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Der Himmel ueber Dem Boesen

Der Himmel ueber Dem Boesen

Titel: Der Himmel ueber Dem Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Anrufbeantworter den Finger und ging zur Tür. Sie hoffte, es wäre Onkel Ted oder irgendjemand anders, dem sie den Tag verderben konnte.
    In der Eingangshalle wollte sie auch schon dem
Licht der Welt
den Finger zeigen, als ihr Blick auf die Augen des Typs fiel und sie sah, wie alt er wirkte. Sie ahnte, wie widerlich die Dornenkrone unaufhörlich in den Wunden scheuern musste. Also zeigte sie ihm doch nicht den Finger. Das wäre willkürlich und unüberlegt gewesen. Und sie war
überhaupt nicht unüberlegt
.
    Es klingelte noch einmal. Jane schaltete das Verandalicht an und zog die Tür auf.
    Vor ihr stand Jenny Driscoll. Sie trug eine leicht glänzende Wetterjacke und hatte im Jungfrau-Maria-Stil ein weißes Tuch lose um den Kopf geschlungen.
     
    Merrily nahm das Brustkreuz aus dem Fach in der Fahrertür, legte sich die Kette um den Hals und ließ das Kreuz unter ihren Kapuzenpulli rutschen.
    «Ich fasse es nicht, dass wir das gemacht haben.»
    «Was denn?»
    «Guter Pfarrer, böser Pfarrer.» Ihr ursprüngliches Triumphgefühl schien ihr jetzt unangebracht. Sie startete den Motor und ließ das Pfarrhaus von Jerome Banks hinter sich. «Wir haben den armen Kerl ja praktisch gezwungen, die Wahrheit zu sagen.»
    «Ja, aber was hat es gebracht, abgesehen von dem Hinweis auf die Baptistenkapelle? Nicht viel. Die Bestätigung dessen, was Sie schon vermutet haben: Lodge war in mehr als einer Hinsicht ein kranker Mistkerl. Aber Banks’ vorgebliches Schuldgefühl – das ist Blödsinn. Wer würde wohl glauben, dass Lodge durch ein Gespräch mit dem Gemeindepfarrer in ein Leben als Vergewaltiger und Mörder gedrängt wurde? Ich bin enttäuscht. Ich hatte mehr erwartet.»
    «Immerhin kann man nachvollziehen, dass er damit nicht unbedingt an die Öffentlichkeit wollte.» Sie bremste, bevor sie an der schwach beleuchteten Kreuzung zur A 49 abbog. «Und dass er die Beerdigung nicht machen wollte.»
    «Ich an seiner Stelle würde mich dazu verpflichtet fühlen, verdammt.» Huw ließ sich zurücksinken und streckte die Beine aus.
    Merrily fummelte eine Silk Cut aus der Packung. «Können Sie mir das Feuerzeug von der Ablage geben, oder soll ich lieber Ihren Heiligenschein benutzen?»
    «Frechheit.» Er gab ihr Feuer. «Diese Frau, zu der wir fahren, ist das die mit dem Abwassertank   …»
    «…   mit dem alles angefangen hat.» Vor ihnen tauchte Ross auf. «Und nachdem wir sie nicht erschrecken wollen, bleiben Sie am besten im Auto.»
     
    Mrs.   Jenny Box, geborene Driscoll, sagte: «Du erwartest sie in nächster Zeit nicht zurück, oder, Jane?»
    «Na ja, sie hat gesagt, sie   …»
    «Hab ich mir schon gedacht.»
    Driscoll saß mit ihrem weißen Tuch um die Schultern vor einer Tasse schwachen Tees am Refektoriumstisch in der Küche.
    Sie war überhaupt nicht so sensibel, wie Jane erwartet hatte.
    Allerdings fragte sich Jane jetzt, warum sie bei dem Hintergrund dieser Frau überhaupt erwartet hatte, dass sie besonders sensibel sein würde. Driscoll stammte aus Irland und hatte mit den knallharten Models aus der Modeszene und den zynischen Werbefuzzis vom Fernsehen gearbeitet. Und sie war seit Jahren mit Gareth Box verheiratet.
    Jane setzte sich mit einem unbehaglichen Gefühl Jenny Box gegenüber an den Tisch. Warum hatte sie dieser Frau nicht einfach gesagt, dass Mom nicht da war, und angeboten, ihr etwas auszurichten? Statt zu denken, das könnte ein Wink des Himmels sein, und wie Gareth Box zu sagen: «Sie kommt vermutlich bald wieder. Möchten Sie hereinkommen und auf sie warten?» Nur um die Frau auf einen gemütlichen Plausch ins Haus zu locken. Diese Frau: Moms   … Geliebte?
    Möchtegern! Möchtegerngeliebte!
    «Also, gibt es irgendetwas, das du mir sagen wolltest, Jane?»
    Diese Frau mit der leisen Stimme, dem sanften Blick, der zarten Haut, die nun – die weichen Hände gefaltet – vor ihr saß. Diese unheimlich feminine Frau. Unheimlich feminin, genau wie Mom. Sollte nicht eine von ihnen den   … Kerl spielen?
    Wollte sie etwas sagen? Also sagte sie das Erstbeste, was ihr einfiel. «Der Erzengel Uriel.»
    «Und was ist mit ihr?», fragte Jenny Box.
    «Ihr?»
    «Von den vier wichtigsten Erzengeln ist Uriel der einzige, der manchmal als weiblich gesehen wird. Meistens in der Welt der Kunst.»
    «Oh.»
    «Du kennst dich mit Theologie nicht besonders gut aus, oder?»
    «Über Engel weiß ich eigentlich ziemlich viel. Aber das ist keine richtige Theologie. Die Bibel hat über Engel nicht viel zu sagen. Und ganz

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