Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman

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dieser Mann, mit dem ich mal gearbeitet hab, hat gesagt, West hätte ihm angeboten, er könnte sich mal mit seiner Frau treffen. Verstehnse? Umsonst.»
    «Davon habe ich gehört.»
    «Und später waren dann diese Videos im Umlauf. Die hab ich aber nie gesehen.»
    «Pornovideos?»
    «Schlimmer.» Gomer sah auf den Tisch.
    «Wie meinen Sie das?»
    «Äh, na ja …» Gomer hustete.
    «Oh Gott», sagte Merrily.

    Jane war nicht sicher, wann genau ihr klargeworden war, dass Gareth Box tatsächlich an ihr
als Frau
interessiert war, aber es musste gewesen sein, nachdem er sie zum ersten Mal «Jane» genannt hatte, als würde er sie wirklich kennen. Als würden sie sich schon seit einiger Zeit kennen.
    Sie hatte zuerst angenommen, das sei nur so ein Journalistending, dieser lockere, familiäre Ton – obwohl er gar nicht so lange Reporter gewesen sein konnte, vermutete Jane. Wenn Eirion es richtig verstanden hatte, war er schon so was wie ein leitender Redakteur gewesen, als er Jenny Driscoll kennengelernt hatte.
    Es war einfach die Art, wie er «Jane» sagte. Diese tiefe, lebenserfahrene Stimme ihren Namen sagen zu hören. Es schien eine Art
Angriff
mitzuschwingen. Und diese Intensität, mit der er sie ansah. Er war ein sehr intensiver Mensch.
    Und das war
nicht
dumm. Und sie hatte nur ein Glas Wein gehabt. Na ja, o. k., er hatte nochmal nachgeschenkt, also waren es vielleicht zwei, aber bestimmt nicht viel mehr; sie war ja noch gar nicht so lange da. Und Jane war normalerweise ziemlich trinkfest,überhaupt kein Problem, außer bei Cider. Sie musste nur ein bisschen aufpassen, dass sie nicht zu früh zu viel sagte.
    «Mein, äh, mein … Exfreund … will Journalist werden.»
    «Keine schlechte Wahl», sagte Gareth. «Öffnet einem eine Menge Türen.»
    «Na ja, auf Ihrem Niveau vermutlich. Aber in dieser Gegend wohl eher nicht.»
    Er zuckte mit den Schultern. «Ich hab mal gar nicht so weit von hier angefangen. Hab für eine Nachrichtenagentur gearbeitet. Es ist egal, wo man anfängt, wenn man gut genug ist, wenn man Gelegenheiten erkennt.»
    «Ja.» Jenny Box musste damals wie ein ziemlich guter Fang gewirkt haben, wenn man mit ihren Obsessionen zurechtkam.
    «Ähm, meine Mutter haben Sie noch nicht kennengelernt, oder?»
    Gareth Box seufzte. «Ich habe allerdings das
Gefühl
, sie zu kennen. Meine Ehefrau spricht ziemlich viel über Ihre Mutter.» Die Art und Weise, wie er immer wieder
meine Ehefrau
sagte, sprach definitiv für eine ziemliche Distanz zwischen ihnen, dachte Jane. «Ich scheine all ihre Probleme erzählt zu bekommen, obwohl
mich
das wohl kaum etwas angeht.» Er lächelte schief. «Wie steht es denn zwischen ihr und … hm …?»
    «Lol.»
    «Ja, so hieß er.»
    «Oh, na ja …» Wow, das alte Mädchen hatte sich wirklich auf Jenny Box eingelassen. «Die Sache ist eher kompliziert, wissen Sie? Unbefriedigend.»
    Er schenkte ihr noch ein bisschen Wein nach, und sie plauderten eine Weile über Lol und ein paar andere Dinge. Es war sehr leicht, mit ihm zu reden. Er konzentrierte sich darauf, was man sagte, machte bedeutsame Beobachtungen, schien interessiert, behandelte einen wie einen Menschen, wie eine Frau. Ja, daswar der Punkt: Er hatte sie vom ersten Moment an als ebenbürtig behandelt. Das hatte vor ihm nur Lol wirklich gemacht. Sogar bei Gomer war sie, obwohl er sie nie bevormundete, immer die «kleine Jane». Sie fühlte sich also in diesem Gespräch ziemlich gut, das konnte sie nicht leugnen.
    «Und … was denken Sie über diese Engel-Sache?»
    Eine Pause. «Viel interessanter ist doch» – er lehnte sich zurück, schlug ein langes Bein über das andere, angewinkelt, sodass ein Fußknöchel locker auf dem Oberschenkel lag –, «was denken
Sie
darüber, Jane?»
    «Ich, na ja …» Jane atmete ein und sprach es aus. «Offen gesagt, neige ich zu der Ansicht, dass es ziemlicher Unsinn ist.»
    Gareth lachte nicht. Er nickte nur, eine dunkle Locke fiel ihm in die Stirn. Jane fühlte sich sofort bemüßigt,
Unsinn
zu differenzieren, und sprach über Engel und die Art Leute, die behaupteten, welche zu sehen. Sprach vielleicht etwas zu schnell. Er unterbrach sie nicht. Ihr war jetzt heiß, sie rückte ihren Stuhl vom Feuer weg.
    «Ich meine, es gibt eine lange Überlieferung von solchen Erscheinungen, an bestimmten Orten, vor allem im Ausland – allerdings klingen die meisten nach Massenhalluzinationen. Aber offensichtlich gibt es hier keine solche Überlieferung …