Der Himmel so fern
hatte, hielt sie unter Verschluss. Sie wollte nicht mit ihrer Familie in Verbindung gebracht werden, sie fand, sie hätten mit ihr nichts zu tun. Sie hatte ihr Leben, das sie sich erschaffen hatte. Alles andere war quasi … belanglos.«
»Hat sie Sofia dir gegenüber nie erwähnt? Oder erklärt, warum sie den Kontakt abgebrochen hat?«
»Doch. Sie sagte etwas über ihren Vater. Dass Sofia ihn aufgesucht hätte oder so ähnlich. Mehr weiß ich auch nicht, aber ich glaube, Rebecka hat sich darüber wahnsinnig aufgeregt.«
»Er kam ja nicht mal auf ihre Beerdigung.« Mikael ließ sein Besteck los und stützte den einen Ellenbogen auf den Tisch. »Er könnte genauso gut tot sein.«
Mette sah ihn an. »Ja«, sagte sie langsam. »Für sie war er das wahrscheinlich auch.«
Sie hatten ihr Mittagessen beendet, und der Tisch war bereits abgeräumt. Beide bestellten noch einen Kaffee. Mikael trank ihn mit Milch, Mette hingegen schwarz.
»Und das, worüber wir neulich gesprochen haben, bei mir …«
Mette sah ihn zaghaft an. »Hast du darüber noch gegrübelt?«
»Ja, natürlich.« Mikael bewegte sich hin und her. »Das war ein Schock. Dass Rebecka schwanger war – und kein Wort gesagt hat. Ich weiß gar nicht, was schlimmer ist. Dass ich keine Chance hatte, meine Meinung dazu zu sagen, oder dass sie es nicht erzählt hat.«
»Wahrscheinlich hatte sie ihre Gründe.«
»Und ich? Hätte ich nicht auch meine Gründe gehabt?«
»Glaubst du, dass sie dir etwas ersparen wollte?«
Mikael zog die Augenbrauen hoch. »Ich bin ein erwachsener Mann. Ich muss meine eigenen Entscheidungen treffen dürfen.«
»Aber das war ihre Entscheidung. Das musst du akzeptieren.«
Schweigen. Mette wollte keine zweite Tasse, als der Kellner zum Nachschenken vorbeikam. Mikael hingegen schon, denn er mochte noch nicht gehen.
»Mette, ich habe darüber nachgedacht«, sagte er, als sie wieder unter sich waren. »Irgendetwas stimmt da nicht. Ich kann es nicht genau beschreiben, aber ich kann mir keinen Reim darauf machen. Okay, Rebecka wollte keine Kinder, das wusste ich ja, also warum sollte sie lügen? Sie wusste, dass ich sie niemals zwingen würde.«
»Vielleicht hättest du sie verlassen?«
Mikael schluckte, als ob sich sein Herzschlag, den er mit einem Mal weit oben spürte, so vertreiben ließ. »Warum sollte ich?«
»Das weiß ich nicht.« Mette holte ihr Portemonnaie heraus. »Ich weiß genauso wenig wie du, Mikael«, sagte sie ruhig und überreichte dem Kellner, der an ihren Tisch kam, ihre Kreditkarte. »Aber vielleicht müssen wir diese Fragen stellen, auch wenn Rebecka nicht mehr da ist, um uns eine Antwort zu geben.«
»Verdammt nochmal, jetzt müssen wir uns aber beeilen!« Gerade erst war Birger neben dem bläulich schimmernden Sifuel aufgetaucht, da war er auch schon mächtig in Rage. »Ich brauche Hilfe. Alex und ein paar andere Idioten legen gerade in der Schule Feuer. Kommen Sie mit?« Er wartete die Antworten gar nicht erst ab, sondern verschwand auf der Stelle.
Nach kurzem Schweigen drehte Valdemar sich zu Anna und mir um. »Da müssen wir uns wohl sputen, oder was meinen Sie?« Wir nickten, und schon im nächsten Augenblick befanden wir uns in einem großen Raum mit gedämpfter Beleuchtung. Das Licht der zwei großen Scheinwerfer, die auf dem Schulhof standen, warf passenderweise einen gespenstischen Schein auf die leeren Bänke und Stühle. Wir befanden uns in einem Werkraum, an dessen Wänden verschiedene Maschinen aufgestellt waren. Werken hatte in der Schule wirklich nicht zu meinen Lieblingsfächern gehört, und auch jetzt fühlte ich mich hier ebenso wenig zu Hause wie damals.
Birger rief uns von der anderen Seite des Raumes aus zu. Dort stand er mit Alex und zwei anderen Jungs vor einem aufgebrochenen Schrank. Wir eilten zu ihnen hinüber, und als wir näher kamen, erkannte ich einen der zwei Jungen wieder. Er war damals auch in Josefs Wohnung gewesen.
»Sie hatten gedacht, dass sich in diesem Schrank irgendein Spezialleim befände, und den wollten sie klauen. Doch sie konnten nichts finden, deshalb haben sie jetzt die Idee, die Schule anzuzünden. Ich weiß nicht, was schlimmer ist, dass sie schnüffeln wollen oder Pyromane spielen. Ich habe versucht, mit ihnen zu reden, aber es ist völlig aussichtslos. Sie hören nicht auf mich.«
»Ich finde es sehr dunkel hier drinnen«, meinte ich und sah hinüber zur Tür, wo die Lichtschalter waren. »Vielleicht sollten wir für den Anfang mal das Licht
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