Der Himmel ueber Dem Boesen
zwar anderer Meinung, aber darum geht es mir nicht. Sie haben doch mit seinem Arzt gesprochen, oder?»
«Doktor Ruck. Hab nicht selbst mit ihm geredet, aber er war nicht besonders altmodisch, wenn’s um die ärztliche Schweigepflicht ging. Meinte, Roddy war neurotisch, möglicherweise depressiv und neigte zur Hypochondrie.»
«Weil er immerzu mit Kopfschmerzen und irgendwelchen anderen Beschwerden ankam?»
«Ja, so in der Art.»
«Waren das vielleicht die gleichen Symptome, die er bei der Vernehmung gezeigt hat?»
«Jetzt sagen Sie mir endlich, worum es geht.»
Sie überflog die Umschrift, die aussah wie ein Hörspiel-Manuskript.
DI BLISS: Roddy, eine tote Frau, die mittlerweile als Lynsey Davies identifiziert wurde, ist auf einem Bagger gefunden worden, der auf Sie zugelassen ist und den Sie gefahren haben. Wie erklären Sie das?
BESCHULDIGTER: Was sagen Sie?
DI BLISS: Das ist eine ganz einfache Frage, Roddy. Warum lag Lynsey Davies’ Leiche auf Ihrem Bagger? Eine Leiche, die schon in Verwesung überging, nachdem sie zuvor schon eine Zeitlang unter der Erde gelegen hatte.
BESCH.: Sie hat dort unten gefroren, verstehen Sie?
DI BLISS: Ich verstehe.
BESCH.: Hat mir gesagt, dass sie friert, also bin ich hingefahren und hab sie rausgeholt.
DI BLISS: Wie meinen Sie das: ‹Sie hat es Ihnen gesagt›, Roddy?
BESCH.: Sie ist zu mir gekommen.
DI BLISS: Wie bitte?
BESCH.: Ist nachts zu mir gekommen, verstehen Sie? Sie kommen nachts zu mir, und ich friere auch. Bin steif und friere.
DI BLISS: Warten Sie mal, nur damit ich das richtig verstehe – Sie sagen, das war, nachdem sie schon tot war? Nein – wir machen eine Tonaufnahme, Roddy, also nicken Sie nicht einfach oder schütteln den Kopf. Sie meinen also, nachdem sie schon tot war.
BESCH.: Ja.
DI BLISS: Nachdem Sie sie umgebracht hatten.
BESCH.: Jetzt versuchen Sie, mir eine Falle zu stellen, oder? DI BLISS: Ich bin vollkommen offen zu Ihnen, Roddy. Sie wurden mit der Leiche von Lynsey Davies angetroffen. Irgendjemand hat sie umgebracht, und nachdem es so aussieht, als hätten Sie sie beerdigt und hinterher wieder ausgegraben, werden Sie mir schon zugestehen, dass es eine naheliegende Annahme ist, Siehätten auch etwas mit ihrem Tod zu tun gehabt. Wie gut kannten Sie Lynsey Davies?
BESCH.: Hat gesagt, ich wäre der Satan. Hab’s ihr hart und kalt besorgt wie der Satan.
DI BLISS: War Lynsey Davies Ihre Freundin?
BESCH.: Mir geht’s nicht gut. Hab Kopfschmerzen.
DI BLISS: Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen lassen?
BESCH.: Hab Kopfschmerzen. Kann nicht richtig denken.
DI BLISS: Roddy, der Arzt hat Sie untersucht und festgestellt, dass Sie vernehmungsfähig sind.
BESCH.: Kann nicht denken. Ist beschissen hier.
DI BLISS: Das ist nicht sehr produktiv, Roddy. Ich habe Sie gefragt, ob Sie einen Anwalt möchten, und Sie haben abgelehnt und den Eindruck gemacht, als wären Sie sehr gut in der Lage, meine Fragen zu beantworten. Warum tun Sie das jetzt nicht einfach, Roddy? Was ist mit Ihnen los?
BESCH.: Kann hier drin nicht denken.
«Ich kann mich erinnern, dass Sie gesagt haben, ein oder zwei Mal sah es ganz so aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen», sagte Merrily.
«Er hat den Kopf auf den Tisch gelegt. Hat so ausgesehen, als hätte er das Bewusstsein verloren. Es hat
so ausgesehen
.»
«Frannie, wenn es das gleiche Vernehmungszimmer war, in das Sie mich gebracht haben, dann liegt es im Keller, und das Licht kommt von einer Neonröhre. Es läuft eine elektrische Klimaanlage. Das Tonband läuft auch und noch dazu die Videokamera. Ziemlich viel Elektrizität in so einem kleinen Raum, oder? Sogar ich fand es dort irgendwie ungesund.»
«Na ja, wissen Sie», sagte Bliss, «natürlich plaudern wir mit unseren Gefangenen auch lieber im Wintergarten des Präsidiums, wo sanfte Brunnen plätschern und Duftkerzen für die richtige Atmosphäresorgen, aber diese ungehobelten Grobiane neigen dazu, überall hinzukotzen, Sachen zu zertrümmern und an die Wände zu pissen.»
«Sehr witzig. Wie sah das Vernehmungszimmer im Vergleich zu Roddys Zelle aus, in die er wieder zurückgebracht werden wollte? Wie viel Elektrizität gab es in der Zelle?»
«Nur das Deckenlicht. Aber …»
«Haben Sie schon mal was von EH gehört, Frannie?» Sie stand auf. «Und erzählen Sie mir bloß nicht, das wäre eine Krankenhausserie auf Channel Four.»
«Nein, nie davon gehört.»
«Elektro-Hypersensibilität. Das ist eine Allergie, die Menschen entwickeln
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