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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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Mikael zu verlieren«, sagte ich schließlich.
    »Hat er Sie nicht mehr geliebt?«
    Ich sah Anna in die Augen und dachte gleichzeitig an all seine Worte, die vielen Male, die er versucht hatte, sich mit der simplen Botschaft, dass er mich wirklich liebte, Gehör zu verschaffen.
    »Doch«, antwortete ich langsam. »Er hat mich geliebt.«
    Anna betrachtete mich besorgt. »War er krank? Lag er im Sterben?«
    Ich schaute sie verwundert an und schüttelte den Kopf.
    Sie machte eine Pause, dachte wahrscheinlich über weitere mögliche Gründe nach. »Wollten Sie ihn verlassen?«
    Ich?
Was für eine absurde Frage. Wieder schüttelte ich den Kopf.
    »Wie sollten Sie ihn dann verlieren?«
    Anna erwartete eine Antwort, aber plötzlich wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich sagen sollte. Ich hatte den Faden völlig verloren. »Keine Ahnung«, sagte ich schließlich.
    »Aber Rebecka, jetzt verstehe ich gar nichts mehr.« Anna schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Sie haben Selbstmord begangen aus Angst, Ihren Mann zu verlieren. Das stimmt?«
    Ich nickte.
    »Aber Sie haben sich doch geliebt. Wovor hatten Sie dann Angst?«
    »Dass …« Aus meinem Inneren tauchte eine Antwort auf. »Dass er aufhören würde, mich zu lieben«, erklärte ich, und meine Stimme klang wie ein Flüstern in dem großen, leeren Raum. »Er hat sich von mir entfernt, ich habe es gefühlt.«
    Anna schnitt mir das Wort ab. »Sie haben sich umgebracht, weil Sie eine Ahnung hatten …« Sie schüttelte den Kopf. »Haben Sie ihn geliebt? Ihn wirklich geliebt?«
    Ich sah sie an. »Verstehen Sie denn nicht, ich bin für ihn gestorben.«
    »Wie kommen Sie darauf zu sagen, dass Sie für ihn gestorben sind? Sie sind doch abgehauen und haben Ihr Leben mitgenommen.« Anna regte sich jetzt richtig auf.
    »Aber es war doch seinetwegen.«
    »Das verstehe ich nicht.« Sie schüttelte erneut den Kopf.
    »Ich wollte nicht, dass er mich verlässt. Ohne ihn wäre ich nichts gewesen.«
    »Aber warum sollte er Sie denn verlassen?«
    »Weil … Weil ich nicht die war, für die er mich hielt, und weil ich diese Person niemals geworden wäre. Weil er das am Ende begriffen hätte.«
    Anna war misstrauisch. »Wollten Sie die Erste sein, die den anderen verlässt? War das Ihr Hintergedanke?«
    »Ich hätte es nicht überlebt, wenn er mich verlassen hätte.«
    »Das haben Sie jetzt auch nicht. Was war dann der Punkt?«
    »Nichts. Ich habe ja gesagt, dass ich es bereue.« Mein Schwächegefühl war vorüber, und langsam wurde ich wütend. »Ich hätte es gar nicht erzählen sollen«, sagte ich schroff, doch Anna wollte sich damit nicht zufriedengeben.
    »Ich verstehe, dass Sie es im Nachhinein bereut haben«, meinte sie. »Aber was können Sie jetzt noch ausrichten? Das Risiko, dass Mikael Sie verlässt, ist doch wesentlich größer, wenn Sie tot sind, als wenn Sie leben? Wie kommen Sie jetzt damit klar, wenn er sich in eine andere Frau verliebt?«
    »Er hat doch mich, ich bin jetzt viel mehr bei ihm als damals, als ich noch am Leben war.« Ich sah ihr ins Gesicht. »Können wir das Thema jetzt bitte ruhen lassen?«
    »Klar.« Anna zuckte mit den Schultern, doch ihre Gesichtszüge waren verkniffen. Dann holte sie tief Luft und versuchte, sich etwas zu entspannen. »Es tut mir leid«, sagte sie unbeteiligt. »Ich bin an Krebs gestorben und hätte alles gegeben, um weiterleben zu dürfen. Es fällt mir schwer zu hören, wie Sie sich entschieden haben. Ich musste ein kleines Kind zurücklassen, das jetzt ohne seine Mama aufwächst.« Sie hielt inne, biss sich auf die Lippe, dann sah sie mich trotzig an. »Das kommt mir so unglaublich … egoistisch vor.«
    »
Egoistisch?
Ich habe mein Leben geopfert, um meine Ehe zu retten«, sagte ich spitz. »Nennen Sie das egoistisch?«
    »Sie haben nichts geopfert, Sie sind einfach feige davongelaufen. Machen Sie sich doch nichts vor!«
    Für einen Augenblick trafen sich unsere Blicke. Ich wollte eigentlich zurückschießen, ihre Gemeinheiten beantworten, doch stattdessen wandte ich meinen Blick ab. Ich war also davongelaufen, so sah sie die Sache? Die Worte taten mir so weh, dass ich sie kaum aussprechen konnte. Sahen es vielleicht alle so? Dass ich aus Feigheit von der Klippe gesprungen war? Ich schluckte und zwang mich mit aller Kraft, die Augen wieder aufzuschlagen.
    »Sie liegen falsch«, sagte ich unterkühlt. »Sie wissen gar nichts von mir.«
    Anna starrte mich noch immer an, aber ich sah durch sie hindurch. Bezwang die

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