetzen. Dann warf sie einen Blick auf die Wohnung, als wäre ihr mit einem Mal bewusst geworden, wo sie sich eigentlich befand. »Toll«, sagte sie, »ihr habt es sehr schön hier. Oder vielmehr du …«
    »
Ihr
war schon richtig. Rebecka hat die Wohnung eingerichtet.«
    »Wirklich?« Sofia sah sich im Wohnzimmer ganz genau um und war sichtlich beeindruckt. »Als ich sie das letzte Mal zu Hause besucht habe, wohnte sie noch in dieser Zweizimmerwohnung in der Torsgata. Das ist aber Ewigkeiten her. Wie groß ist die Wohnung?«
    »Wir haben fünf Zimmer, ich glaube, knapp zweihundert Quadratmeter …« Es war ihm fast peinlich. So viel Platz für zwei Personen. Und jetzt nur für eine.
    »Ihr habt es sehr schön dekoriert …«
    »Rebecka ging gern auf Auktionen.«
    Sofia nickte und schaute sich noch immer um. »Schönes Bild.« Sie wies auf ein Ölgemälde, das in einem eher unansehnlichen Holzrahmen hing. Es zeigte einen Vogel, dessen schwarzes Gefieder blau und grün schimmerte, als hätte ihn jemand mit Öl bespritzt. Er landete gerade auf einem Ast, und man konnte sehen, wie das Licht durch die grünen Blätter fiel, seine Flügel waren noch immer weit aufgespannt, doch seine Krallen hatten die Rinde schon erreicht.
    »Mit diesem Bild hat es etwas Besonderes auf sich«, erklärte Mikael, ohne seinen Blick von ihm abzuwenden. »Rebecka sagte, es sei ein spontaner Kauf gewesen. Allein das war schon merkwürdig, denn Rebecka war überhaupt nicht impulsiv. Sie plante alles lange im Voraus, worauf sie bieten wollte. Aber bei dem war es anders. Ich glaube, dieses Bild hat ihr irgendwie keine Ruhe gelassen. Sie hat es mehrere Male umgehängt, verschiedene Wände ausprobiert. Sie hat sogar mit dem Gedanken gespielt, es wieder zu verkaufen. Schließlich landete es dann hier, ein bisschen außerhalb des Blickfelds.«
    »Aber man sieht es dennoch. Die anderen Bilder hier sind ja wirklich schön und so …« Sie wies auf die anderen Wände. »Aber sie hängen da mehr zur Dekoration. Dieses hier ist irgendwie lebendiger.« Sie betrachtete den Vogel eine Zeitlang schweigend. »Ach, was rede ich, ich habe wirklich keine Ahnung von Kunst. Von Vögeln auch nicht.« Sie musste lachen.
    »Möchtest du etwas trinken? Ein Glas Wein? Oder musst du noch fahren?«
    »Nein, ich habe mich nicht getraut, nach diesem Theater ins Auto zu steigen, und in der Stadt ist es sowieso so schlecht mit dem Parken. Mit der U-Bahn ist man viel schneller.«
    »Das ist wohl wahr.« Es war schon lange her, dass er die U-Bahn benutzt hatte. »Weiß oder rot?«
    »Egal. Das heißt, vielleicht doch lieber roten, wenn du schon fragst.«
    Mikael stand auf und ging in die Küche. Als er ins Wohnzimmer zurückkam, war Sofia verschwunden. Er stellte die Gläser auf dem Couchtisch ab. Im Schlafzimmer fand er sie, als sie aus dem Fenster sah.
    »Ich hoffe, es ist in Ordnung, dass ich mich umsehe«, sagte sie, als er hinter ihr auftauchte.
    »Natürlich. Deshalb bist du ja hier.«
    »Wie viel Platz ihr habt!«
    »Zu viel Platz für mich allein. Ich werde die Wohnung wohl verkaufen und mir etwas Kleineres suchen. Ich denke auch darüber nach, in ein anderes Viertel zu ziehen. Die alten Gewohnheiten abschütteln und so …« Er verstummte und sah aus dem Fenster. In den meisten Häusern auf der anderen Seite

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