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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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kleine Krone. Valdemar daneben im Frack und in spitzen, blitzenden Schuhen. Er hielt den Arm beschützend um seine Braut. »Sie war erst zweiundzwanzig, als wir geheiratet haben. Schön, nicht wahr?«
    Anna trat einen Schritt näher und beugte sich vor, um das Bild genauer anzusehen. »Ihre Frau war wirklich bildhübsch, Sie aber auch, so elegant. Und ganz dunkelhaarig.«
    »Ich habe wallonisches Blut in den Adern, unsere beiden Söhne sind auch brünett. Obwohl auch sie langsam grau werden.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie Kinder haben.«
    »Nein. Wir haben uns in der letzten Zeit nicht gerade oft gesehen.«
    »Besuchen sie ihre Mutter denn nicht im Krankenhaus?
    »Olaf, der jüngere, ist einige Male hier gewesen, aber Bengt hat sie seit Jahren nicht gesehen. Als sie krank wurde …« Er seufzte. »Ja, sie war am Ende nicht mehr dieselbe. Das war schwer mitanzusehen. Und die Jungen sahen sie so selten, dass der Schock für sie noch viel größer war. Ich hatte sie ja jeden Tag um mich, so dass ich die Verschlechterung ihres Zustands gradweise miterlebt habe. Aber auch für mich war es schwer. Manchmal wurde ich so wütend, wenn sie sich so ungeschickt anstellte. Als ob das ihr Fehler sei. Auf manches, was in dieser Zeit passiert ist, bin ich gar nicht stolz …«
    »Mein Großvater war dement.« Anna wandte sich von dem Foto ab. »Und mein Vater hat ihn auch nicht oft besucht. Aber wenn er es getan hat, war er noch tagelang danach sehr schweigsam und verändert. Er wollte auch nicht, dass mein Bruder oder ich zu den Besuchen mitkommen. Ich weiß nicht, ob er uns vielleicht davor bewahren wollte. Wir waren damals noch ziemlich klein.«
    »Haben Ihre Söhne denn Familie?« Birger trat ein bisschen näher ans Bett und warf einen Blick auf das Hochzeitsfoto.
    »Ja«, sagte Valdemar stolz. »Olof hat drei Töchter und Bengt zwei – auch Töchter.«
    »Und wie alt sind sie?«
    »Die Jüngste wird dieses Jahr volljährig, und die Älteste ist schon dreißig. Wir haben sogar Urenkel, einen Jungen. Und er heißt Valdemar – nach mir. Der Name ist anscheinend wieder in Mode gekommen.« Valdemar streckte sich ein wenig. Der Gedanke an die Enkel gab ihm wieder Energie, das sah man ihm an. »Als Sonja noch gesund war, haben sie uns oft besucht«, fuhr er fort. »Aber in den letzten Jahren kam das nur noch selten vor. Sie haben ja alle ihr eigenes Leben, und so viel Spaß macht es sicher nicht, einem alten Opa wie mir einen Besuch abzustatten …«
    »Aber Sie sind doch deren Großvater und Urgroßvater …«
    »Ja, na ja … Wir haben uns zu Weihnachten gesehen und so. Die Jungen haben mich immer abwechselnd eingeladen. Und einmal bin ich im Sommer zu Olof in sein Ferienhaus gefahren. Aber das ist nicht so einfach, da fühlt man sich schnell als lästiges Anhängsel. Wie gesagt, sie haben ja ihr eigenes Leben. Aber Sonja hat sich viel um die Enkel gekümmert.« Es ging ein Strahlen über sein Gesicht, und wieder streichelte er ihre Hände, die kraftlos auf der Bettdecke lagen. »Kannst du dich noch erinnern, Sonja? Die Mädchen, wie viel du mit den Mädchen gespielt hast? Tove und Jessica, weißt du noch, wie sie bei uns im Sommer auf dem Land gewohnt haben? Und Alva, die so rote Haare bekommen hat, die Kleine. Das muss sie wohl von mütterlicher Seite haben, denn in unserer Familie war doch wohl niemand rothaarig? Nein, ich glaube, da war keiner.« Valdemar sah nachdenklich aus, dann sah er Anna wieder an. »Manchmal besuche ich die Mädchen, das tue ich schon. Aber man will ja auch nicht gerade überall herumspuken und sich aufdrängen. Stimmt’s?«
    Er sah in unsere Runde, aber niemand gab eine Antwort, und ich blieb, wo ich war. Die Frau im Bett sah müde aus. Sie blinzelte, und ihre Lider bewegten sich kaum mehr nach oben. Ihr Körper war noch weiter nach unten gerutscht, und ihr blasser, schmaler Oberschenkel wurde am Rand der groben Nylonstrümpfe sichtbar. Jemand müsste ihr aufhelfen oder wenigstens das Kopfende des Bettes absenken, so dass sie wieder flach lag.
    »Kommt denn niemand herein und schaut nach ihr? Sie liegt da doch schrecklich unbequem.«
    »Die Schwestern haben gerade Pause, das wird noch eine Weile dauern.«
    »Aber so kann sie doch nicht liegen bleiben.« Ich ging die paar Schritte zum Bett. »Was ist das?«, fragte ich Valdemar und zeigte auf ein Kabel, das am Stahlrohr des Bettgestells befestigt war.
    »Das ist der Alarmknopf, doch es ist lange her, dass sie den drücken konnte. Der hängt da

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