Der Himmel so fern
klein.
»Okay«, antwortete ich. »Ich wollte einfach nur helfen, aber ich respektiere, dass Ihnen diese Vorgehensweise nicht gefällt.«
Es wurde still im Zimmer, man hörte nur noch Sonjas Atmen, während sie schlief. Valdemar erhob sich und strich mit der Handfläche die Sitzfalte aus seiner Hose.
»Sie schläft«, sagte er leise. »Hier gibt es jetzt nicht mehr viel zu tun.« Er beugte sich über das Gitter an ihrem Bett und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. »Ich komme morgen wieder, bis dann«, verabschiedete er sich von ihr. Dann drehte er sich zu uns um. »Danke, dass Sie gekommen sind«, murmelte er. »Es war schön, ein bisschen Gesellschaft zu haben.« Er blickte wieder zu seiner schlafenden Ehefrau. »Unsere Gespräche sind auf die Dauer etwas einseitig geworden.«
»Und jetzt? Was machen wir jetzt?« Anna sah uns an und überlegte. »Wollen Sie vielleicht mit zu mir nach Hause kommen?«
Ich antwortete als Erste. »Gern«, sagte ich, obwohl ich es eigentlich gar nicht so meinte. »Aber geht das vielleicht auch ein anderes Mal? Ich habe noch etwas vor.«
Die anderen nickten, und Anna schien fast etwas erleichtert.
»Na, dann bis zum nächsten Mal«, verabschiedete sich Birger. »Adieu!«
Als Sofia eine Dreiviertelstunde zu spät endlich vor der Tür stand, hatte er sich bereits unzählige Male geärgert, dass er sich darauf eingelassen hatte. Er hätte absagen können. Ein Mann, der erst kürzlich Witwer geworden war, hatte das Recht, Stimmungsschwankungen zu haben, und doch schritt er nicht zur Tat. Einige Male hatte er das Telefon schon in der Hand gehabt und es doch wieder hingelegt. Unruhig drehte er eine Runde nach der anderen durch die Wohnung und ließ die beiden gegensätzlichen Stimmen, die sich in ihm zu Wort meldeten, argumentieren. Die eine behauptete, nicht ohne einen gewissen Unmut, dass die Wohnung noch immer Rebecka gehöre und sie niemals ihre Schwester hierher eingeladen hätte. Mit welchem Recht tat er dies nun, nachdem sie tot war? Die andere Stimme sagte jedes Mal, dass seine Ehefrau nicht mehr am Leben war und es ihm zustand, über sein Leben, seine Kontakte und seine Wohnung in vollem Umfang zu verfügen.
Offenbar hatte die zweite Stimme die stärkeren Argumente vorgebracht, denn als es an der Tür klingelte, hatte er nichts unternommen, um dies zu verhindern. Sofia war völlig aufgelöst, als er öffnete, und ihn überrollte eine Flut von Entschuldigungen über ihre Verspätung. Er versicherte mehrmals, dass es nicht schlimm sei, doch Sofia ließ das Thema nicht ruhen.
»Alles ging schief!«, erklärte sie, als Mikael ihr die Jacke abnahm und auf einen Bügel hängte. »Erst ließ sich mein Schrankschloss nicht öffnen, als ich heimgehen wollte. Das ist ein stinknormales Vorhängeschloss, und es hat noch nie Probleme gemacht, aber plötzlich ließ sich der Schlüssel nicht mehr umdrehen. Am Ende stand ich mit zwei Kollegen da, und wir haben alle drei probiert, es aufzubekommen.«
»Und hat es dann geklappt?« Mikael ging voran und führte Sofia ins Wohnzimmer. Sie schien gar keine Notiz davon zu nehmen, wo sie sich eigentlich befand, sondern ließ sich einfach auf dem Sofa nieder. Er selbst setzte sich auf die gegenüberliegende Sofaecke.
»Am Ende ja. Ich war gerade drauf und dran, den Hausmeister zu rufen, damit er es aufschneidet – meine ganzen Sachen und die Handtasche und alles andere war ja im Schrank – aber zum Glück musste das nicht sein. Aber dann …« Sie holte tief Luft. »Dann sprang mein Auto nicht an. Es ist zwar schon ziemlich alt und klapprig, aber dieses Problem hatte ich noch nie, und es war heute auch nicht besonders kalt. Ich stand völlig hilflos auf dem Parkplatz, als der Fahrer des Wagens neben mir auftauchte. Er war so nett und gab mir Starthilfe. Dann ging der Motor schließlich an.« Sie schüttelte den Kopf. »Also noch mal Entschuldigung, dass ich so spät dran bin«, wiederholte sie sich. »Ich musste ja auch erst noch mit dem Hund rausgehen, und duschen wollte ich auch. Wie du siehst, habe ich es nicht geschafft, meine Haare zu fönen, jetzt werde ich mir also wahrscheinlich auch noch eine Erkältung einfangen.« Demonstrativ hob sie eine Haarsträhne hoch, die noch etwas feucht aussah. »Es hieß, entweder mit nassen Haaren losfahren oder noch später kommen. Es tut mir leid, ich hätte vom Handy aus anrufen und Bescheid sagen sollen, doch als ich mich auf den Weg machte, merkte ich, dass der Akku leer war.« Sie sah
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